FS Arzneimittelindustrie e.V.

Dr. Uwe Broch – Geschäftsführer
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§ 20 Abs. 5 S. 3 (n.F.) FSA-Kodex Fachkreise – Pflicht auf Offenlegung der Unterstützung „einschließlich der Bedingung und des Umfangs“

AZ.: Az.: 2012.11-330 – 337 (1. Instanz)

Leitsätze

1. „Finanzielle Unterstützung“ gem. § 20 Abs. 5, die sowohl durch einseitige Zuwendungen als auch Zahlungen des Unternehmens gegen Einräumung von Werberechten erfolgen kann (Bestätigung FS I 2012.3-321-324), umfasst auch die Anmietung eines Ausstellungsstandes für die Dauer der Veranstaltung.

2. § 20 Abs. 5 ist auch anwendbar, wenn die Sponsoringvereinbarung nicht mit dem ärztlichen Veranstalter (z.B. einer medizinischen Fachgesellschaft) geschlossen wird, sondern mit einem Dritten, der im Auftrag des Veranstalters die Fortbildungsveranstaltung organisiert.

3. Da die „Unterstützung“ erst mit der realen Leistungserbringung vollendet ist (s. FS I 2012.3-321-324), fällt die Anwendung des § 20 Abs. 5 S. 3 in der ab 18.07.2012 in Kraft getretenen Fassung nicht unter das Rückwirkungsverbot, wenn der Abschluss des Sponsoringvertrages und damit die Begründung der Leistungsverpflichtung zwar vor, die Leistungserbringung (z.B. Zahlung der Standmiete) jedoch erst nach dem Inkrafttreten der Vorschrift erfolgt ist.

4. Auch unter den in Leitsatz 3 genannten Voraussetzungen sind die Unternehmen verpflichtet, gem. § 20 Abs. 5 S. 3 darauf hinzuwirken, dass Bedingung und Umfang ihrer Unterstützung bei Ankündigung einer Veranstaltung, die nach dem Inkrafttreten der Neufassung der Kodexvorschrift („Stichtag“) stattfindet, offengelegt werden. Die Verpflichtung fände ihre Grenze, wenn die Veranstaltung so zeitnah nach dem Stichtag läge, dass dem Veranstalter aus organisatorischen Gründen eine Offenlegung bei der Ankündigung der Veranstaltung nicht mehr möglich wäre. Dies trifft allerdings nicht zu, wenn die Veranstaltung 3 Monate nach dem Stichtag erfolgt.

5. Der Hinwirkungspflicht gem. § 20 Abs. 5 S. 3 wird nicht dadurch genügt, dass mit dem Veranstalter oder dem Veranstaltungs-Organisator über die mögliche Anwendung der Neufassung des § 20 Abs. 5 S. 3 diskutiert oder korrespondiert wird. Erforderlich ist ein zielgerichteter schriftlicher Hinweis des Unternehmens, was zu welchem Zeitpunkt offenzulegen ist (s. FS II 4/05/2005.1-53).

Sachverhalt

Vom 07.-10.11.2012 fand in Nürnberg der 15. Intensivkurs für klinische Endokrinologie, eine Fortbildungsveranstaltung der Akademie für Fort- und Weiterbildung der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie („DGE“) statt. Die Organisation der Veranstaltung übernahm die EndoScience Endokrinologie Service GmbH („EndoScience“), eine Gründung der DGE. Insgesamt 10 FSA-Mitgliedsunternehmen betrieben im Rahmen der Veranstaltung Ausstellungsstände zur Präsentation von Leistungen und Produkten ihrer Unternehmen, wofür sie Entgelte, je nach Standgröße zwischen 1.000 EUR und 2.300 EUR netto, zahlten. Dem lagen unterschiedlich ausgestaltete Sponsoringverträge bzw. Vereinbarungen über Standmieten zugrunde, die zwischen den Unternehmen und EndoScience im Zeitraum von Februar bis August 2012 geschlossen wurden. Teilweise enthielten diese Verträge Klauseln, wonach der Veranstalter verpflichtet wurde, das Unternehmen als Sponsor zu benennen bzw. sich bei der Leistungserbringung an einschlägige gesetzliche Vorschriften und den FSA-Kodex Fachkreise zu halten. In dem auf der Homepage der DGE einsehbaren Veranstaltungsprogramm waren alle 10 Mitgliedsunternehmen in der Rubrik „Aussteller und Sponsoren“ mit dem Vermerk „Stand 10.10.2012“ als Unternehmen benannt, jedoch nur zwei Unternehmen mit dem Zusatz „EUR 1.200 für Werbemöglichkeit“.

Die Mitgliederversammlung des FSA hat am 01.12.2011 eine Änderung des § 20 Abs. 5 S. 3 FSA-Kodex Fachkreise beschlossen, wonach die Unternehmen darauf hinwirken sollten, dass bei der finanziellen Unterstützung von externen Fortbildungsveranstaltungen der Veranstalter über die Tatsache der Unterstützung hinaus auch „Bedingung und Umfang“ bei Ankündigung und Durchführung der Veranstaltung offenlegt. Nachdem das Bundeskartellamt mit Beschlüssen vom 11. und 13.07.2012 diese und andere Änderungen der FSA-Kodices als Wettbewerbsregeln anerkannt hatte, teilte der FSA mit Rundschreiben vom 30.07.2012 an seine Mitglieder mit, dass gemäß Vorstandsbeschluss alle nach dem 18.07.2012 begangenen Verstöße gegen die neuen Vorgaben der FSA-Kodices aufgegriffen würden.

Gegen insgesamt 8 FSA-Mitglieder wurden Beanstandungsverfahren eingeleitet: Ipsen, Lilly, Merck-Serono, Novartis, Otsuka, Pfizer, Sanofi-Aventis, Viropharma. Gegen den Vorwurf, sie seien ihrer Hinwirkungspflicht nach § 20 Abs. 5 S. 3 FSA-Kodex Fachkreise nicht nachgekommen, verteidigten sich die Unternehmen mit unterschiedlichen Argumenten:

  • Als „Unterstützung“ im Sinne des § 20 Abs. 5 FSA-Kodex Fachkreise seien nur einseitige Zuwendungen anzusehen, weshalb die Anmietung eines Ausstellungsstandes mit einer nach der Standfläche bemessenen Gegenleistung nicht darunter falle.
  • In § 20 Abs. 5 solle, wie im gesamten Kodex, nur die Zusammenarbeit mit Angehörigen der Fachkreise geregelt werden. Die Vereinbarung über die Anmietung der Ausstellungsstände sei jedoch nicht mit einem ärztlichen Veranstalter, der Fachgesellschaft DGE, sondern mit einem externen Dienstleister, EndoScience, geschlossen worden, weshalb auch § 20 Abs. 5 S. 3 hier keine Anwendung finde.
  • Die mit Rundschreiben des FSA vom 30.07.2012 in Kraft gesetzte Vorschrift des § 20 Abs. 5 S. 3 FSA-Kodex Fachkreise könne für vor diesem Zeitpunkt geschlossene Sponsoringverträge bzw. Vereinbarungen über Anmietung von Ausstellungsständen nicht angewendet werden. Andernfalls käme dies einer verbotenen Rückwirkung einer mit Sanktionen bedrohten Vereinsnorm gleich.
  • Auch bei Verneinung der o.g. rechtlichen Bedenken sei man im Übrigen seiner Hinwirkungspflicht nach § 20 Abs. 5 S. 3 in den Fällen nachgekommen, in denen die Verträge zwischen Unternehmen und EndoScience den Vertragspartner verpflichteten, sich u.a. an die Bestimmungen des FSA-Kodex Fachkreise zu halten.
  • In einigen Fällen wurde geltend gemacht, man habe Anfang Oktober 2012 mit dem Geschäftsführer von EndoScience über die Neufassung des § 20 Abs. 5 S. 3 und deren Anwendung im konkreten Fall diskutiert, ohne sich jedoch auf ein Ergebnis einigen zu können. Man habe außerdem die Auskunft erhalten, dass zu diesem Zeitpunkt die Drucklegung des Veranstaltungsprogramms bereits abgeschlossen war, weshalb Änderungen im Sinne einer erweiterten Offenlegung der Unterstützung nicht mehr aufgenommen werden konnten.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Alle 8 Unternehmen haben sich nach Abmahnung verpflichtet, es zu unterlassen, mit der EndoScience Mietverträge über Ausstellungsflächen zu schließen (alternativ: berufsbezogene Fortbildungsveranstaltungen Dritter finanziell zu unterstützen), ohne gegenüber dem Veranstalter oder EndoScience darauf hinzuwirken, dass zusätzlich zum Firmennamen (des Unternehmens) als Aussteller oder Sponsor der Veranstaltung mindestens die Höhe der Standmiete / des Unterstützungsbetrages und der Zweck der Zahlung / die vom Veranstalter gewährte Gegenleistung in Ankündigungen für die Veranstaltung genannt werden, wie geschehen anlässlich … Gegen die Unternehmen wurden darüber hinaus Geldstrafen zwischen 6.000 und 9.000 EUR, zu zahlen zu Gunsten einer gemeinnützigen Einrichtung, festgesetzt. Die Strafen wurden gezahlt.

Berlin, im August 2013

Ergebnis

Alle 8 Unternehmen haben sich nach Abmahnung verpflichtet, es zu unterlassen, mit der EndoScience Mietverträge über Ausstellungsflächen zu schließen (alternativ: berufsbezogene Fortbildungsveranstaltungen Dritter finanziell zu unterstützen), ohne gegenüber dem Veranstalter oder EndoScience darauf hinzuwirken, dass zusätzlich zum Firmennamen (des Unternehmens) als Aussteller oder Sponsor der Veranstaltung mindestens die Höhe der Standmiete / des Unterstützungsbetrages und der Zweck der Zahlung / die vom Veranstalter gewährte Gegenleistung in Ankündigungen für die Veranstaltung genannt werden, wie geschehen anlässlich … Gegen die Unternehmen wurden darüber hinaus Geldstrafen zwischen 6.000 und 9.000 EUR, zu zahlen zu Gunsten einer gemeinnützigen Einrichtung, festgesetzt. Die Strafen wurden gezahlt.

Berlin, im August 2013