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§§ 20 Abs. 4, 22 Abs. 1 FSA-Kodex Fachkreise – Bewirtung von Ärzten im Rahmen einer externen Fortbildungsveranstaltung

AZ.: 2013.10-363

Leitsätze

1. Ein „Arbeitsessen“ i.S.d. § 22 Abs.1 liegt vor, wenn die Bewirtung im Zusammenhang mit der Erörterung von Fachfragen oder gemeinsamen Projekten zwischen Unternehmensvertretern und einer begrenzten Anzahl von Angehörigen der Fachkreise erfolgt.

2. Im Rahmen einer externen Fortbildungsveranstaltung ist für Angehörige der Fachkreise eine Bewirtung (Buffet u. Getränke) durch das Unternehmen auch dann unzulässig, wenn diese einer großen Zahl von eingeladenen Teilnehmern (hier 800) im Anschluß an einen vom Unternehmen am Abend eines Veranstaltungstages organisierten Vortrag mit Bezug zum Fachgebiet der Teilnehmer angeboten wird.

Sachverhalt

Ipsen Pharma GmbH lud insgesamt 800 Ärztinnen und Ärzte, die am Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie („DGU“) teilnahmen, der vom 25. – 28.09.2013 in Dresden stattfand, zu einer Abendveranstaltung am 26.09.2013 ins „KRAFTWERK MITTE“ in Dresden ein. Alle über den Aussendienst des Unternehmens eingeladenen Ärzte erhielten einen Chip, der sie zum Einlass berechtigte. Der Einladung folgten nach Angaben des Unternehmens ca. 700 Ärzte. Die Veranstaltung begann um 19 Uhr mit einem ca. einstündigen Vortrag von Prof. Armin Pycha, Direktor der Urologischen Klinik am Zentralkrankenhaus in Bozen, zum Thema „Menschliches und Urologisches – Wissenschaftliche Erkenntnisse von Ötzi“. Prof. Pycha gehörte zu dem Ärzteteam, das wissenschaftlich-medizinische Untersuchungen an der Gletschermumie „Ötzi“ durchführte. Für diesen Vortrag standen lediglich Sitzplätze für ca. 300 Zuhörer zur Verfügung. Im Anschluss daran wurde um 20 Uhr unter dem Motto „Get together“ ein Gesellschaftsabend mit Musik aus Tonträgern eröffnet, bei dem den Teilnehmern ein Speisenbüffet und Getränke zur Verfügung standen. Nach den vom Unternehmen vorgelegten Unterlagen betrug die Getränkepauschale pro Teilnehmer 29 EUR, die Essenpauschale 19,50 EUR. Während des Gesllschaftsabends lief auf einem Bildschirm eine Image-Präsentation des Unternehmens. Am 26.09.2013 hatte das Unternehmen von 16.00 bis 17.30 bereits ein Satellitensymposion zum Thema „Prostata-Krebs“ veranstaltet.

Das Unternehmen rechtfertigt die Bewirtung der Teilnehmer damit, dass sie im Anschluss an eine von ihm organisierte und durchgeführte wissenschaftliche (Abend-)veranstaltung erfolgte. Der Referent habe als ausgewiesener Experte hinsichtlich der Untersuchung der Gletschermumie in seinem Vortrag auch Bezüge zum Fachgebiet Urologie hergestellt.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Ipsen hat gegen § 22 Abs. 1 FSA-Kodex Fachkreise verstoßen, weil sie Ärzte, die am 65. Kongress der DGU (25. – 28.09.2013) in Dresden teilnahmen, am 26.09.2013 im Rahmen eines „Get together“ um 20:00 Uhr im „KRAFTWERK MITTE“ in Dresden mit Speisen und Getränken bewirtet hat.

Nach § 22 Abs. 1 Fachkreise-Kodex ist eine Bewirtung von Angehörigen der Fachkreise nur im Rahmen von Arbeitsessen oder internen Fortbildungsveranstaltungen zulässig. Keine der beiden Voraussetzungen liegt hier vor. Ein „Arbeitsessen“ setzt voraus, dass die Bewirtung im Zusammenhang mit der Erörterung von Fachfragen und/oder des Standes von gemeinsamen Projekten zwischen Ärzten und Unternehmen erfolgt (Dieners, Handbuch Compliance im Gesundheitswesen, 3.A., Kap. 11 Rn. 319). Naturgemäß kann eine solche fachliche bzw. projektbezogene Erörterung nur in einem relativ kleinen Kreis von Teilnehmern unter Einschluß der Vertreter des Unternehmens stattfinden. Bei einer Bewirtung von ca. 700 Ärzten, die Teilnehmer einer – aus Sicht des Unternehmens – externen Fortbildungsveranstaltung sind, ist dies von vornherein ausgeschlossen.

Die Bewirtung fand auch nicht im Zusammenhang mit einer internen Fortbildungsveranstaltung (§ 20 Abs. 1 Fachkreise-Kodex) statt, etwa weil sie im Anschluss an einen vom Unternehmen organisierten Vortrag von Prof. Dr. Pycha über wissenschaftliche Untersuchungen an der Gletschermumie „Ötzi“ erfolgte. Von vornherein entfiele dieser Gesichtspunkt bereits für alle Nutznießer der Bewirtung, die nicht zuvor dem Vortrag beigewohnt hatten, also erst danach zum „Get together“ kamen. Aber auch die Ärzte, die Zuhörer des Vortrags waren, wurden nicht im Rahmen einer „internen“ Fortbildungsveranstatung des Unternehmens bewirtet. Sie waren und blieben Teilnehmer einer „externen“ Fortbildungsveranstaltung (§ 20 Abs. 4 Fachkreise-Kodex), nämlich des Jahreskongresses der DGU. In § 20 Abs. 4 ist keine dem § 20 Abs. 2 Satz 2 entsprechende Reglung vorgesehen. Im Rahmen von externen Fortbildungsveranstaltungen sollen nur solche Bewirtungen zulässig sein, die die Voraussetzungen eines „Arbeitsessens“ erfüllen (vgl. Dieners a.a.O., Kap. 11, Rnrn. 245, 323). Die an externen Fortbildungsveranstaltungen teilnehmenden Ärzte dürfen nur, wenn sie vom Unternehmen dazu eingeladen werden, die in § 20 Abs. 4 erwähnten Zuwendungen erhalten, zu denen eben nicht – mit Ausnahme eines im Übernachtungspreis enthaltenen Hotelfrühstücks – weitere Bewirtungen, etwa Abendmahlzeiten, gehören.

Die Systematik der Unterscheidung zwischen „internen“ und „externen“ Veranstaltungen in § 20 FSA-Kodex Fachkreise spricht gegen eine Vermutung, ein Unternehmen könne „aus Anlaß“ einer externen Fortbildungsveranstaltung eine „interne“ Veranstaltung für teilnehmende Ärzte durchführen, die deren Bewirtung rechtfertigen könnte. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob bei sog. Satellitensymposien von Unternehmen, die vielfach auch als „Lunch-Symposium“ (sic!) bezeichnet werden, von einer internen Fortbildungsveranstaltung ausgegangen werden kann. Zu einem Satellitensymposium zum Thema „Prostata-Krebs“ hatte das Unternehmen am 26.09.2013 (16.00 – 17.30 Uhr) aber bereits eingeladen. Im Gegensatz dazu fehlt bei der Einladung zur „Abendveranstaltung“ ins „KRAFTWERK MITTE“ auch der Zusammenhang mit einer berufsbezogenen Fortbildung. Der Vortrag von Prof. Dr. Pycha mag medizinisch-wissenschaftlichen Kriterien genügt haben, enthielt jedoch keine konkreten Bezüge zu aktuellen beruflich-fachlichen Fortbildungsthemen für die Ärzte.

Da die Bewirtung nach § 22 Abs. 1 Fachkreise-Kodex unzulässig war, kam es auf die Frage, ob die Höhe der pro Teilnehmer berechneten Beträge angemessen war, nicht mehr an. Die unzulässige Bewirtung ist zugleich eine unentgeltlich gewährte Vergünstigung (Geschenk) i.S.d. § 21 Abs. 2 FSA-Kodex Fachkreise und daher auch nach dieser Vorschrift unzulässig, weil sie nicht zu den dort benannten „besonderen Anlässen“ gewährt wurde.

Ergebnis

Ipsen Pharma GmbH hat sich mit Unterlassungserklärung vom 7. Januar 2014 verpflichtet, es zu unterlassen, Ärzten, die Teilnehmer einer von Dritten organsisierten und/oder durchgeführten Fortbildungsveranstaltung sind, nach Beendigung des wissenschflichen Programms eines Veranstaltungstages auf seine Kosten zu bewirten, wenn die Bewirtung nicht im Rahmen eines Arbeitsessens erfolgt. Im Falle von Zuwiderhandlungen hat Ipsen sich zur Zahlung eines Ordnungsgeldes von 15.000 EUR verpflichtet.

Ipsen hat eine Geldstrafe von 8.000 EUR zugunsten einer gemeinnützigen Vereinigung gezahlt.