§ 7 des Heilmittelwerbegesetzes
AZ.: 2006.2-114 (Zivilverfahren)
Leitsatz
Bei der kostenlosen Abgabe eines Nachschlagewerkes mit einem Marktwert von EUR 49,90, das mit einer beigefügten nach Wirkstoffen geordneten Präparatsübersicht, die einen Hinweis auf im Nachschlagewerk beschriebene Wirkstoffe enthält, an Angehörige der Fachkreise übergeben wird, handelt es sich um eine wettbewerbswidrige Absatzwerbung und nicht um eine reine Imagewerbung für das Unternehmen.
Sachverhalt
Ein Nichtmitglied hatte ein Nachschlagewerk „Arzneimitteltherapie in der Palliativmedizin“ in einer Sonderauflage von 60.000 Exemplaren kostenlos an Ärzte verteilt. Das Nachschlagewerk konnte entweder über den Login-Bereich auf der Internetseite des Unternehmens oder über den Außendienst bezogen werden. Bei Bezug über den Buchhandel wäre ein Kaufpreis von EUR 49,90 zu bezahlen. Das Nachschlagewerk lieferte auf über 390 Seiten Informationen zu allen wichtigen Medikamenten, die in der Palliativmedizin eingesetzt werden und enthielt ein alphabetisches Register, das den schnellen Zugriff auf Medikamente, Wirkstoffe, Indikationen und Symptome ermöglicht. Ein umfangreicher Anhang bot zahlreiche Tabellenübersichten und Informationen zur Verabreichung und Wirkung des Arzneimittels. Ziel des Nachschlagewerkes war es, „in hoher Auflage palliativmedizinisches Wissen in Deutschland in die Fläche zu bringen“. Dem Nachschlagewerk war eine vom Unternehmen eingelegte achtseitige Präparatsübersicht beigefügt, die alphabetisch nach Wirkstoffen geordnet war. Ein wesentlicher Teil der Wirkstoffe war mit einem blauen Punkt versehen, der in der entsprechenden Präparatsübersicht mit dem Hinweis erläutert wurde „Wirkstoffe die im Fachbuch Arzneimitteltherapie in der Palliativmedizin“ beschrieben sind. Diese Präparatsübersicht stellt die Verbindung zwischen dem im Nachschlagewerk beschriebenen Wirkstoff, sowie den von dem Unternehmen vertriebenen Arzneimitteln, die auf im Nachschlagewerk beschriebenen Wirkstoffen basierte, dar, so dass es dem Arzt ermöglicht wurde direkten Zugriff auf die Informationen über die von dem Unternehmen vertriebenen Arzneimittel zu nehmen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Aus den Urteilsgründen:
Das Landgericht hat wesentlich darauf abgestellt, dass die kostenlose Abgabe des Buches an Ärzte insbesondere wegen der Verbindung durch Beifügung der Übersicht über die von der Beklagten am Markt angebotenen Medikamente, einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 HWG darstellt. Bei der kostenlosen Abgabe des Nachschlagewerkes „Arzneimitteltherapie in der Palliativmedizin“ handelt es sich im Zusammenhang mit der beigefügten Präparatsübersicht um eine wettbewerbswidrige Absatzwerbung und nicht um eine reine Imagewerbung für das Unternehmen. Kriterium für die Abgrenzung der produktbezogenen Absatzwerbung von der Unternehmenswerbung ist nach der Rechtssprechung, ob nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die Darstellung des Unternehmens im Vordergrund steht (Firmenwerbung), oder die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierter Heilmittel (Absatzwerbung) (BGH, GRUR 1983, 393f). Das Nachschlagewerk selbst nennt zwar kein einziges Produkt der Beklagten, weshalb dieses isoliert betrachtet keine Produktwerbung enthält. Hier geht es aber gerade um die Kombination des Nachschlagewerks mit der Präparatsübersicht. Der Arzt erhält dadurch wichtige Informationen über die Wirkungsweise der in der Präparatsübersicht enthaltenen Medikamente. Der blaue Punkt bei den Wirkstoffen in der Präparatsübersicht stellt die Verbindung zwischen den Produkten der Beklagten und dem Nachschlagewerk her. Dadurch werden die unter dem jeweiligen Wirkstoff aufgeführten Produkte der Beklagten beworben. Nach dem gesamten Erscheinungsbild der den Ärzten kostenlos zur Verfügung gestellten Kombination stand nicht die Darstellung des Unternehmens der Beklagten im Vordergrund, sondern die Anpreisung bestimmter bzw. individualisierter Fertigarzneimittel der Beklagten, aufgelistet in der Präparatsübersicht. Die kostenlose Abgabe ist nach § 7 Abs. 1 HWG unzulässig. Es handelt sich bei dem Buch mit einem Marktwert von EUR 49,90 insbesondere nicht um einen Gegenstand von geringem Wert.
Ergebnis
Nachdem das beanstandete Unternehmen innerhalb der gesetzten Fristen keine Berufung gegen das Urteil eingelegt hat, ist es rechtskräftig. Das Verfahren ist abgeschlossen.
Berlin, im März 2007