§ 20 Abs. 5, Satz 3 FSA-Kodex Fachkreise – Finanzielle Unterstützung von berufsbezogenen wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen §§ 20 Abs. 4 Satz 2, 29 VerfO – Voraussetzungen einer wirksamen Unterlassungserklärung und deren Kündigung

AZ.: 2014.9-434 (1. Instanz)

Leitsätze

1. Die finanzielle Unterstützung einer Fortbildungsveranstaltung darf nur dann zugesagt werden, wenn das Unternehmen das Programm und den Veranstaltungsrahmen zuvor eingehend geprüft hat.

2. Wird die Anfrage des Veranstalters zur Unterstützung einer Fortbildungsveranstaltung vom Unternehmen abschlägig beantwortet, gleichwohl aber vom Veranstalter das Unternehmenslogo eigenmächtig verwendet (z.B. während der laufenden Verhandlungen), so ist dies dem Unternehmen in der Regel nicht zuzurechnen.

3. Bei wirksamer nachträglicher Kündigung des Unterwerfungsvertrags kommt die Rückzahlung einer bereits gezahlten Geldstrafe in der Regel nicht in Betracht.

Sachverhalt

Dem FSA ging ein Hinweis zu, dass eine Reihe von Mitgliedsfirmen und ein unterworfenes Unternehmen eine Veranstaltung in München im Indikationsgebiet der Urologie finanziell unterstützten, deren Programm überwiegend aus Unterhaltungsbestandteilen (Besuch des Oktoberfests u.ä.) bestünde. Dazu wurde dem FSA das Programm der Veranstaltung zur Verfügung gestellt, dessen Dateinamen mit dem Bestandteil „final“ gekennzeichnet war und das auf einer Seite vier Unternehmenslogos pharmazeutischer Firmen zeigte (Version 1).

Der Beanstandende vertrat die Auffassung, dass das Unterhaltungsprogramm klar im Vordergrund stünde und das der Tagungsort zur Zeit des Oktoberfestes als unangemessen zu bewerten sei. Er verweist insoweit auch darauf, dass das Oktoberfest im Mittelpunkt des Unterhaltungsprogramms stünde.

Die Anhörung ergab folgenden weiteren Sachverhalt:
Die Mitgliedsunternehmen konnten klarstellen, dass ihnen zwar eine Anfrage des Veranstalters zur Unterstützung vorgelegen, sie diese Anfrage jedoch abschlägig beantwortet hätten; die Verwendung ihrer Logos sei ohne ihre Zustimmung eigenmächtig durch den Veranstalter erfolgt.

Das unterworfene Unternehmen räumte den Verstoß ein und führte aus, dass ihm das Programm der Veranstaltung erst durch das Anhörungsschreiben der Schiedsstelle zur Kenntnis gelangt sei. Es räumte den Verstoß ein und beantwortete die Anhörung mit der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die nach Hinweis des Spruchkörpers auf §§ 20 Abs. 4 Satz 2, 29 VerfO mit einer Verpflichtung zur Zahlung einer reduzierten Verfahrensgebühr und einer Geldstrafe von 5.000 EUR zugunsten einer gemeinnützigen Vereinigung ergänzt wurde. Der FSA nahm die Unterlassungserklärung an, die Verfahrensgebühr und die Geldstrafe wurden entrichtet.

Parallel dazu trat die Schiedsstelle an den Veranstalter heran wegen der Logo-Verwendung ohne Zustimmung der betroffenen Unternehmen und erhielt daraufhin eine weitere Version des Programms, deren Dateinamen ebenfalls mit dem Bestandteil „final“ gekennzeichnet war, bei der aber die Seite mit den vier Unternehmenslogos fehlte (Version 2). Dazu führte der Vertreter des Veranstalters aus, Version 1 sei lediglich ein internes vorläufiges Dokument gewesen, aber nirgendwo veröffentlicht worden. Aus der Gesamtheit der vorgelegten Informationen ergab sich für die Schiedsstelle allerdings der Eindruck, dass Version 1 vom Veranstalter noch drei Wochen vor Veranstaltungsbeginn zur Akquisition von Sponsoren benutzt wurde. Ob Version 1 oder Version 2 den teilnehmenden Ärzten tatsächlich zur Verfügung stand ließ sich nicht ermitteln, zumal der Veranstalter seine Webseite durch Zugangsbeschränkungen sperrte.

Etwa acht Wochen nach Abgabe der Unterlassungserklärung kündigte das Mitgliedsunternehmen, zu dessen Konzern das unterworfene Unternehmen gehört, dem FSA an, das jenes den durch die Abgabe der Unterlassungserklärung und die Annahme durch den FSA zustande gekommenen Unterwerfungsvertrag beenden werde. Der wichtige Grund, der zur Kündigung berechtige, sei darin zu sehen, dass man nunmehr – entgegen der bisherigen Annahme – zu der Überzeugung gelangt sei, dass es bei der in Rede stehenden Veranstaltung überhaupt nicht zu einem Sponsoring gekommen sei, weil der Firmenname nicht genannt worden sei. Dies entspräche der Aussage eines Mitarbeiters des Veranstalters und der Tatsache, dass das dem FSA zuletzt als „final“ übersandte Programm (Version 2) keine Firmen als Sponsoren erwähne. Auch die Sponsoringsumme sei nie in Rechnung gestellt oder gar bezahlt worden. Daraufhin kündigte das unterworfene Unternehmen den Unterwerfungsvertrag gegenüber dem FSA und beantragte die Einstellung des Verfahrens. Auf die Rückzahlung der Verfahrensgebühr und der Geldstrafe wurde ausdrücklich verzichtet.

Im Anschluss daran wurde der Sponsoringvertrag zwischen den Unternehmen und dem Veranstalter rückwirkend aufgehoben und dies dem FSA angezeigt.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Soweit die Mitgliedsunternehmen darlegen konnten, dass die Veranstaltung von ihnen nicht finanziell unterstützt wurde, waren die Verfahren im November 2014 einzustellen.

Das unterworfene Unternehmen konnte darlegen, dass es den mit dem Veranstalter ursprünglich vereinbarten Sponsoringvertrag aufgehoben und keine finanzielle Unterstützung geleistet hatte. Welche Programmversionen vom Veranstalter gegenüber den teilnehmenden Ärzten tatsächlich verwandt wurden, ließ sich nicht feststellen. Daher war insoweit zugunsten des Unternehmens davon auszugehen, dass vom Veranstalter kein Sponsoringhinweis publiziert wurde. Auch dieses Verfahren wurde im Dezember 2014 eingestellt.

Auf die Rückzahlung der Geldstrafe hatte das Unternehmen ausdrücklich verzichtet, so dass darüber keine Entscheidung zu treffen war.

Der Vorgang gibt der Schiedsstelle Anlass zu folgenden Hinweisen:

  • Die Zusage des Unternehmens, eine Veranstaltung finanziell unterstützen zu wollen, setzt voraus, dass das Unternehmen das Programm und den Veranstaltungsrahmen (Ort, Zeitpunkt usw.) im Hinblick auf § 20 FSA-Kodex Fachkreise zuvor eingehend geprüft hat. Dazu ist es ggf. erforderlich, diese Informationen vom Veranstalter aktiv anzufordern.
  • Wird der Verstoß gegen den FSA-Kodex bereits auf das Anhörungsschreiben der Schiedsstelle eingeräumt und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, muss diese die Verpflichtung enthalten, die Verfahrensgebühr und eine angemessene, von der Schiedsstelle festzusetzende, Geldstrafe zu zahlen (§§ 20 Abs. 4 Satz 2, 29 VerfO).
  • Nachträglich bekannt werdende Tatsachen können eine Kündigung des Unterwerfungsvertrags, der durch die vom FSA angenommene Unterlassungserklärung begründet wird, rechtfertigen. Dem geht allerdings die Verpflichtung des Unternehmens voraus, die Tatsachen, die den behaupteten Verstoß begründen, vor Abgabe der Unterlassungserklärung angemessen aufzuklären.
  • Wird der Unterwerfungsvertrag nachträglich wirksam gekündigt, dürfte eine Rückzahlung der Geldstrafe in der Regel nicht in Betracht kommen. Die VerfO des FSA sieht keine Rückzahlung vor; vertrags- oder bereicherungsrechtliche Anspruchsgundlagen dürften nicht bestehen.

Berlin, im Dezember 2014