Skip to content

§ 8 FSA-Kodex Fachkreise – Verschleierung von Werbemaßnahmen / Verwechselung mit redaktionellen Beiträgen

AZ.: 2009.6-264 (1. Instanz)

Leitsätze

1. Wird in einem regionalen Ärzteblatt unter der Rubrik „Fortbildung“ ein von einem Unternehmensangehörigen als Autor gezeichneter Beitrag über die Risiken und Verbreitung einer Infektionskrankheit (FSME) veröffentlicht und in diesem Zusammenhang ausführlich über ein Arzneimittel (Impfstoff) dieses Unternehmens gegen diese Infektion berichtet, ohne dass sich die Gestaltung dieses Artikels von sonstigen redaktionellen Beiträgen im Ärzteblatt unterscheidet, verstößt dies gegen das Verbot der Verschleierung von Werbung gemäß § 8 Abs. 1 und § 8 Abs. 2 des FSA-Kodex Fachkreise.

2. Es reicht als Hinweis auf den Werbecharakter des Textes nicht aus, wenn unter der Rubriküberschrift „Fortbildung“ in bedeutend kleinerer Schriftgröße, die sogar noch kleiner ist als der nachfolgende Text selbst, das Wort „Anzeige“ steht.

Sachverhalt

Auf Veranlassung des Unternehmens (kein Mitglied des FSA) war der oben charakterisierte Text unter der Überschrift „Sicherster Schutz vor FSME: Impfung“ in einer Ausgabe des Ärzteblattes in der Rubrik „Fortbildung“ veröffentlicht worden. Die Publikation enthielt ausführliche Passagen, die inhaltlich produktbezogene Werbung für den vom Unternehmen vertriebenen Impfstoff gegen die Infektion (FSME) darstellten. Unter Nennung des Namens des Arzneimittels wurden Wirkungen und Verträglichkeit des Impfstoffs beschrieben.

Der Beitrag war namentlich von einem Mitarbeiter des Unternehmens unter Angabe seiner Kontaktdaten beim Unternehmen gezeichnet.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die redaktionell aufgemachte Werbeanzeige auf zwei Seiten des betreffenden Ärzteblattes verstößt gegen die Grundsätze des lauteren Wettbewerbs sowie gegen § 8 Abs. 1 und § 8 Abs. 2 des FSA-Kodex Fachkreise. § 8 Abs. 1 des FSA-Kodex Fachkreise sieht vor, dass der werbliche Charakter von Werbemaßnahmen nicht verschleiert werden darf. Die auf Artikel 7.01 des EFPIA-Kodex beruhende Regelung ist ein anerkanntes Prinzip im deutschen Wettbewerbsrecht. Dementsprechend verbieten § 11 Abs. 1 Nr. 9 HWG und § 4 Nr. 3 UWG die Schleichwerbung, ebenso Artikel 98 Abs. 1 Lit a) der Richtlinie 2001 / 83 / EU zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel. Sinn und Zweck des Verbotes der Schleichwerbung ist es, den Werbeadressaten vor einer Täuschung über die wahren, nämlich kommerziellen Absichten des Handelnden zu schützen.

§ 8 Abs. 2 des FSA-Kodex Fachkreise regelt, dass Anzeigen, die von einem Unternehmen bezahlt oder geschaltet werden, so zu gestalten sind, dass sie nicht mit unabhängigen redaktionellen Beiträgen verwechselt werden können. Der EFPIA-Kodex verbietet dies in Artikel 7.03. Das Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Text ist ein Unterfall von § 4 Nr. 3 UWG.

Eine solche Trennung von redaktionellem Teil und Werbung erfolgt vor allem durch die äußere Gestaltung. Dies ist hier nicht der Fall, die Werbeanzeige erscheint dem durchschnittlich aufmerksamen Leser als redaktioneller Beitrag. Dies folgt daraus, dass es sich um einen Text mit einer Überschrift und einem Fließtext handelt, dessen Layout, Schriftzüge, Schriftart und Schriftgröße sich kaum von den übrigen redaktionellen Beiträgen unterscheiden. Zwar befindet sich auf der linken oberen Ecke über dem Text das Wort „Anzeige“, jedoch ist dieser Hinweis nicht geeignet, auf den Werbecharakter des Textes hinzudeuten. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn dieses Wort nach Schriftart, Schriftgröße und Platzierung hinreichend deutlich wäre. Doch erscheint hier das Wort „Anzeige“ in einer Schriftart und einer Schriftgröße, die von dem durchschnittlich aufmerksamen Leser ohne weiteres überlesen wird. Das Wort „Anzeige“ ist nicht nur wesentlich kleiner als die gesamte Rubriküberschrift „Fortbildung“, sondern auch bedeutend kleiner als der nachfolgende Fließtext. Die Aufmachung unter der ins Auge springenden Überschrift „Fortbildung“ erweckt beim Leser die Annahme, es handele sich um einen in einem Ärzteblatt üblicherweise zu erwartenden Fortbildungsartikel zur Schutzimpfung gegen FSME.

Ergebnis

Das Unternehmen hat sich verpflichtet, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei der Bewerbung seiner Impfstoffe XY redaktionell aufgemachte Werbeanzeigen zu veröffentlichen und /oder veröffentlichen zu lassen, wenn dies geschieht (wie in der aus der Anlage ersichtlichen Publikation). Die Unterlassungsverpflichtung ist strafbewehrt.

Berlin, im Oktober 2009