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§ 18 Abs. 2; § 20 Abs. 3 S. 2 des Kodex Produktspezifische Werkstatt gegen Beratungshonorar; Fortbildungsveranstaltungen mit allgemeinen Inhalten: Auswahl eines Verkehrsmuseums als Tagungsort

AZ.: 2005.9-91 (1. Instanz)

Leitsätze

  1. Die Durchführung einer 4-stündigen internen Fortbildungsveranstaltung in einem Verkehrsmuseum (Auto, Bundesbahn) stellt keinen Verstoß gegen das Gebot, den Tagungsort allein nach sachlichen Gesichtspunkten auszusuchen, dar, sofern die Agenda keine Freiräume zur Besichtigung des Museums eröffnet. Dies gilt insbesondere dann, wenn die eingeladenen Ärztinnen und Ärzte aus der näheren Umgebung des Veranstaltungsortes kommen und die Infrastruktur des Museums für Fortbildungsveranstaltungen unter allen Aspekten geeignet ist.

  2. Ein im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung durchgeführter Vortrag zum Thema „Regressprophylaxe“ verstößt gegen den Kodex, sofern er sich nicht in besonderer Weise mit den Forschungsgebieten Arzneimitteln und deren Indikationen bezogen auf die Produkte des Mitgliedsunternehmens befasst.

  3. Der Erfahrungsaustausch von Ärztinnen und Ärzten anlässlich einer Einladung ist keine wissenschaftliche oder fachliche Leistung im Sinne des § 18 Abs. 2 des Kodex und rechtfertigt daher nicht die Bezahlung einer Vergütung.

Sachverhalt

Ein Mitgliedsunternehmen hat Ärztinnen und Ärzte zu einer „Produktwerkstatt“ eingeladen. Die Ver-anstaltung fand in der Zeit von 15:30 – 19:30 Uhr in einem DB-Verkehrsmuseum statt, das über aus-reichende räumliche und infrastrukturelle Ausstattung verfügte. Im Rahmen der Veranstaltung wurde ein Tagungsordnungspunkt „Regressprophylaxe – Austausch mit den gesundheitspolitischen Experten“ – praktische Strategien der Regressvermeidung – rechtliche Lage und Tipps gegenüber GKV und PKV und – aktuelle KV-spezifische Aspekte angeboten. Den Teilnehmern wurde für die Teilnahme an der gesamten „Produktwerkstatt“ eine Vergütung in Höhe von EUR 150,00 angeboten. Mit Anmeldung zu der Veranstaltung wurde ein Beratervertrag avisiert, der die weiteren Einzelheiten für die Bezahlung regelte.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Es liegt ein Verstoß gegen § 20 Abs. 1 des Kodex vor. Danach dürfen Ärzte und Ärztinnen zu internen berufsbezogenen Fortbildungsveranstaltungen eingeladen werden, die sich mit den Forschungsgebieten Arzneimitteln und deren Indikationen bezogen auf die Produkte des Mitgliedsunternehmens befassen. Diese Kriterien waren im vorliegenden Fall nicht gegeben, selbst wenn ausweislich der Themenliste eine Diskussion über eine wirtschaftliche Verordnungsweise samt Erfahrungsmeldung von Ärzten stattfinden sollte, damit das Unternehmen künftig diesbzgl. „Hilfestellung“ leisten konnte.

Dieser Austausch mit gesundheitspolitischen Experten hat nach Auffassung des Spruchkörpers 1. Instanz keinen ausreichenden Bezug zu den Indikations- und Forschungsgebieten der Pharmaunternehmen, da ein direkter Zusammenhang mit den Produktbereichen des Unternehmens nicht erkennbar ist. Derartige Veranstaltungen und die Vermittlung von Informationen, die keinen direkten Zusammenhang mit den Arzneimitteln und der sachgerechten Auswahl der Anwendung erkennen lassen, sondern originär ärztliche Fragen der Regressprophylaxe betreffen, stellen daher eine unentgeltliche Zuwendung arzneimittelfremder Fortbildungsleistung dar. Dem Arzt werden auf diese Weise Informationen vermittelt, für die er, würde er sie sich am freien Markt beschaffen müssen, Aufwendungen hätte. Leistungen mit einem arzneimittelfremden Charakter dürfen aber nur gegen ein angemessenes Entgelt angeboten werden (Dieners S. 208 Rd.Nr. 78). Da eine Kostenbeteiligung seitens der Ärztinnen und Ärzte nicht vorgesehen war, war ein Kodexverstoß zu bejahen.

Es liegt auch ein Verstoß gegen § 20 Abs. 10 i.V.m. § 18 Abs. 2 und Abs. 3 des Kodex vor, denn bei der „Produktwerkstatt“ handelt es sich um eine interne Fortbildungsveranstaltung des Mitgliedunternehmens, bei der der Schwerpunkt der Veranstaltung auf der Information über Forschungsergebnisse des vom Mitgliedsunternehmen vertriebenen Produkts lag. § 20 Abs. 10 stellt klar, dass die Bestimmungen des § 18 über die vertragliche Zusammenarbeit mit Ärzten dann Anwendung finden, wenn Ärzte bei internen Fortbildungsveranstaltungen im Auftrag von Unternehmen der pharmazeutischen Industrie wissenschaftliche Vorträge halten oder vergleichbare Leistungen erbringen. Erforderlich ist somit eine aktive Teilnahme, die dann vorliegt, wenn ein Arzt Veranstaltungen moderiert oder auf einer Veranstaltung referiert bzw. eine Präsentation darbietet. Dabei stehen die Moderation des Referats und die Präsentation regelmäßig in einem engen Zusammenhang mit Problemen oder Therapieformen, die für Produkte des Unternehmens bzw. deren Anwendung unmittelbar oder mittelbar von besonderem Interesse sind (Dieners Kap. Nr. 6 Rd.Nr. 41). Wenn sich eine Gesamtveranstaltung zu mehr als 2/3 auf Programmteile bezieht, die keine aktive Teilnahme des Arztes erfordern, sondern Anwendungsfragen von Medikamenten sowie Behandlungstherapien im Vordergrund stehen, ist diese aktive Teilnahme im Sinne der Vorschrift nicht zu bejahen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt, dass es sich um ein „Advisory Board Meeting“ handeln könnte, wie das Mitgliedsunternehmen eingewendet hat, sofern die Werkstatt das primäre Ziel verfolgt, einen systematischen Wissenstransfer aus dem ärztlichen Alltagsgeschäft zum Mitgliedsunternehmen zu ermöglichen. Advisory Boards finden sich in der Regel anlässlich eines internationalen Fachkongresses zusammen, um die Mitarbeiter eines Unternehmens über die Ergebnisse ihrer Tätigkeit im Forschungs- und Entwicklungsbereich zu informieren. Bei diesen Beratergremien handelt es sich nicht um aktive Teilnehmer im Sinne des § 20 Abs. 10, weil die Tätigkeit von der Veranstaltung völlig unabhängig ist und auch an anderer Stelle stattfinden könnte (Dieners Kap. 9 Rd.Nr. 104). Zudem wäre eine wissenschaftliche oder fachliche Leistung für das Unternehmen zu erbringen, wofür der Austausch von durch die Ärzte erstellten aktuellen Kasuistiken aus der täglichen Praxis nicht ausreicht, da man von einer wissenschaftlichen oder fachlichen Leistung nur sprechen kann, wenn es sich um sachlich nachvollziehbare und notwendige Tätigkeiten des Arztes handelt, an denen ein nachvollziehbares und gerechtfertigtes Interesse von Seiten des pharmazeutischen Unternehmens besteht (Dieners Kap. 9 Rd.Nr. 44). Diese Voraussetzungen waren vorliegend nicht erfüllt, denn von einer fachlichen Tätigkeit kann nicht gesprochen werden, wenn die teilnehmenden Ärzte lediglich aufgefordert werden, interessante Fälle aus ihrer Praxis vorzustellen und hierbei die Unterstützung der Mitarbeiter des Pharmaunternehmens sogar noch bei der Erstellung der Kasuistiken angeboten wurde.

Selbst wenn man der Auffassung folgen würde, dass eine wissenschaftliche und fachliche Tätigkeit des eingeladenen Arztes erbracht wurde, so würde die vereinbarte Vergütung in Höhe von EUR 150,00 in keinem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen, denn für die Vorstellung der eigenen Fälle waren lediglich 60 Minuten vorgesehen, sodass für jeden teilnehmen Arzt knapp 7 Minuten Zeit blieben, seinen Fall vorzustellen. Selbst wenn man noch eine Vorbereitungszeit von 15 – 20 Minuten berücksichtigen würde, wäre auf Basis der bisherigen Rechtsprechung des Spruchkörpers 1. Instanz (Az.: 2004.10-40) allenfalls eine angemessene Vergütung von EUR 90,50 (Ziffer 85 GoÄ 2,3 -facher Satz) vertretbar. Die hier gezahlte Vergütung in Höhe von EUR 150,00 zzgl. Reisekosten stand somit in keinem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Leistung.

Der Spruchkörper 1. Instanz hat keinen Kodexverstoß hinsichtlich der Auswahl des Tagungsortes § 20 Abs. 3 Satz 2 des Kodex in dem DB-Verkehrsmuseum in Nürnberg gesehen, da er nach allein sachlichen Gesichtspunkten ausgewählt wurde. Das DB-Verkehrsmuseum verfügt über ausreichende Tagungskapazitäten, um, wie hier, 20 Teilnehmer fortzubilden. Auch die infrastrukturellen Voraussetzungen (Leinwand, Beamer usw.) sind vorhanden. Zudem ist weder in der Einladung noch in sonstigen Unterlagen auf das Verkehrsmuseum als Attraktion hingewiesen. Abschließend war auch für die Beurteilung der sachlichen Auswahl entscheidend, dass die Agenda über vier Stunden mit der Schließung des Museums einherging, sodass auch nach der Veranstaltung, oder eingebettet in den Fortbildungsteil, keinerlei Rundgänge oder Führungen durch das Museum möglich waren und durchgeführt wurden. Auch die Tatsache, dass die Teilnehmer in der näheren Umgebung des Veranstaltungsortes ansässig waren, rechtfertigt die Annahme, dass der Freizeit- und touristische Attraktionswert für die Teilnehmer keinesfalls im Vordergrund stand.

Ergebnis

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