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§ 20 Abs. 3 des Kodex – Hotelauswahl (Relais- und Chateaux- Hotel)

AZ.: 2006.12-155 (1. Instanz)

Leitsatz

Die Unterbringung von Ärzten und Ärztinnen anlässlich einer Fortbildungsveranstaltung in einem Hotel, das zu den „Relais- und Chateauhotels“ gehört, entspricht nicht dem angemessenen Rahmen einer Unterbringung im Sinne des § 20 Abs. 3 des Kodex.

Sachverhalt

Ein Mitgliedsunternehmen hatte zu einer zweitägigen internen Fortbildungsveranstaltung Angehörige der Fachkreise aus der gesamten Bundesrepublik an den Staffelsee in das Hotel „Alpenhof Murnau“ eingeladen, das zu den „Relais- und Chateauxhotels“ gehört.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Gemäß § 20 Abs. 3 des „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex hat die Auswahl der Tagungsstätte für interne Fortbildungsveranstaltungen allein nach sachlichen Gesichtspunkten zu erfolgen. Sachliche Gesichtspunkte sind insbesondere die gute Erreichbarkeit für Teilnehmer und Referenten, geeignete Tagungsräume, ausreichende Kapazitäten etc. Die Unterbringung muss im Hinblick auf den berufsbezogenen wissenschaftlichen Zweck der internen Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sein. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Das Hotel „Alpenhof Murnau“ ist ein Luxushotel, das zwar auch über Konferenzräume verfügt, die jedoch ausweislich des Internetauftritts des Hotels deutlich in den Hintergrund der Eigenpräsentation treten. Insbesondere verweist das Hotel gleich auf seiner Eingangsseite auf die Zugehörigkeit zu den „Relais- und Chateaux-Hotels“, die mit einem weltweiten Hotelangebot Spitzenqualität bei Unterbringung und Service in den angeschlossenen Hotels bieten. Das Hotel „Alpenhof Murnau“ versteht sich als „Luxury Hotel“, das in seinem Restaurant „kulinarischen Hochgenuss“ bietet. Des Weiteren verfügt das Hotel über eine eigene Therme und ein entsprechendes Wellness-Angebot.

Der Spruchkörper 1. Instanz macht seine Einschätzung zur Hotelauswahl aber nicht alleine am Internetauftritt und damit der Selbsteinschätzung des Hotels fest, sondern stellt vorliegend darauf ab, dass mit dem Verweis auf die Zugehörigkeit zu den „Relais- und Chateaux-Hotels“ ein weltweiter Standard für erstklassig geführte Luxushotels verbunden wird. Entscheidend für den Spruchkörper 1. Instanz war in erster Linie der Hinweis der Zugehörigkeit zu den Relais- und Chateaux-Hotels.

Bei diesem Verweis auf die Qualität bei Ausstattung und Lage des Hotels kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Einladung geeignet ist, die Ärzte in ihrer Therapie- und Verordnungsfreiheit zu beeinflussen. Allein die Verlockung durch die Einladung zur Übernachtung in einem Relais- und Chateau-Hotel in gut erreichbarer Nähe der Teilnehmer ist insoweit ausreichend, um einen Kodexverstoß zu bejahen.

Der Spruchkörper 1. Instanz orientiert sich bei Prüfung der Auswahl der Tagungsstätte unterKodexaspekten im Wesentlichen an dem Businesscharakter der Destination, die jeder Teilnehmer über die Internetseite des jeweiligen Hotels erfahren kann. Im Internetauftritt des Alpenhofs Murnau spielt der Businesscharakter nur eine absolut untergeordnete Rolle und wird auch in der Bewerbung des Hotels nur beiläufig dargestellt.

Sowohl die Bewertung nach der DEHOGA (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) als auch diverser Hotelführer (beispielsweise Varta-Führer oder Schlummeratlas) spielen für die Prüfung des Kriteriums der Tagungsstättenauswahl „allein nach sachlichen Gesichtspunkten“ nur eine untergeordnete Rolle. Diese Bewertungen sind nur in dem Umfang von Bedeutung, in dem sie vom Hotel selbst in seiner Selbstdarstellung entsprechend hervorgehoben werden und insoweit einen besonderen Anreizfaktor für den Besuch des Hotels bieten.

Der Spruchkörper 1. Instanz kann den Wunsch der Mitgliedsunternehmen, eindeutige Kriterien für die kodexkonforme Auswahl von Veranstaltungsorten zu erhalten, grundsätzlich nachvollziehen. Die Vielfalt der Auswahlkriterien (Anzahl der Teilnehmer, Zeitpunkt der Veranstaltung, regionale Zusammensetzung des Personenkreises, Lage und Ausstattung der Tagungsstätte etc.), lässt es allerdings nicht zu, verbindliche Kriterien ohne Berücksichtigung des konkreten Einzelfalles festzulegen. § 20 Abs. 3 S. 2 des Kodex verfolgt das Ziel, dass sich die Teilnehmer bei ihrer Entscheidung, an einer Fortbildungsveranstaltung teilzunehmen oder nicht, alleine an den Inhalten des wissenschaftlichen, fachlichen Programms orientieren und auszuschließen ist, dass die Teilnehmer (auch) wegen der Auswahl der Destination oder sonstiger Rahmenbedingungen ihre Entscheidung zugunsten der Veranstaltung treffen. Denn gerade in dem Maße, wie die Teilnehmer sich nicht alleine nach den Inhalten der fachlichen Fortbildung entscheiden, sondern an anderen Kriterien, entsteht Raum für die Beeinflussung der künftigen Entscheidungs-, Beschaffungs- und Verordnungsfreiheit durch Unternehmen. Erfüllt das Hotel also die Business- und Tagungserfordernisse für eine fachlich wissenschaftliche Fortbildungsveranstaltung und steht der Tagungs- und Businesscharakter der Tagungsstätte und nicht die Unterbringung bzw. Restauration im Vordergrund, so ist – vorbehaltlich der Prüfung im Einzelfall – davon auszugehen, dass die Auswahl der Tagungsstätte im Einklang mit den Vorschriften des Kodex erfolgt ist. Da bei der Auswahl der Tagungsstätte die vorgenannten Kriterien nicht berücksichtigt wurden, war ein Kodexverstoß festzustellen.

Ergebnis

Ergebnis

Das Mitgliedsunternehmen hat in der vorgegebenen Frist keinen Einspruch gegen die Entscheidung eingelegt, sodass die Entscheidung rechtskräftig ist. Das Verfahren ist damit abgeschlossen.


Berlin, im Juli 2007