§ 21 des Kodex Zuwendung einer Rechtsberatung
Leitsätze
1. Werden über eine externe Rechtsanwalts-Hotline Fragen zu gesetzlichen Neuregelungen beantwortet, so handelt es sich hierbei nicht um unternehmensbezogene Informationen i.S.v. § 1 Abs. 3 Ziff. 5 des Kodex. Der Kodex findet Anwendung.
2. § 21 Abs. 2 FSA-Kodex enthält für nicht-produktbezogene Werbung ein grundsätzliches Verbot von Geschenken und regelt nicht etwa nur Fälle erlaubter Geschenke zu besonderen Anlässen. Über die Regelung des Abs. 1 hinaus dürfen im Rahmen einer nicht-produktbezogenen Werbung Geschenke „nur“ zu besonderen Anlässen gewährt werden, in anderen Fällen überhaupt nicht. Der FSA-Kodex ist bewusst strenger als das Wettbewerbsrecht (HWG, UWG)
3. Die Einrichtung einer externen Rechtsanwalts-Hotline ist als „Geschenk“ i.S.d. § 21 Abs. 2 FSA-Kodex anzusehen. Sie ist eine unentgeltlich gewährte, geldwerte Vergünstigung, die als Imagewerbung der Absatzförderung dient. Die Ärzte haben eine Leistung erhalten, für die sie hätten bezahlen müssen, wenn sie sich unabhängig von der Hotline an einen fachkundigen Rechtsanwalt gewendet hätten.
4. Ausgenommen vom Verbot des § 21 Abs. 2 FSA-Kodex sind – entsprechend der Regelung in Abs. 1 – Geschenke (= unentgeltlich gewährte, geldwerte Vergünstigungen), welche die Grenzen des § 7 HWG beachten. Unter geringwertige Kleinigkeiten i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG sind Leistungen zu verstehen, die einen Wert bis etwa EUR 5,00 haben.
Sachverhalt
Das Mitgliedsunternehmen hatte in einer auf zehn Wochen befristeten Aktion – von Mitte März bis Ende Mai 2006 – über den eigenen Außendienst an Ärzte und Ärztinnen, die Informationen über das – am 1. Mai 2006 in Kraft getretene – AVWG wünschten, Visitenkarten mit folgendem Text verteilt:
(Unternehmensname)
Fragen zum Thema AVWG? Unsere externe Hotline hilft:
………… – Rechtsanwälte
Prof. Dr. …….. Tel. ….
Mittwochs: 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr
Freitags: 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr
Etwa zehn Ärzte machten von der Hotline Gebrauch und riefen an.
Der FSA bejahte einen Verstoß gegen § 21 Abs. 1 des „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex. Er mahnte das Unternehmen mit Schreiben vom 21. September 2006 ab. Da diese einen Verstoß verneinte, setzte der FSA das Verfahren fort.
Es wurde geltend gemacht: Es handele sich nicht um eine konkrete Rechtsberatung, sondern um allgemeine Auskünfte zum AVWG. Das Unternehmen habe diese Auskünfte zu seiner eigenen Entlastung einem Rechtsanwalt, der ein anerkannter Fachmann auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik sei, überlassen, um zu vermeiden, dass die Anfragen zum AVWG in der Zentrale landeten und diese blockierten.
Mangels geldwerten Vorteils seien solche Auskünfte nicht als Geschenke oder Werbegaben anzusehen. Jedenfalls seien sie „geringwertig“. Außerdem greife zu Gunsten des Mitgliedsunternehmens § 7 Abs. 1 Nr. 4 HWG ein.
Den Ärzten seien lediglich Informationen vermittelt worden, die frei zugänglich gewesen seien. Sie hätten die angebotenen Auskünfte kostenfrei auch über die Hotline des Bundesministeriums für Gesundheit oder – in erlaubter Weise – von Pharmaunternehmen, auch unmittelbar vom Unternehmen, ferner vom VFA, dem BPI und den Ärztekammern erhalten können. Durch die Inanspruchnahme der beanstandeten Hotline hätten sie daher keine Aufwendungen erspart, die sie anderweitig hätten tätigen müssen, um die angebotenen Informationen zu bekommen.
Der Spruchkörper 1. Instanz hat am 13. November 2006 folgende Entscheidung getroffen:
1) Es wird festgestellt, dass das Mitgliedsunternehmen mit der unentgeltlichen Erteilung von Auskünften zu Fragen des AVWG, die durch einen Rechtsanwalt erteilt wurden und wozu das Unternehmen durch die Verteilung von Visitenkarten einer Rechtsanwaltskanzlei an Ärztinnen und Ärzte eingeladen hatte, gegen den „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex verstoßen hat. Der Beanstandung war daher stattzugeben.
2) Das Unternehmen wird verpflichtet, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Ärzten und Ärztinnen zu ermöglichen, sich unentgeltlich zu Fragen zum AVWG Auskünfte durch einen Rechtsanwalt erteilen zu lassen, wie anlässlich der Frageaktion zum AVWG durch die beigefügte Visitenkarte geschehen.
3) Strafbewehrung ….
4) Verfahrenskostenregelung….
Gegen die Entscheidung hat das Unternehmen fristgerecht Einspruch eingelegt und diesen zugleich begründet. Sie vertieft ihr bisheriges Vorbringen:
Sie habe nicht gegen § 21 „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex verstoßen. Absatz 1 der Vorschrift sei nicht anwendbar; denn es gehe nicht um eine produktbezogene Werbung. Absatz 2 der Bestimmung erfasse allein die Gewährung von „Geschenken“ zu besonderen Anlässen, dagegen nicht auch Auskünfte und Ratschläge. Selbst wenn die Restriktionen des Absatz 1 auch im Rahmen des Absatz 2 gelten sollten, greife jedenfalls zu ihren Gunsten § 7 Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 HWG ein. Was ihr selbst erlaubt sei, gelte auch, wenn sie die Auskünfte einer externen Hotline überlasse. Im übrigen nehme § 1 Absatz 3 des Kodex ausdrücklich „nicht-werbliche Informationen“ von seinem Anwendungsbereich aus, Absatz 3 Nr. 5 insbesondere „die Information über regulatorische Entwicklungen“. Dazu gehöre auch die Beantwortung von Fragen zum AVWG.
Entscheidung der 2. Instanz:
- Der Einspruch der Firma gegen die Entscheidung des Spruchkörpers 1. Instanz vom 13. November 2006 wird verworfen. Die Entscheidung wird bestätigt.
- Verfahrenskostenregelung…
Wesentliche Entscheidungsgründe:
Der Einspruch ist zulässig. Er ist innerhalb der Zweiwochenfrist des § 25 Abs. 1 VerfO eingelegt und zugleich, was gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 VerfO geboten ist, begründet worden.
Der Einspruch ist jedoch unbegründet, die Entscheidung des Spruchkörpers 1. Instanz zu bestätigen.
Das Unternehmen hat gegen den „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex (im Folgenden kurz: FSA-Kodex) verstoßen und ist zur Unterlassung verpflichtet.
Das beanstandete Verhalten erfüllte zwar nicht die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 FSA-Kodex (2), verstieß aber gegen § 21 Abs. 2 FSA-Kodex (3).
1) Entgegen der Auffassung des Unternehmens fällt ihre Hotline-Aktion in den Anwendungsbereich des FSA-Kodex. Das ergibt sich aus § 1 Absatz 1, Absatz 2 Nr. 2 FSA-Kodex.
Zugunsten des Unternehmens greift nicht § 1 Abs. 3 FSA-Kodex ein, insbesondere nicht Nr. 5 dieser Vorschrift. Danach findet der Kodex keine Anwendung auf „nicht-werbliche Informationen“, insbesondere nicht auf „unternehmensbezogene Informationen … einschließlich … sowie die Information über regulatorische Entwicklungen, die das Unternehmen und seine Produkte betreffen“.
a) Die genannte Ausnahme fällt – ebenso wie die zuvor aufgeführten Beispiele – unter den Oberbegriff „unternehmensbezogene“ Informationen. Dieser Oberbegriff umfasst sämtliche ihm folgenden Beispiele.
Wie aus dem Sinnzusammenhang folgt, steht die an letzter Stelle genannte Ausnahme nicht etwa – wegen der Anknüpfung mit „sowie“ – selbständig neben „unternehmensbezogenen Informationen“ und meint nicht etwa ganz allgemein Informationen, d.h. auch nicht-unternehmensbezogene Informationen über regulatorische Entwicklungen, die das Unternehmen und seine Produkte betreffen. Vielmehr bezieht sich das Wort „einschließlich“ auch auf „die Information über regulatorische Entwicklungen …“.
Das wird durch die Entwicklungsgeschichte der Vorschrift bestätigt. Die Ausnahme für „nicht-werbliche Informationen“ im Sinne von § 1 Abs. 3 FSA-Kodex entspricht der Regelung des EFPIA-Kodex (vgl. dazu Dieners, Zusammenarbeit der Pharmaindustrie mit Ärzten, 2. Aufl., Kap. 9, Rdn. 26, Seite 210). In dessen Abschnitt „Scope of the EFPIA Code of Practice“ heißt es insoweit eindeutig: „The EFPIA Code does not cover the following: … – non-promotional, general information about companies (such as …), including … and discussion of regulatory developments affecting the company and its products.”. Danach handelt es sich bei sämtlichen Beispielen um “general information about companies”, dementsprechend im Sinne des § 1 Abs. 3 FSA-Kodex um „unternehmensbezogene Informationen“.
b) Im vorliegenden Falle geht es nicht um „unternehmensbezogene Informationen“ (vgl. zur Auslegung des Begriffs: Dieners Kap. 9, Rdn. 27, Seite 211).
Die Hotline ermöglichte Interessenten, allgemeine Fragen zum AVWG beantwortet zu bekommen. Die Fragen und Antworten zum AVWG beziehen sich nicht auf das Unternehmen, sondern auf das Verhalten der Ärzteschaft. Das Unternehmen ist lediglich mittelbar betroffen. Das genügt nicht, um die Anwendung des FSA-Kodex auszuschließen.
2) Die Voraussetzungen eines Verbots nach § 21 Abs. 1 FSA-Kodex sind allerdings nicht gegeben.
Die genannte Bestimmung ist nur im „Rahmen einer produktbezogenen Werbung“ anwendbar. Darum geht es hier nicht, worauf das Unternehmen zu Recht hinweist. Die Einrichtung der externen Hotline nebst Überreichung der Visitenkarte bezieht sich nicht auf ein bestimmtes Produkt des Unternehmens. Vielmehr handelt es sich um eine „nicht produktbezogene Werbung“ im Sinne von Absatz 2 der Vorschrift.
3) Dagegen sind die Voraussetzungen eines Verbots gemäß § 21 Abs. 2 FSA-Kodex gegeben.
a) Die Bestimmung enthält für nicht-produktbezogene Werbung ein grundsätzliches Verbot von Geschenken und regelt nicht etwa nur Fälle erlaubter Geschenke zu besonderen Anlässen. Das folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift und ihrem Sinnzusammenhang.
Über die Regelung des Absatzes 1 hinaus („Darüber hinaus“) dürfen im Rahmen einer nicht-produktbezogenen Werbung Geschenke „nur“ zu besonderen Anlässen gewährt werden, in anderen Fällen demnach überhaupt nicht (ebenso Dieners Kap. 9, Rdn. 259, Seite 316).
Die vorgenommene Auslegung wird durch den Sinn und Zweck der Bestimmung bestätigt. § 21 FSA-Kodex will „Geschenke“ an Angehörige der Fachkreise eindämmen und nur in bestimmten Grenzen erlauben. Dem würde es widersprechen, wenn der Kodex bei nicht-produktbezogener Werbung, anders als bei produktbezogener Werbung kein grundsätzliches Verbot von Geschenken und in § 21 Abs. 2 lediglich eine Regelung für Geschenke bei besonderen Anlässen vorsähe. Der FSA-Kodex ist hier bewusst strenger als das Wettbewerbsrecht (HWG, UWG).
b) Der in Absatz 2 verwendete Begriff „Geschenke“ umfasst ebenso wie der in Absatz 1 benutzte Begriff „Werbegabe“ alle unentgeltlich gewährten, geldwerten Vergünstigungen, die zur Absatzförderung werblich eingesetzt werden, entsprechend dem weiten Verständnis des jeden zuwendungsfähigen Vorteil erfassenden Begriffs „Werbegabe“ in § 7 Abs. 1 HWG (vgl. Dieners Kap. 9, Rdn. 248, Seiten 310 f.). Demgemäss wird der Begriff „Geschenke“ in der Überschrift des § 21 „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex umfassend verwendet. Die Überschrift bezieht sich nämlich auf beide Absätze der Vorschrift und daher auch auf „Werbegaben“ im Sinne von § 21 Abs. 1 des FSA-Kodex. Das sind wie in § 7 Abs. 1 HWG alle unentgeltlich gewährten, geldwerten Vergünstigungen. Ebenso allgemein ist der Begriff „Geschenke“ zu verstehen; er ist nicht in irgendeiner Weise einzuschränken.
c) Die Einrichtung der externen Rechtsanwalts-Hotline ist als „Geschenk“ im Sinne des § 21 Abs. 2 FSA-Kodex anzusehen. Sie ist eine unentgeltlich gewährte, geldwerte Vergünstigung, die als Image-Werbung der Absatzförderung dient.
Aus der Sicht der Ärztinnen und Ärzte, denen die Visitenkarte überreicht worden ist, handelt es sich bei der Beantwortung ihrer Fragen zum AVWG um eine geldwerte Leistung des Unternehmens.
Unerheblich ist, dass es bei der Aktion nicht um eine konkrete Rechtsberatung, sondern um allgemeine Informationen zum bevorstehenden bzw. gerade erlassenen AVWG ging. An solchen Informationen bestand und besteht für die Ärzteschaft ein erhebliches Aufklärungsbedürfnis wegen der mit dem AVWG verbundenen Auswirkungen auf ihr Verschreibungsverhalten und dessen Folgen. Jeder Arzt konnte je nach seinem eigenen Aufklärungsbedarf allgemein formulierte Fragen an einen erfahrenen, fachkundigen Rechtsanwalt stellen, der nicht zum Unternehmensbereich des Unternehmens gehört, und dadurch die für seine Praxis benötigten Antworten bekommen, soweit sie damals bereits möglich waren.
Die Ärztin oder der Arzt konnte und kann sich zwar auch anderweitig nach dem AVWG und dessen Auswirkungen erkundigen, etwa unmittelbar bei den Pharmaunternehmen, bei Fachverbänden, beim Bundesministerium für Gesundheit, insbesondere über das Internet. Der Auskunft eines unabhängigen, fachkundigen Rechtsanwalts als eines Organs der Rechtspflege kommt jedoch aus der Sicht der Interessenten ein deutlich erhöhtes Gewicht zu, auch im Verhältnis zu Auskünften im Wege einer internen Hotline, die mit fachkundigen juristischen Mitarbeitern besetzt ist.
Nicht entscheidend ist, ob die Ärzte bereit gewesen wären, ein Entgelt zu leisten, wenn sie sich die gleichen Informationen zum AVWG anderweitig beschafft hätten. Maßgebend ist vielmehr, dass sie hier eine Leistung erhalten haben, für die sie, wie für sie ohne weiteres erkennbar war, hätten bezahlen müssen, wenn sie sich unabhängig von der Hotline an einen fachkundigen Rechtsanwalt gewendet hätten. Das allein ist für die Bewertung der vom Unternehmen erbrachten Leistung entscheidend, nicht das Innenverhältnis zwischen dem eingeschalteten Rechtsanwalt und ihr. Ebenso kommt es für die Frage der Werthaltigkeit nicht darauf an, dass es sich auf Seiten des Unternehmens um eine Maßnahme handelte, die in nachvollziehbarer Weise ihrer eigenen Entlastung diente.
4) Ausgenommen vom Verbot des Absatzes 2 sind allerdings – entsprechend der Regelung in Absatz 1 – Geschenke (= unentgeltlich gewährte, geldwerte Vergünstigungen), welche die Grenzen des § 7 HWG beachten (a.M. möglicherweise Dieners Kap. 9 Rdn. 259, Seiten 316 f., der auf die Frage nach solchen Ausnahmen nicht eingeht).
Derartige Ausnahmen ergeben sich zwar nicht ausdrücklich aus § 21 Abs. 2 FSA-Kodex. Sie folgen aber aus dem Text- und Sinnzusammenhang des § 21 FSA-Kodex.
Wenn es in Absatz 2 heißt „Darüber hinaus“, nämlich über den Rahmen einer produktbezogenen Werbung hinaus, d.h. im hier maßgebenden Rahmen einer nicht-produktbezogenen Werbung, wird damit an die Regelung in Absatz 1 mit der dort vorgenommnen Bezugnahme auf die Ausnahmen des § 7 HWG angeknüpft. Wegen dieser Verknüpfung ist es gerechtfertigt, die dort genannten Ausnahmen auch im Rahmen des § 21 Abs. 2 FSA-Kodex anzuwenden. § 7 HWG ist zwar allein bei produktbezogener Werbung anwendbar. Das schließt es jedoch nicht aus, seine Ausnahmen sinngemäß auf nicht-produktbezogene Werbung zu übertragen, da hier durch die Formulierung „Darüber hinaus“ eine Verknüpfung zwischen produktbezogener und nicht-produktbezogener Werbung vorgenommen wird. Es ist kein sinnvoller Grund für eine unterschiedliche Behandlung erkennbar, etwa die Gewährung geringwertiger Kleinigkeiten bei einer produktbezogenen Werbung zu erlauben, bei einer bloßen Imagewerbung dagegen nicht (vgl. bereits die Entscheidung des Spruchkörpers 2. Instanz vom 28. September 2006, Az.: FS II 2/06/2005.-12-106 zu § 7 Abs. 2 HWG).
a) Zugunsten des Unternehmens greift nicht die Ausnahme des § 7 Abs. 1 Nummer 4 HWG ein.
Danach sind im Rahmen einer produktbezogenen Werbung Zuwendungen erlaubt, die in der Erteilung von Auskünften und Ratschlägen bestehen, wie etwa telefonische Auskunftsdienste für Ärzte (Doepner, Heilmittelgesetz, 2. Aufl., § 7 HWG, Rdn. 54). Im Rahmen des § 7 HWG müssen diese Auskünfte und Ratschläge produktbezogen sein. Die genannte Ausnahme hat mehr klarstellenden Charakter, weil produktbezogene Auskünfte und Ratschläge im allgemeinen Bestandteile des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs und daher keine zusätzlichen Leistungen sind (vgl. dazu Doepner aaO).
Da es hier um eine Imagewerbung ohne Produktbezug und daher im Wege der entsprechenden Anwendung um eine sinngemäße Übertragung der HWG-Ausnahme geht, genügt statt eines Bezugs zu einem Produkt der Bezug zum werbenden Unternehmen. Ob das aber auch für allgemeine Auskünfte zum AVWG gilt, ist zweifelhaft; denn insoweit handelt es sich, wie bereits unter 1 b) dargelegt, nicht um unternehmensbezogene Informationen. Der Spruchkörper 2. Instanz lässt offen, ob es im vorliegenden Zusammenhang bei einer internen, mit fachkundigen Juristen besetzten Hotline, die solche Auskünfte gibt, ausreichen würde, dass das Pharmaunternehmen mittelbar vom Verschreibungsverhalten der Ärzte betroffen ist.
Jedenfalls greift die erörterte Ausnahme nicht ein, wenn es wie hier um eine externe Hotline geht, unter der ein erfahrener, fachkundiger Rechtsanwalt erreicht wird, der nicht zum Unternehmensbereich gehört. Dadurch erhält die Auskunft, wie bereits unter 3 c) dargelegt, ein deutlich höheres Gewicht und damit – anders als bei Auskünften durch fachkundige juristische Mitarbeiter aus ihrem eigenen Bereich – einen erheblichen Geldwert.
b) Die Auskünfte, um die es hier geht, können nicht entsprechend § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG als erlaubte geringwertige Kleinigkeiten angesehen werden. Darunter sind Leistungen zu verstehen, die einen Wert bis etwa EUR 5 haben (vgl. dazu Dieners Kap. 9, Rdn. 252 f., Seiten 312 f.). Die allgemeine Auskunft eines fachkundigen Rechtsanwalts zum AVWG kostet deutlich mehr. Ihr Wert liegt erheblich über der genannten Kleinigkeitsgrenze, wie schon die 1. Instanz zu Recht angenommen hat.
c) Aus der Wertung des § 20 FSA-Kodex, der unter näher geregelten Voraussetzungen Fortbildungsveranstaltungen erlaubt, ergibt sich entgegen der Auffassung des Unternehmens nicht, dass die externe Hotline-Aktion kodexgemäß ist. Diese ist schon nicht einer Fortbildungsveranstaltung vergleichbar. Außerdem wäre eine solche Veranstaltung, die sich allgemein allein mit dem AVWG befasst, kodexwidrig, wie aus der Entscheidung des Spruchkörpers 2. Instanz vom 16. Februar 2006 in der Sache FS II 1/06/2005.9-90 – in Übereinstimmung mit dem Spruchkörper 1. Instanz – folgt.
Da das Unternehmen gegen den „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex verstoßen hat, ist es zur Unterlassung verpflichtet.
Das von der 1. Instanz ausgesprochene Verbot bezieht sich zwar allgemein auf Rechtsanwälte. Wesentlich ist aber, dass es sich um fachkundige Rechtsanwälte handelt, die unter einer externen Hotline erreicht werden. Andere Rechtsanwälte kommen im vorliegenden Zusammenhang jedoch von vornherein nicht in Betracht. Das wird durch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform genügend deutlich zum Ausdruck gebracht.
Der Einspruch ist demnach zu verwerfen, die Entscheidung 1. Instanz zu bestätigen.
Die Verfahrenskosten legt die Geschäftsstelle des FS Arzneimittelindustrie gemäß §§ 30 ff. VerfO fest.
Ergebnis
Die Entscheidung des Spruchkörpers 2. Instanz ist gemäß der „FS Arzneimittelindustrie“-Verfahrensordnung unanfechtbar. Das Verfahren ist abgeschlossen.
Berlin, im Februar 2007