FS Arzneimittelindustrie e.V.

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§§ 20 Abs. 2 Satz 2, 22 Abs. 1 FSA-Kodex Fachkreise und Leitlinie 17.2 (jetzt 18.2): Organisation einer Weinprobe im Anschluss an eine interne Fortbildungsveranstaltung

Az.: 2018.8-552

Weinprobe im Anschluss an Fortbildungsveranstaltung nicht kodexkonform

Die Organisation einer im Anschluss an ein Abendessen den Teilnehmern einer ärztlichen Fortbildung auf Selbstzahlerbasis angebotenen Weinprobe ist nicht kodexkonform. Da allein die Ausrichtung der Weinprobe, die kein Bestandteil des Essens war, einen Verstoß gegen die §§ 20 Abs. 2 Satz 2 und 22 Abs. 1 Satz 1 FSA-Kodex Fachkreise darstellt, waren die Zahl der Teilnehmer an der Weinprobe und der geforderte Verrechnungspreis unerheblich.

Leitsätze

Die Organisation einer Weinprobe, die im Anschluss an eine interne Fortbildungs-veranstaltung stattfindet, ist auch dann als Kodex-widrig zu bewerten, wenn sie von den Teilnehmern selbst bezahlt wird (Bestätigung der Entscheidung zu Az. 2007.7-188).

Sachverhalt

Gegenstand des Verfahrens war die anonyme Beanstandung, das Mitgliedsunternehmen Astellas Pharma GmbH biete im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung Angehörigen der Fachkreise eine Bewirtung an, deren Art und Umfang dem FSA-Kodex Fachkreise (- im Folgenden: Kodex -) widerspräche.

Der Beanstandende trug dazu im Einzelnen vor, das Unternehmen habe eine Weinprobe unterstützt, die anlässlich einer Fortbildungsveranstaltung in München den Teilnehmern angeboten worden sei.

Das Unternehmen bestätigte, dass es Angehörige der Fachkreise über die Möglichkeit der Teilnahme an einer Weinprobe inkl. Abendessen nach einem Veranstaltungstag auf Selbstzahlerbasis informiert habe. Die Information sei durch die von ihm beauftragte Agentur erfolgt, die die Abendveranstaltung im Auftrag des Unternehmens organisierte.

Die Weinprobe sei allerdings ein integrierter Bestandteil des Abendessens, aber kein Unterhaltungs-programm gewesen; daran ändere auch die Teilnahme eines Sommeliers nichts.

Es habe sich um eine interne Fortbildungsveranstaltung des Unternehmens gehandelt, die zusammen mit lokalen Universitäten veranstaltet worden sei.

Die überreichten Unterlagen ließen erkennen, dass den Teilnehmern an zwei aufeinanderfolgenden Tagen der Veranstaltung jeweils eine Bewirtung angeboten wurde, in beiden Fällen auf Selbstzahler-basis: einmal eine Brotzeit im „Königlichen Hirschgarten“ mit Live-Übertragung der Fußball-WM zum Preis von 45 EUR (einschl. Bus-Transfer), zum anderen ein Abendessen mit anschließender Wein-exkursion in einem lokalen Hotel zum Preis von 95 EUR. Die Bewirtungen wurden durch die beauftragte Agentur organisiert.

Zur Weinexkursion wurde in der Ankündigung ausgeführt, dass diese nach dem Abendessen stattfinde, von einem Sommelier geführt würde und eine Auswahl von 7 erlesenen Weinen beinhalte. Die Freude am Wein stünde dabei im Fokus.

Ausweislich der überreichten Rechnung wurde die Weinprobe für 25 Teilnehmer mit einem Preis von ca. 77 EUR/Person berechnet. Demgegenüber führte das Unternehmen aus, tatsächlich seien nur 65 EUR auf die Weinprobe und 30 EUR auf das Abendessen entfallen. Die Agentur habe zwar mit 25 Teilneh-mern kalkuliert, am Ende hätten aber lediglich 6 Ärzte und 10 Außendienstmitarbeiter des Unternehmens an dem Abendessen und der Weinprobe teilgenommen.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 Kodex ist die „Bewirtung (…) im Rahmen von internen Fortbildungsver-anstaltungen sowie Arbeitsessen und in einem angemessenen und sozialadäquaten Umfang zulässig.“ Als Orientierungsgröße für eine noch angemessene Bewirtung nennt die Leitlinie 17.2 (jetzt: 18.2) ein Betrag von etwa 60,00 €. Diese Grenze entspricht der aktuellen Spruchpraxis. Die Schiedsstelle hat in ihrer Entscheidung zu Az. 2019.8-602 im Übrigen festgestellt, dass eine Notwendigkeit zur Erhöhung dieses Werts momentan nicht erkennbar erscheint.

Der Kodex stellt weiter in § 20 Abs. 2 Satz 2 fest, dass Pharmaunternehmen nicht nur die finanzielle Unterstützung von Unterhaltungsprogrammen für die Teilnehmer, sondern auch deren Organisation untersagt ist, da hierdurch der Eindruck eines privaten und erlebnisorientierten Charakters der Veran-staltung erweckt wird, der nach Sinn und Zweck von § 20 Kodex bereits im Ansatz vermieden werden soll. Aufgrund dessen ist die Organisation einer Weinprobe im Verfahren zu Az. 2007.7-188 als Kodex-verstoß untersagt worden.

Der Beanstandende spricht in seiner Mitteilung lediglich die Weinprobe an. Die Schiedsstelle geht des-halb davon aus, dass damit die „Brotzeit im Königlichen Hirschgarten“ bewusst nicht zum Streitgegen-stand gemacht worden ist. Allerdings sei dazu angemerkt, dass eine Abendbewirtung, die mit der Live-Übertragung der Fußball-WM untermalt wird, kaum einem angemessenen und sozialadäquaten Umfang entspricht, wie ihn der Kodex bei der Bewirtung im Rahmen von internen Fortbildungsveranstaltungen vorgibt. Derartige Live-Übertragungen dürften aus Sicht der Prüfungsstelle vergleichbar sein mit musikalischen oder künstlerischen Einlagen, die ebenfalls unterhaltenden Charakter haben und in der Regel dem Kodex widersprechen.

Die streitgegenständliche Weinprobe wird in der Ankündigung als ein „Abendessen mit anschließender Weinexkursion“ angekündigt. Weiter wird darauf hingewiesen, dass „nach einem gemeinsamen Abendessen“ eine Weinexkursion stattfinde. Schon daraus wird deutlich, dass die Weinprobe keinesfalls als integraler Bestandteil des Abendessens angesehen werden kann. Sie ist vielmehr ein eigenständiger Teil des angebotenen Abendprogramms, der dem eigentlichen Abendessen folgt. Auch die weitere Ankündigung, dass dann 7 „erlesene“ Weine verkostet würden, macht deutlich, dass diese Weine nicht etwa passend zu den verschiedenen Gängen des Abendessens, sondern eigenständig ausgewählt wurden.

Daraus folgt, dass die angebotene Weinprobe mit §§ 20 Abs. 2 Satz 2, 22 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 Kodex nicht vereinbar ist. Infolgedessen stellen sich weitere Fragen nach der Einhaltung der in der Leitlinie 17.2 (jetzt: 18.2) genannten Orientierungsgrenze nicht. Auch hier sei allerdings angemerkt, dass eine Wein-verkostung von 7 Weinen, auch dann kaum noch als angemessen und sozialadäquat im Sinne des § 22 Abs. 1 Kodex angesehen werden könnte, wenn sie passend zu den Gängen des Abendessens gereicht und von einem Sommelier erläutert worden wäre.

Da allein schon die Organisation als Kodexverstoß angesehen werden muss, ist es unerheblich, ob an der Veranstaltung tatsächlich 6 oder 25 Ärzte teilnahmen und ob der Verrechnungspreis für die Wein-probe bei 65 oder 77,35 EUR/Person lag.

Die Beanstandung ist somit aus den vorgenannten Gründen begründet.

Entscheidung

Auf die Abmahnung des FSA verpflichtete sich das Mitgliedsunternehmen Astellas Pharma GmbH gegenüber dem Verband, es künftig zu unterlassen, für Angehörige der Fachkreise, die an einer internen Fortbildungsveranstaltung teilnehmen, eine Weinprobe zu organisieren oder organisieren zu lassen, auch wenn diese von den Teilnehmern selbst bezahlt wird, so wie dies bei der verfahrensgegen-ständlichen Abendveranstaltung geschehen war.

Das Unternehmen verpflichtete sich weiter zur Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 9.000 EUR an die Wüstenblume Desert Flower Foundation e.V., Berlin. Bei der Bemessung der Geldbuße wurde einerseits die begrenzte Teilnehmerzahl, aber auch die Tatsache berücksichtigt, dass die Regelung in § 20 Abs. 2 Satz 2 Kodex lange etabliert ist und die Spruchpraxis der Schiedsstelle zum Verbot der Organisation von Weinproben seit vielen Jahren besteht und den Unternehmen geläufig sein musste.

Berlin, im Dezember 2019