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Kodex § 20 Abs. 7 – Rahmenprogramm und Begleitpersonen, Handhabung bei Nichtmitgliedern

AZ.: 2004.6-7 (1. Instanz)

Leitsatz

Der Tatbestand des § 7 Abs. 1 HWG ist erfüllt, wenn anlässlich von Arzneimittelsymposien oder Fortbildungsveranstaltungen die Ausgestaltung des Rahmenprogrammes (hier: Golfturniere, Schnuppergolfen, Kochkurse unter der Leitung eines Sterne-Kochs, Oldtimertouren oder Trüffelverkostungen) einen erheblichen Kostenanteil darstellt und somit geeignet ist, die Unbefangenheit und Entschlussfreiheit der teilnehmenden Ärzte gegenüber den Produkten des veranstaltenden Pharmaunternehmens zu beeinflussen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Begleitpersonen zu solchen Veranstaltungen eingeladen oder die Ärzte aufgefordert werden, Begleitpersonen mitzubringen und ein Kostenbeitrag durch die Begleitpersonen nicht geleistet wird.

Sachverhalt

Von einem Mitgliedsunternehmen wurde beanstandet, dass ein Pharmaunternehmen (Nichtmitglied) in einem renommierten Schlosshotel im Bergischen Land ein „(Anm. d. Red.: Name des Arzneimittels wurde gestrichen) -Symposium …“ über 3 Tage im Juni 2004 abgehalten hatte. Während des Symposiums wurde am Freitag zwischen 14.00 und 18.30 h ein Golfturnier, „Schnuppergolfen“ oder ein Kochkurs unter der Leitung eines Sterne-Kochs angeboten sowie am Samstag zwischen 14.00 und 18.00 h eine Oldtimertour durch das Bergische Land, alternativ eine Trüffelverkostung.
Die Einladung beinhaltete auch die Teilnahme von Begleitpersonen. Eine Kostenbeteiligung sowohl für die Ärzte als auch für die Begleitpersonen war nicht vorgesehen.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der FS Arzneimittelindustrie hat das Verhalten des Nichtmitgliedes beanstandet. Die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mit Strafbewehrung wurde abgegeben. Das Nichtmitglied hatte mit der Durchführung seines Symposiums ein konkretes Arzneimittel beworben. Das HWG (Heilmittelwerbegesetz) findet Anwendung.

Es liegt ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 HWG vor.

Bei dem Angebot eines Golfturniers, eines Golfschnupperkurses, eines Kochkurses mit einem Sterne-Koch, aber auch einer Oldtimertour und einer Trüffelverkostung handelt es sich um Zuwendungen i.S.d. § 7 HWG, die immer dann vorliegen, wenn eine Leistung mit Rücksicht auf den entgeltlichen Erwerb einer Hauptware bzw. Leistung angeboten, angekündigt oder gewährt wird und wegen dieser Abhängigkeit objektiv geeignet ist, den Kunden in seiner Entschließung zum Erwerb der Hauptware bzw. Leistung zu beeinflussen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Das Symposium umfasste zwei ganze Tage, von denen jeweils ein halber Tag als Rahmenprogramm angeboten wurde. Dabei handelte es sich um Zuwendungen von nicht geringem Umfang, da das Rahmenprogramm einen nicht unerheblichen Kostenanteil darstellt. Dies gilt umso mehr, als auch Begleitpersonen von der Einladung umfasst waren und das Rahmenprogramm ebenfalls ohne Kostenbeteiligung wahrnehmen konnten.

Beide Maßnahmen waren geeignet, die Ärzte in ihrer Entschließung zum Erwerb der Produkte des Unternehmens zu beeinflussen. Der FSA sieht in der Durchführung des Rahmenprogramms den Versuch des Unternehmens, die Kontakte zu den Ärzten so aufzubauen und zu festigen, dass diese später ihre Produkte erwerben. § 7 HWG will gerade der Tatsache vorbeugen, dass Angehörige der Heilberufe der Gefahr ausgesetzt werden, in ihrer Therapiefreiheit durch Werbegaben beeinträchtigt zu werden.

Den Ärzten war durch die Gesamtgestaltung des Programms auch bewusst, welchen nicht unerheblichen Sachwert sie und ihre Begleitpersonen durch die Teilnahme an dem Rahmenprogramm erhielten.
Aus allem war für den FSA eindeutig, dass für die Teilnehmer das Rahmenprogramm der heimliche, eigentliche Inhalt des Symposiumbesuches war, wodurch der vertretbare Rahmen i. S. des § 7 Absatz 2 HWG überschritten wurde (siehe Bülow/Ring HWG Kommentar, 2. Auflage, Seite 288).

Die Schiedsstelle 1. Instanz hat zudem einen Verstoß gegen § 33 Absatz 2 und 4 der Muster-Berufsordnung für die deutschen Ärzte (MBO- Ä) in Verbindung mit § 1 UWG a.F (Gesetz gegen denunlauteren Wettbewerb) festgestellt, da es sich um eine Veranstaltung zu Marketingzwecken handelte, die für das Nichtmitglied geeignet war, sich wettbewerbswidrig vorsätzlich einen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern zu verschaffen.

Ergebnis

Die vom FS Arzneimittelindustrie e.V. geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung wurde in allen Teilen akzeptiert. Der FSA wird das künftige Verhalten beobachten.


Berlin, im August 2004