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Kodex § 18 Abs. 1, 2; § 18 Abs. 3 – Vertragliche Zusammenarbeit mit Ärzten; angemessenes Verhältnis der Vergütung

AZ.: 2004.10-40 (1. Instanz)

Leitsätze

  1. Gewährt ein Pharmaunternehmen für eine Veranstaltung mit Ärzten, die keine Fortbildung darstellt, ein Honorar, so ist es erforderlich, bereits in der Einladung die genaue Themenstellung, den Zeitaufwand und insbesondere die Anforderungen und Zielsetzungen an die teilnehmenden Ärzte genau zu beschreiben und Klinikärzte auf deren mögliches vertragliches Abstimmungserfordernis mit deren Arbeitgebern hinzuweisen.

  2. Eine Vergütung in Höhe von EUR 500 für Anreisekosten und die Durchführung eines „Konzept-Boards“, das Freitagnachmittag ab 17.30 – 20.00 h und samstags von 09.00 – 13.00 h abgehalten wird, ist unter Berücksichtigung der Abrechnungssätze nach der GOÄ inkl. Berücksichtigung der An- und Abfahrtskosten sowie der Samstagszuschläge noch als angemessen zu betrachten.

Sachverhalt

Es wurde beanstandet, dass ein Mitgliedsunternehmen zu einem „Konzept-Board“ eingeladen hatte, das Freitagnachmittag begann und Samstag am frühen Nachmittag endete. In der Einladung wurde das „Konzept-Board“ wie folgt charakterisiert:

„Wir wollen erfahren, welche Überlegungen erfahrene Therapeuten bei ihrer komplexen Therapieentscheidung anstellen, welche Patienten für welche Therapien ausgewählt werden und wie die Datenlage der Medikamente beurteilt wird“. Weiterhin wurde in der Einladung erwähnt, dass der Workshop „einen fundierten Erfahrungsaustausch und Ihre intensive Mitarbeit“ vorsieht.

Den Teilnehmern wurde ein Anmeldungsformular beigefügt, aus dem sich das Veranstaltungsdatum, der Veranstaltungsort ergaben und ggf. eine Übernachtungsmöglichkeit angeboten wurde. Eine weitere Bestätigung der Vergütung in Höhe von EUR 500 erfolgte nicht.

Mit der Durchführung des „Konzept-Board“ wurde eine unabhängige Beratungsfirma beauftragt, die den Workshop organisierte und durchgeführt hat. Das Mitgliedsunternehmen war am „Konzept-Board“ nur passiv als Zuhörer beteiligt

Den Teilnehmern wurde eine Vergütung in Höhe von insgesamt EUR 500 bezahlt, die variierende An- und Abfahrtskosten beinhaltete und seitens des Unternehmens mit rund EUR 100/Std. Teilnahme angesetzt wurde. Für kürzere Teilnahmezeiten wurde die Vergütung entsprechend gekürzt.

Wesentliche Entscheidungsgründe

  1. Der Spruchkörper 1. Instanz hat eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mit einer Strafbewehrung für den Wiederholungsfall in Höhe von EUR 10.000 ausgesprochen, mit der Begründung, dass aus der Einladung und Teilnahmebestätigung nur undeutlich für die Teilnehmer erkennbar wurde, dass es sich um keine Fortbildungsveranstaltung für die Ärzte handelte, sondern dass das „Konzept-Board“ dem beauftragenden Unternehmen wesentliche Erkenntnisse für künftige Therapieentscheidungen und –entwicklungen bieten sollte. Aufbau und Durchführung des „Konzept-Boards“ waren so gestaltet, dass keine Produktinformationen in Form einer Fortbildungsveranstaltung vermittelt wurden, sondern dass die Ärzte aufgrund ihres Erfahrungsfundus wesentlich zum Gelingen der Veranstaltung beitragen mussten. Ein Kodexverstoß war insoweit zu bejahen, als die Voraussetzungen für die Anwendung des § 18 Abs. 1 des Kodex einen schriftlichen Vertrag erfordern, aus dem sich Leistung und Gegenleistung eindeutig ergeben. Es konnte dahingestellt bleiben, ob die Einladung und die vom Teilnehmer unterschriebene Anmeldung dem Schriftformerfordernis des § 18 Abs. 1 des Kodex genügt. Ein Kodexverstoß musste jedoch insoweit bejaht werden, als die Einladung keine präzise Abgrenzung zwischen der vertraglichen Zusammenarbeit und einer möglichen Fortbildungsveranstaltung erkennen ließ. Das Mitgliedsunternehmen hatte es versäumt, die genauen Themen, den Zeitaufwand und insbesondere die Anforderungen und Zielsetzungen an die teilnehmenden Ärzte genau zu beschreiben und des weiteren versäumt, Klinikärzte auf die besonderen vertraglichen Abstimmungserfordernisse mit deren Arbeitgebern hinzuweisen (§ 24 des Kodex).

  2. Der Spruchkörper 1. Instanz ist der Ansicht, dass die „angemessene Vergütung“ am oberen Limit angesetzt wurde, der Betrag aber noch nicht geeignet war, die Ärzte zur Teilnahme allein auf Basis der festgesetzten Vergütung zu motivieren. Grundlage für die adäquate Vergütung sah der Spruchkörper 1. Instanz in den GOÄ-Ziffern 21 bzw. 80 und 85 und hat auf dieser Basis unter Einbezug der Samstagsarbeit und der nach der GOÄ erstattungsfähigen An- und Abfahrtskosten die Vergütung insgesamt noch für angemessen im Sinne des § 18 des Kodex angesehen.

Ergebnis

Das Mitgliedsunternehmen hat eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bezüglich Ziff. 1 abgegeben.


Berlin, im Januar 2005