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§ 18 Abs. 1 Nr. 6 FSA-Kodex Fachkreise – Angemessenheit der Vergütung für einen Fallbericht, der auf retrospektiver Datenerhebung über den Einsatz einer bestimmten Arzneimitteltherapie beruht

AZ.: 2008.1-220 (1. Instanz)

Leitsatz

Eine Vergütung von 150,00 Euro für einen vom Arzt erstellten Fallbericht, der auf retrospektiver Datenerhebung über eine Arzneimitteltherapie beruht, ist unangemessen hoch und verstößt gegen § 18 Abs. 1 Nr. 6 FSA-Kodex Fachkreise, wenn der Aufwand für die Erstellung des Fallberichts ca. 30 Minuten beträgt. Die Angemessenheitsgrenze wird dabei um ca. 50% überschritten.

Sachverhalt

Das Mitgliedsunternehmen hatte mit Ärzten Verträge abgeschlossen, in denen für die Erstellung eines zur späteren Veröffentlichung vorgesehenen Fallberichts auf der Basis einer retrospektiven Datenerhebung über den therapeutischen Einsatz eines bestimmten Arzneimittels ein Honorar von 150,00 Euro zugesagt wurde. Die insgesamt zweiseitigen Fallberichte enthielten auf der 1. Seite lediglich statistische Angaben über den jeweiligen Fall (anonymisierte Patientendaten), auf der 2. Seite eine Beschreibung der Entwicklung des Krankheitsbildes und der Therapie. Das Mitgliedsunternehmen legte Stellungnahmen vor, nach denen der Aufwand für die Erstellung des Fallberichts mit 75 Minuten berechnet wurde. Ein vom Spruchkörper 1. Instanz in Auftrag gegebenes Gutachten kam zu dem Schluss, dass ein Zeitaufwand von allenfalls 30 Minuten in Ansatz zu bringen sei.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Ob Leistung und Gegenleistung im Rahmen einer vertraglichen Zusammenarbeit mit Angehörigen der Fachkreise in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen, ist u.a. danach zu beurteilen, ob die Vergütung in einem vernünftigen, sachlich gerechtfertigten Verhältnis zu dem Zeitaufwand und zum Schwierigkeitsgrad der jeweiligen vertraglichen Aufgabenstellung steht. Als weiteres Kriterium mag dabei auch die individuelle Kompetenz des ärztlichen Leistungserbringers zu berücksichtigen sein (vgl. Dieners, Zusammenarbeit der Pharmaindustrie mit Ärzten, 2. A., Kap. 9 Rdnr. 152). Obwohl das Unternehmen dargelegt hatte, dass zur Erstellung der Fallberichte in Einzelfällen Krankenakten von beträchtlichem Umfang durchgesehen werden mussten, fand dies keinen entsprechenden Niederschlag in den vorgelegten Fallberichten, die jeweils nur aus 1 Seite mit statistischen Angaben und aus jeweils ½ Seite mit Schilderung der Therapie und Krankheitsentwicklung bestanden. Daher war den Aussagen des von der 1. Instanz beauftragten Gutachters, der einen Zeitaufwand von ca. 30 Minuten für die Erstellung dieser Fallberichte ansetzte, zu folgen.

Die konkrete Berechnung der Vergütung erfolgte – nach ständiger Rechtsprechung der FSA-Schiedsstelle – in Anlehnung an die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), hier nach Nr. 80 des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen für eine „schriftliche gutachterliche Äußerung“. Danach beträgt der einfache Satz für eine solche Tätigkeit in einem Zeitrahmen von 15 – 20 Minuten 17,40 Euro, womit sich unter Berücksichtigung eines Multiplikators von 2,3 und einem Zeitaufwand von 30 Minuten ein Nettohonorar von 80,45 Euro ergibt. Auch wenn man zu Gunsten des Mitgliedsunternehmens Schreibgebühren, Porti und Versandkosten hinzurechnet und einen Bruttobetrag zugrundelegte, würde ein Betrag von 100,00 Euro nicht überschritten. Das vom Unternehmen zugesagte und gezahlte Honorar in Höhe von 150,00 Euro überschritt also den noch angemessenen Betrag um ca. 50%.

Ergebnis

Das Mitgliedsunternehmen wurde nach Feststellung des Kodexverstoßes durch die Entscheidung des Spruchkörpers 1. Instanz zur Unterlassung verpflichtet. Für jeden Fall schuldhafter Zuwiderhandlung gegen diese Unterlassungsverpflichtung wurde ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 Euro festgesetzt. Die Entscheidung des Spruchkörpers 1. Instanz ist rechtskräftig.