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§§ 20 Abs. 3 bis 6 FSA Kodex Fachkreise Externe Fortbildungsveranstaltungen: Angemessenheit des Sponsoring, Sponsoring in Bezug auf konkrete, monothematische Referate, Zulässigkeit der Tagungsstätte

AZ.: 2015.4-470-75

Leitsätze

1. Die Höhe des Sponsorings ist bei der Betrachtung der Angemessenheit der finanziellen Unterstützung einer externen Fortbildungsveranstaltung grundsätzlich mit zu bewerten.

2. Den Unternehmen ist es zuzumuten, sich im Falle von Zweifeln an der Angemessenheit einen Überblick über die Gesamthöhe der von Veranstalter eingeworbenen Sponsoring-Summen zu verschaffen, wenn dies von Bedeutung für die Zulässigkeit sein kann und ohne allzu große Schwierigkeiten möglich ist.

3. Das Sponsoring mono-thematischer Vorträge gegenüber einem gewerblich geführten Fortbildungsveranstalter widerspricht § 20 Abs. 6 FSA-Kodex Fachkreise nicht.

4. Eine entsprechende Anwendung von § 20 Abs. 3 FSA-Kodex auf externe Fortbildungsveranstaltungen kann im Einzelfall in Betracht kommen, insbesondere wenn Renommee, Ausstattung, Ruf und Ausstrahlung der Tagungsstätte erfahrungsgemäß einen besonderen Reiz auf die Teilnehmer der Veranstaltung ausüben können.

Sachverhalt

Dem Spruchkörper ging eine Beanstandung von dritter Seite zu, die Mitgliedsunternehmen Berlin-Chemie AG, Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, Lilly Deutschland GmbH, Sanol GmbH und Steigerwald Arzneimittelwerk GmbH hätten eine Veranstaltung des „Fortbildungskollegs Praxisdepesche“ gesponsert, die im Jahre 2015 in im Brenners Parkhotel in Baden-Baden stattfand, und dabei gegen die Regelungen des FSA-Kodex Fachkreise verstoßen. Im Einzelnen vertrat der Beanstandende die Meinung, dass –

• § 20 Abs. 4 Satz 3 verletzt sei, da ein ausgewiesenes Fünf-Sterne-Hotel nicht angemessen wäre;

• § 20 Abs. 5 verletzt sei, da die Finanzierung einer eintägigen Fortbildungsveranstaltung für Hausärzte mit insgesamt knapp 50.000 Euro nicht angemessen wäre;

• § 20 Abs. 6 verletzt sei, da jeweils ein Pharma-Unternehmen einen Vortrag bezahlt habe, so dass es acht verordnungsrelevante Vorträge von acht Pharma-Unternehmen gäbe. Nach Auffassung des Beanstandenden ist gem. HMG/(M)BO ein direktes Sponsoring eines Vortrages zu einem dann monothematischen Vortrag nicht zulässig.

Die Unternehmen haben dazu ausgeführt, dass sie in der Tat jeweils einen Veranstaltungsteil mit Beträgen von ca. 6.000 EUR gesponsert hätten; dies sei im Programm offen gelegt worden. Dafür hätten sie u.a. die Nennung als Sponsor, die Möglichkeit zu einem Ausstellungsstand auf der angegliederten Industrieausstellung und 100 Einladungen zur Verteilung an Ärzte ihrer Wahl als Gegenleistung erhalten. Die Angemessenheit der Höhe ihres Sponsorings beurteile sich an den Leistungen des Veranstalters, der Anzahl der Teilnehmer, der fachlichen Betreuung, der Dauer der Veranstaltung und der zeitlichen Möglichkeit der Kontaktaufnahme am Informationsstand. Die Höhe des Sponsorings habe sich im Übrigen aus der Preisliste des Veranstalters ergeben. Der Sponsor hätte auf die Höhe lediglich Einfluss durch die von ihm gebuchte Anzahl von Veranstaltungen gehabt. Die Preisgestaltung sei im Übrigen mit der eines sonstigen Ärztekongresses vergleichbar.

Die Unternehmen hätten sich im Übrigen auf die Garantie des Veranstalters verlassen, die Kodex-Regelungen einzuhalten; der Veranstalter habe bereits eine Vielzahl von Veranstaltungen durchgeführt und verfüge insofern über große Erfahrung.

Die mit dem Veranstalter geschlossenen Verträge und die zugrundeliegenden Angebote aus dem Jahr 2014, soweit sie der Schiedsstelle vorgelegt wurden, ergaben, dass die Unternehmen jeweils eine ganze Reihe von vergleichbaren Veranstaltungen dieses Anbieters gesponsert hatten, die zu umfangreichen Gesamtzahlungen an den Veranstalter führten; dabei wurden vom Veranstalter Rabatte pro Einzelveranstaltung gewährt. Im Einzelfall überstiegen diese Zahlungen einen Betrag von 300.000 EUR.

Die Unternehmen vertraten die Meinung, die Beträge seien in Anbetracht der Gegenleistung des Veranstalters, nämlich während der Veranstaltung einen Ausstellungsstand von 6 qm zu betreiben, der Nennung als Sponsor, der themenbezogenen Exklusivität und der Zahl der Teilnehmer angemessen.

Alle Unternehmen tragen vor, das Angebot des Veranstalters, ihm Vorschläge für Einzelthemen und Referenten zu machen, angenommen zu haben. Von einigen Unternehmen wurde ein Referent, von anderen bis zu zehn Referenten vorgeschlagen. In Einzelfällen haben diese Referenten auch direkt und auf der Basis anderer Vereinbarungen Leistungen für die Unternehmen erbracht. Soweit dies der Schiedsstelle im Einzelnen offen gelegt wurde, war der Umfang dieser Leistungen aber auf wenige Anlässe beschränkt. Der Veranstalter hat überwiegend jeweils einen Referenten ausgewählt, der einem Vorschlag des sponsernden Unternehmens entsprach.

Die weiteren Ermittlungen der Schiedsstelle in den sechs Verfahren ergaben, dass das Fortbildungskolleg in Baden-Baden Teil einer Serie von mehr als 60 „Praxis-Depesche“-Veranstaltungen gewesen ist, die an zahlreichen Orten im gesamten Bundesgebiet geplant und (damals noch ohne Tagesordnung ) vom Veranstalter ab dem Frühsommer 2014 potentiellen Sponsoren angeboten wurde; in einer Ankündigung des Veranstalters vom Mai 2014 wird bereits Brenners Parkhotel in Baden-Baden als geplante Veranstaltungsstätte für die hier relevante Veranstaltung genannt.

Die Veranstaltung in Baden-Baden soll von ca. 110 Teilnehmern besucht worden sein. Die Sponsorensummen, die der Veranstalter dafür eingeworben hat, belaufen sich lt. Programm auf 49.500 EUR (netto). Dem stehen Kosten, die ihm vom Hotel berechnet werden, in Höhe von mehr als 16.000 EUR gegenüber. Hinzukommen nicht bezifferte Kosten für allgemeine Organisation, Marketing, Overheads usw.

In einem Folder des Veranstalters vom Juni 2014 wird unter der Überschrift „Ihre Vorteile als Sponsor“ u.a. ausgeführt, „Sie bestimmen Ihr Thema exklusiv pro Veranstaltung und legen Ihren Referenten fest, wir helfen gerne bei der Referentenauswahl und -ansprache/Konkurrenz-auschluss für Ihr Thema je Veranstaltung/Garantierte Teilnehmerzahl/Imagegewinn durch Sponsoring einer unabhängigen Veranstaltung/…/Nachbearbeitung: Sie erhalten eine Teilnehmerliste … zur Lead-Generierung“.

(In einer weiteren Programm-Version vom März 2015, die der Veranstalter der Schiedsstelle zur Verfügung gestellt hat, sind die oben zitierten Texte z.T. redigiert worden oder ganz entfallen.)

Pro Tag seien, so der Folder vom Juni 2014, max. 9 Referate möglich. Deren Themen würden mit dem Sponsor abgestimmt. Fänden sich weniger als drei Sponsoren, würde sich der Veranstalter die Stornierung der Veranstaltung vorbehalten.

Die Tagesordnung der Veranstaltung führte neun Vorträge auf, von denen acht gesponsert wurden. Jeder Referent der gesponserten Vorträge musste, so der Veranstalter, vor dem Termin eine sog. „Konformitätserklärung“ abgeben; dies halte der Veranstalter nach. Die Referenten versicherten darin, dass die relevanten Berufs- und Fortbildungsordnungen und die Fortbildungsempfehlungen der BÄK eingehalten, die Vorträge ausgewogen und frei von Produktwerbung sind sowie den ethischen Grundsätzen der WHO-Deklaration entsprechen. Kopien derartiger Erklärungen hatte der Veranstalter der Schiedsstelle von allen acht Referenten vorgelegt, die an der o.g. Veranstaltung zu verordnungs-relevanten Themen vorgetragen haben.

Unter der Überschrift „Wir garantieren Qualität“ heißt es schließlich (u.a.): „Jede Indikation ist pro Ver-anstaltung exklusiv. Wir garantieren Konkurrenzausschluss“.

Im Rahmen des „Konkurrenzausschlusses“ wird den Unternehmen zugesichert, jeweils der einzige Sponsor der Veranstaltung zu sein, der dort als Hersteller im gesponserten Therapiegebiet vertreten ist. Diese therapiebezogene Exklusivität, so ein Sponsor, erhöhe den Wert des werblichen Auftritts, insbes. des Interesses am Informationsstand. Ein derartiges Exklusivitätssponsoring, so ein anderer Sponsor, entspräche dem allgemeinen Industriestandard.

Darüber hinaus stellte der Veranstalter den Sponsoren jeweils 100 Einladungen zur freien Verteilung an Ärzte ihrer Wahl unentgeltlich zur Verfügung. Mit diesen Einladungen, so der Veranstalter, könnten Ärzte auf wissenschaftlich wertvolle, neutrale Veranstaltungen, die entsprechend zertifiziert seien, hingewiesen werden.

In den Einladungsschreiben wird ausgeführt, dass jedem Referent ca. 30 Min. Redezeit und weitere 15 Min. für die Diskussion zur Verfügung stehen.

Die Angemessenheit der Sponsorenbeträge wurde vom Veranstalter u.a. damit begründet, dass die Überschüsse aus manchen Veranstaltungen verwendet werden, um die Unterfinanzierung anderer auszugleichen. Bei einer Gesamtbetrachtung aller von ihm organisierten Veranstaltungen würde kein besonders hoher Überschuss erwirtschaftet; er hat der Schiedsstelle insoweit, wenn auch sehr begrenzt, Einblick in seinen Jahresabschluss gewährt, der diese Aussage zu bestätigen scheint; eine eingehende Prüfung des Abschlusses konnte von der Schiedsstelle nicht vorgenommen werden.

Wie der Veranstalter der Schiedsstelle im Übrigen mitteilte, hat die LÄK Baden-Württemberg auf der Grundlage des Programms die Veranstaltung zertifiziert.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Zur Angemessenheit der Höhe des Sponsorings:

Gem. § 20 Abs. 5 Satz 1 FSA-Kodex Fachkreise ist die finanzielle Unterstützung von externen Fortbildungsveranstaltungen gegenüber den Veranstaltern in einem angemessenen Umfang zulässig. Daraus folgt, dass die Höhe des Sponsorings bei der Betrachtung der Zulässigkeit grundsätzlich mit zu bewerten ist. Unterstützt das Unternehmen nur einen Teil der Veranstaltung, muss sich diese Unterstützung am Gesamtrahmen der Veranstaltung orientieren. Andernfalls besteht die Gefahr, zumindest aber der Eindruck, dass durch ein besonders großzügiges Sponsoring Einfluss auf die Unabhängigkeit des Veranstalters und die referierten Inhalte genommen werden könnte.

Weiter war festzustellen, dass die Gesamthöhe der Sponsoring-Zahlungen für die Unternehmen ohne weiteres erkennbar war. Sie kannten die Preisliste des Veranstalters und die Zahl der avisierten Referate, so dass die ungefähre Höhe klar sein musste. Im Übrigen war es den Unternehmen durchaus zuzumuten, sich im Falle von Zweifeln einen Überblick über die Gesamthöhe zu verschaffen, wenn dies, wie hier, von Bedeutung für die Zulässigkeit sein kann und ohne allzu große Schwierigkeiten möglich ist. Die Unternehmen konnten im Übrigen auch vom Veranstalter weitere Aufklärung über die Zahl der Sponsoren verlangen oder dies ggf. bei der vertraglichen Veranstaltung berücksichtigen.

Die Schiedsstelle teilte die Bedenken des Beanstandenden, dass eine Unterstützung von ca. 6.000 EUR, die sich auf einen Vortrag im Umfang von ca. 30 Min. Redezeit und 15 Min. für die Diskussion bezieht, auch dann nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist, wenn die Exklusivität im Ausstellungsbereich und die 100 Einladungen berücksichtigt werden. Allerdings wurde die Unterstützung vom Veranstalter einseitig aufgrund einer Kalkulation festgesetzt, die im Einzelnen nicht zugänglich ist; es handelte sich insoweit gewissermaßen um das „Eintrittsgeld“, das der Veranstalter vorgab und das der Sponsor im Wesentlichen akzeptieren musste.

Nachdem die Unternehmen Termine zu weiteren gleichartigen Veranstaltungen zu Gesamtkosten „gebucht“ hatten, die um ein Vielfaches höher lagen, war für die Schiedsstelle aber offensichtlich, dass der damit verbundene Marketingnutzen von den Unternehmen so erheblich eingeschätzt wurde, dass er aus ihrer Sicht Ausgaben in dieser Höhe rechtfertigte.

Diese Gesamtumstände ließen es die Schiedsstelle daher auch als überwiegend wahrscheinlich erscheinen, dass der potentielle Einfluss des Unternehmens auf die Auswahl des Themas und desReferenten substantiell ist und zwar unabhängig davon, ob dies vertraglich bindend vereinbart wurde und ob er tatsächlich ausgeübt wurde.

Es erschien der Schiedsstelle im Übrigen als weltfremd anzunehmen, dass Unternehmen dem Veranstalter Summen in dieser Größenordnung zur Verfügung stellten, wenn sie Gefahr liefen, damit einen Vortrag zu unterstützen, der die – aus Sicht des Unternehmens – aktuell relevanten Fragestellungen des „gebuchten“ Themas missachten oder in einer Weise abhandeln würde, die aus Sicht des Unternehmens als kontraproduktiv hätte bewertet werden müssen; diese Gefahr wurde durch die Abstimmung zwischen Veranstalter und Unternehmen minimiert. Die im Programmfolder vom Juni 2014 enthaltenen Formulierungen stützten diese Bewertung.

Ob die relevanten Präparate des Unternehmens in den Vorträgen besonders hervorgehoben wurden, war aus Sicht der Schiedsstelle nicht entscheidend, sondern vielmehr der Umstand, dass aufgrund der o.g. Umstände ein substantieller potentieller Einfluss des Unternehmens unterstellt werden musste, der mit der Erwartung an eine „unabhängige Veranstaltung“ kaum vereinbar war. Dies galt erst recht, da davon auszugehen war, dass der Referent zum jeweiligen Thema nicht nur einmal in Baden-Baden, sondern auf einer Vielzahl vergleichbarer Veranstaltungen auftrat und damit sein Honorar um ein Vielfaches erhöhen konnte; dies konnte einen zusätzlichen Anreiz entstehen lassen, sein Referat „passend“ zu verfassen.

Die Angemessenheit des Preises einzuschätzen, war auf der Grundlage der o.g. Informationen und Schlussfolgerungen für die Schiedsstelle dennoch schwer. Hätte von einer Teilnehmerzahl von ca. 110 Ärzten ausgegangen werden müssen, wovon ca. 1/9 der Ärzte aufgrund der von einem Unternehmen verteilten Einladungen teilnahmen, so wäre die Teilnahme pro Arzt jeweils mit ca. 250 EUR unterstützt worden. Dies dürfte aus Sicht eines Unternehmens noch nachvollziehbar sein.

Aus der Einlassung des Veranstalters gegenüber der Schiedsstelle war im Übrigen zu schließen, dass die Höhe der Gesamteinnahmen über alle Veranstaltungen dieser Art nicht zu außer-gewöhnlichen hohen Gewinnspannen führt; dies wäre aber in Anbetracht der Gesamthöhe der Sponsoren-Zahlungen und die demgegenüber stehenden Kosten zu vermuten gewesen. Ob dies nun letztlich darauf zurückzuführen war, dass ein Teil der Veranstaltungen unterfinanziert war und deshalb durch die Überschüsse aus Veranstaltungen mit hohem Sponsorenaufkommen subventioniert werden mussten – wie dies vorgetragen wurde – oder ob die Kalkulation des Veranstalters sonstige Kosten enthielt, die eine derartige Preisfestsetzung erfordern, war für die Schiedsstelle nicht erkennbar.

Trotz der Bedenken gegen die beschriebene Praxis sah sich die Schiedsstelle daher außer Stande, den Sachverhalt in einer für die Entscheidung notwendigen Weise weiter aufzuklären; sie war daher gezwungen, das Beanstandungsverfahren insoweit gem. § 11 Abs. 1 VerfO einzustellen.

Zum Sponsoring eines monothematischen Vortrags

Der Beanstandende vertrat die Auffassung, § 20 Abs. 6 FSA-Kodex Fachkreise sei deshalb verletzt, weil jeweils ein Pharma-Unternehmen einen monothematischen Vortrag „bezahlt“, d.h. gesponsert habe. Nach seiner Auffassung sei laut HMG/(M)BO ein direktes Sponsoring EINES Vortrages zu einem dann monothematischen Vortrag nicht zulässig.

§ 20 Abs. 6 FSA-Kodex Fachkreise legt fest, dass Art, Inhalt und Präsentation der Fortbildungsveranstaltung, die von einem ärztlichen Veranstalter durchgeführt wird, allein von dem ärztlichen Veranstalter bestimmt werden müssen. Veranstalter ist „Das Fortbildungskolleg“, eine GmbH, deren Geschäftsgegenstand die Durchführung von medizinischen Fortbildungsveranstaltungen ist. Es handelt sich dabei um ein gewerblich geführtes Dienstleistungsunternehmen, nicht um einen ärztlichen Veranstalter. Schon deshalb dürfte die Veranstaltung dieser Norm des FSA-Kodex Fachkreise nicht unterfallen.

Aber selbst wenn die Schiedsstelle die Anwendbarkeit, ggf. in entsprechender Weise bejahen wollte, fehlt es an der mangelhaften Bestimmung von Art, Inhalt und Präsentation. Der Veranstalter formuliert zwar in seinem Folder vom Juni 2014 „Sie bestimmen Ihr Thema exklusiv pro Veranstaltung und legen Ihren Referenten fest…“, nach dem übereinstimmenden Vortrag aller Beteiligten und den vorgelegten Sponsoring-Vereinbarungen weicht die konkrete Abwicklung davon jedoch in maßgeblicher Weise ab: Der Veranstalter verantwortet das Format und die organisatorische Abwicklung der Veranstaltung und legt den Inhalt, ggf. nach Abstimmung oder Beratung mit seinen Kunden, den Sponsoren, fest. Die Endentscheidung liegt allerdings beim Veranstalter, auch wenn er den Sponsor in seinen Entscheidungsprozess mit einbeziehen sollte. Die bloße Teilnahme, wenn sie denn im Einzelfall stattfände, widerspricht § 20 Abs. 6 FSA-Kodex Fachkreise nicht.

Für eine Verletzung der §§ 30, 33 oder anderer Vorgaben der ärztlichen Berufsordnung kann die Schiedsstelle mangels substantiiertem Vortrag des Beanstandenden keine Grundlage erkennen. Dies scheint auch der Auffassung der LÄK zu entsprechen, die die Veranstaltung zertifiziert hat.

Zur Angemessenheit der Tagungsstätte (§ 20 Abs. 3, 4 FSA-Kodex Fachkreise)

Gem. § 20 Abs. 3 FSA-Kodex legt für sog. „interne Fortbildungsveranstaltungen“ i.S.v. § 20 Abs. 1 FSA-Kodex fest, dass Tagungsstätten vermieden werden sollen, die für ihren Unterhaltungswert bekannt sind oder als extravagant gelten. Ob eine entsprechende Anwendung dieser Norm auf externe Fortbildungsveranstaltungen im Einzelfall in Betracht kommen kann, hatte die Schiedsstelle bisher nicht entschieden.

Die aktuelle Regelung in § 20 Abs. 5 FSA-Kodex, die keine derartige Beschränkung für externe Veranstaltungen formuliert, ist Ausdruck der Wertsetzung aus den Anfangsjahren des Kodex; sie ist in dieser Form unverändert mindestens seit dem Jahr 2008 im Kodex Fachkreise enthalten.

Die seit Jahren rege verbandsinterne Diskussion dieser Regelung hat inzwischen allerdings dazu geführt, dass die Mitgliedsunternehmen in der Mitgliederversammlung vom November 2016 beschlossen haben, dass ab dem 1.1.2018 „bei der finanziellen Unterstützung von externen Fortbildungsveranstal-tungen für die Auswahl des Tagungsortes, der Tagungsstätte, der Bewirtung sowie für Unterhaltungs-programme die Vorgaben von Absatz 3 für interne Fortbildungsveranstaltungen entsprechend“ gelten sollen. Daraus folgt, dass die Mitgliedsunternehmen – zumindest seit Ende 2016 – eine derartige ausdrückliche Gleichstellung für die Zukunft anstreben.

Die Schiedsstelle sah im konkreten Fall Veranlassung, die Anwendung von § 20 Abs. 3 FSA-Kodex auf externe Fortbildungsveranstaltungen in entsprechender Weise auch für die Zeit vor dem 1.1.2018 zu prüfen; sie hat dies für den konkreten Fall bejaht.

Diese Beurteilung der Schiedsstelle folgte zunächst aus der Regelung von Art. 10.01 des EFPIA HCP Code („ … all (…) events (…) organised or sponsored by or on behalf of a company must be held in an “appropriate” venue that is conducive to the main purpose of the event and may only offer hospital-ity when such hospitality is appropriate and otherwise complies with the provisions of any Applicable Code(s).”). In gleicher Weise formuliert bereits der EFPIA Code of Practice in der Fassung von 2004 in Art. 9 „All (…) meetings, congresses, conferences, symposia, and other similar events (…) orga-nized or sponsored by a company must be held in an appropriate venue (…)”. Im europäischen Code war also eine Differenzierung zwischen “internen” und “externen” Fortbildungsveranstaltungen, zumindest seit dem Jahr 2004, nicht vorgenommen worden.

Diese Regelungen des EFPIA Code, obwohl dort als „minimum standard“ bezeichnet, waren insoweit durch den FSA-Kodex Fachkreise, der im Jahr 2004 in Kraft trat, wohl infolge eines redaktionellen Versehens nicht vollständig umgesetzt worden. Die Regelung aus dem EFPIA Code hatte jedoch alle Unternehmen, die im europäischen Verband direkt oder indirekt Mitglied sind, gebunden, in der Folge auch die mit ihnen verbundenen Gesellschaften in Deutschland, die wiederum im FSA organisiert sind (SCOPE: The EFPIA HCP Code is applicable to EFPIA member companies, their subsidiaries, and any companies affiliated with EFPIA member companies or their subsidiaries). Dies gilt auch für die in den vorliegenden Verfahren betroffenen Unternehmen, die mit dieser Regelung vertraut sein mussten.

Der FSA-Kodex legt andererseits in § 4 fest, dass nicht nur der Wortlaut der einzelnen Vorschriften, sondern auch die Vorgaben zu beachten sind, dass die Unternehmen sich jederzeit an hohen ethischen Standards messen lassen müssen; dass ihr Verhalten die pharmazeutische Industrie nicht in Misskredit bringen, das Vertrauen in sie reduzieren oder anstößig sein darf. Es ist offensichtlich, dass der im EFPIA Code festgelegte Mindeststandard nicht über die „hohen ethischen Standards“ hinausgeht, auf die im FSA-Kodex Bezug genommen wird. Daraus folgte jedoch für den hier vorliegenden Sachverhalt, dass ein unterschiedlicher Maßstab für die Zulässigkeit von Tagungsstätten, einmal für interne Veranstaltungen, dann externe Fortbildungsveranstaltungen, weder mit den Vorgaben aus dem EFPIA Code noch mit Art. 4 FSA-Kodex Fachkreise im Einklang steht.

Daher war die Auswahl der vorliegenden Tagungsstätte an den Beschränkungen des § 20 Abs. 3 FSA-Kodex zu messen. Ob das Hotel diesen Rahmen überschreitet, bedurfte allerdings der Prüfung.

Das Brenners war nach Auffassung der Schiedsstelle für seinen Unterhaltungswert bekannt und musste als extravagant i.S.d. FSA-Kodex Fachkreise gelten. Dabei kam dem umfangreichen SPA-Angebot, wie es dieses Haus bietet, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Vielmehr waren es Renommee, Ausstattung, Ruf und Ausstrahlung des Hauses, die weit überregional bekannt sind und erfahrungsgemäß auch dann auf potentielle Teilnehmer einen besonderen Reiz ausüben können, wenn der Aufenthalt kurz und die Möglichkeit zum Nutzen der verschiedenen Service-Angebote gering ist. Insoweit vergleichbar sind Häuser wie das Adlon in Berlin, das Savoy und das Lanesborough in London, das Raffles in Singapur, aber auch das Brenners in Baden-Baden. Nur beispielhaft verweist die Schiedsstelle insoweit auf die Berichterstattung in der FAZ vom 12.11.2015, S. R2, und vom 20.12.2015, S. 69, in der das Haus mit Hotels wie dem Savoy in London, dem Peninsula in Hongkong, dem Oriental in Bangkok (u.a.) gleichgestellt und dazu ausgeführt wird: „In all diesen Häusern logierten Könige und Präsidenten, Stars und ganz normale Millionäre.“ Dass das Brenners einen in dieser Weise außergewöhnlichen Status beansprucht, belegte auch die gleichartige Eigendarstellung des Hotels auf seiner Webseite. All dies entsprach nicht dem Rahmen des § 20 Abs. 3 FSA-Kodex Fach-kreise.

Die Beanstandung war insoweit also berechtigt. Allerdings kam eine Geldstrafe gemäß §§ 22 Abs. 2 Satz 2, § 24 Abs. 3 Satz 1 VerfO mangels Verschulden nicht in Betracht. Die Rechtslage war insoweit, wie die Beschlusslage auf der o.g. Mitgliederversammlung belegt, im Jahre 2015 ungeklärt, da der Wortlaut des Kodex die Beschränkung des § 20 Abs. 3 ausdrücklich nur für interne Fortbildungsveranstaltungen formuliert und die Ausdehnung auf externe Veranstaltungen Gegenstand einer umfangreichen verbandsinternen Diskussion gewesen ist. Die Verhaltensweise des Unternehmens muss daher unter dem Gesichtspunkt des Verbotsirrtums bewertet werden, so dass das Verschulden zu verneinen war (vgl. FS II 1/14/2013.2-346; FS II 2/14/2013.2-349; FS II 3/14/2013.2-352 (2. Instanz).

Die Beanstandung war somit teilweise begründet. Die Unternehmen wurden gemäß § 20 Abs. 4 der FSA-Verfahrensordnung abgemahnt, das beanstandete Verhalten hinsichtlich der hier betroffenen Tagungsstätte künftig zu unterlassen. Alle Unternehmen haben die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben.

Nachdem der Beanstandende von seinem Einspruchsrecht keinen Gebrauch machte, war das Verfahren damit abgeschlossen.

Berlin, im September 2017