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§ 20 Abs. 4, 5 FSA-Kodex Fachkreise – Umfangreiche Unterstützung einer externen Fortbildungsveranstaltung; exklusiv eingeräumte Werbemöglichkeiten für den Sponsor

AZ.: 2017.11-529

Leitsätze

  1. Werden Form und Inhalt einer externen Fortbildungsveranstaltung von einem gewerblichen Veranstalter festgelegt und die Finanzierung zu einem wesentlichen Teil durch Teilnehmergebühren sichergestellt, kann im Regelfall auch dann nicht von einer getarnten Eigenveranstaltung eines Unternehmens ausgegangen werden, wenn es die Veranstaltung mit einem hohen Betrag finanziell unterstützt.
  2. Räumt der Veranstalter einem Sponsor exklusive Werbemöglichkeiten auf einer externen Fortbildungsveranstaltung ein, widerspricht dies dem Kodex Fachkreise in seiner aktuellen Fassung auch dann nicht, wenn damit andere Markteilnehmer von einer vergleichbaren Präsenz auf der Veranstaltung ausgeschlossen sind.

1. Sachverhalt

Dem FSA ging eine anonyme Beanstandung zu, mit der behauptet wurde, ein Mitgliedsunternehmen fördere eine Fortbildungsveranstaltung eines gewerblichen Anbieters im Bereich des Indikationsgebiets Rheuma als „Premiumsponsor“. Der Beanstandende führte aus, es handele sich dabei tatsächlich um eine Veranstaltung des Unternehmens, die lediglich als Sponsoring getarnt sei; dem Veranstalter sei die Summe von 240.000 EUR zur Verfügung gestellt worden. Der Beanstandende sah darin einen Kodex-Verstoß.

Im Rahmen der Anhörung wurde durch Beschluss des Vorstands auch die Zulässigkeit der Tagungsstätte, das Kurhaus in Wiesbaden, zum Gegenstand einer weiteren Beanstandung gemacht.

Das Unternehmen legte dar, die Veranstaltung würde von ihm seit 2006 gesponsert. Art, Inhalt und Tagungsstätte seien bei der Veranstaltung im Wesentlichen unverändert; dies gelte auch für die wissenschaftlichen Leiter und die Referenten. Der genannte Betrag sei zutreffend. Die Unterstützung beziehe sich auf das Vorabendsymposium am Donnerstagabend und die Vortragsveranstaltung an den beiden Folgetagen.

Im Gegenzug erhielt das Unternehmen eine Reihe von Gegenleistungen, u.a. zwei Informationsstände à 12 qm, 30 Freikarten für seine Mitarbeiter, vielfältige Nennung als Sponsor, sowohl vor als auch nach der Veranstaltung (z.B. in Newslettern), Teilnahme am Vorabend-Arbeitsessen mit den Referenten und an der Nachbesprechung zur Entwicklung des nächstjährigen Programms usw. Neben dem Unternehmen war kein anderer Hersteller von Arzneimitteln als Industriesponsor tätig; nur das Mitgliedsunternehmen war berechtigt, Stände zu unterhalten.

Programmgestaltung, Auswahl der Referenten und Gestaltung der Referate seien, so das Unternehmen, unbeeinflusst; dies sei ausschließlich Sache des Veranstalters und der wissenschaftlichen Leitung. Das Unternehmen würde keine Ärzte zur Veranstaltung einladen, auch nicht zu Bewirtungen nach der Veranstaltung; die Abendgestaltung sei, ebenso wie die Anreise und die Unterbringung in Wiesbaden, ausschließlich Sache der Teilnehmer. Diese würden zur Veranstaltung auch eine Anmeldegebühr an den Veranstalter zahlen, die zwischen 350 und 640 EUR liege. Dafür erhielten die Teilnehmer im Übrigen eine sehr umfangreiche, wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Dokumentation (ca. 600 Seiten) und Zugang zu den Vortragsfolien.

Die Veranstaltung sei bei den Rheumatogen langjährig etabliert, wegen ihres hohen fachlichen Niveaus anerkannt und stark besucht; im Vorjahr hätten über 750 Teilnehmer, d.h. ca. 75% aller in Deutschland tätigen Rheumatogen die Veranstaltung besucht.

Zur Tagungsstätte trug das Unternehmen vor, dass diese Kodex-konform sei; sie entspräche auch der langjährigen Tradition der Veranstaltung. Im laufenden Jahr sei im Übrigen keine vergleichbare Tagungsstätte am Ort verfügbar gewesen.

Die Schiedsstelle holte ergänzend Informationen zu Fortbildungsveranstaltungen im genannten Indikationsbereich ein. Dabei war festzustellen, dass die Veranstaltung allseitig bekannt ist und als geschätzt angesehen wird. Die wissenschaftliche Qualität der Vorträge wurde ebenso hervorgehoben wie die kompetente und sorgfältige Darstellung der Themen. Die von der Schiedsstelle angesprochenen Mitglieder der Verkehrskreise gehen auch davon aus, dass die Teilnehmer die Veranstaltung über den vollen Zeitraum besuchen und nicht etwa nur punktuell.

Von den offerierten Gegenleistungen der Sponsoren wurde überwiegend die Möglichkeit des Informationsstands als ausschlaggebend angesehen, der infolge seiner Größe und seiner Exklusivität ideale Voraussetzungen für den Kontakt mit den Praktikern bietet: Die Teilnehmer verfügten in der Tagespraxis nur noch über wenig Zeit, seien selten erreichbar und dann auch nur noch kurz. Informationsstände auf Fortbildungsveranstaltungen und Kongressen hätten demgegenüber den großen Vorteil, dass sie Raum schafften für Fachgespräche außerhalb der Tageshektik, sei es zu einzelnen Therapien, neuen Studienthemen, der Vorbereitung klinischer Studien, der Planung lokaler Schulungsveranstaltung u.v.m. Dies sei für ein Unternehmen von großem Vorteil, erst recht dann, wenn es infolge der eingeräumten Exklusivität die alleinige Aufmerksamkeit der Teilnehmer in den Pausen habe.

2. Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Ermittlungen der Schiedsstelle verliefen letztlich ergebnislos.

Die Darstellung des Sachverhalts durch den Beanstandenden einerseits und das Unternehmen andererseits widersprechen sich in allen entscheidungsrelevanten Punkten. Die monatelangen Bemühungen der Schiedsstelle vom Beanstandenden selbst oder von Landesärztekammern weitere Auskünfte zu erlangen, die den konkreten Einzelfall oder das Verhalten der Außendienstmitarbeiter des Unternehmens in ähnlichen Fällen hätten näher beurteilen lassen, waren ergebnislos.

Die Auskünfte zum branchenüblichen Umfang der Beratung von Ärzten zu Fragen des Kodier- und Abrechnungsverhaltens durch Außendienstmitarbeiter von Pharmaunternehmen und zum typischen Ausbildungs- und Tätigkeitsprofil von Pharmaberatern ergaben zwar, dass andere Unternehmen in diesem Bereich kaum oder überhaupt nicht tätig sind und dass eine derartige Tätigkeit von Außendienstmitarbeitern vom Berufsverband kritisch gesehen wird, sie führten jedoch nicht zu Erkenntnissen, die den konkreten Sachverhalt der Beanstandung hätten weiter aufklären lassen.

In seinem Beschluss vom 20. Mai 2019 hat der Vorsitzende des Spruchkörpers 2. Instanz darüber hinaus ausgeführt, dass „bei anonymen Aussagen wie der des Beanstanders (…) ohnehin Vorsicht geboten (sei); (sie) wären al­len­falls dann als tragende Beweismittel zu ge­brauchen, wenn sie überzeugend durch festste­hende Umstände gestützt (würden).“ Festste­hende Umstände, die den Vorwurf der Beanstandung gestützt hätten, waren ebenso wenig zu ermitteln wie vergleichbare Sachverhalte, die zum Beweis des beanstandeten Vorgangs möglicherweise hätten füh­ren können. Allein die Tatsache, dass die Zusammenarbeit des Unternehmens mit den beiden Beratungsfirmen im Vergleich zu anderen Unternehmen der Branche ungewöhnlich erscheint, reicht dazu nicht aus.

Nach § 13 Abs. 1 VerfO können Mitglieder des jeweiligen Spruchkörpers wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen an ihrer Unparteilichkeit zu begründen (vgl. dazu § 1036 Abs. 2 ZPO). ….

Eine Besorgnis der Befangenheit ist gegeben, wenn aus der Sicht des ablehnenden Unter­neh­mens (im Folgenden kurz: Unternehmen) nachvollziehbar ein vernünftiger, objektiver Grund besteht, der geeignet ist, Misstrauen an der Unparteilichkeit des Richters zu begründen. An einem solchen Grund fehlt es hier.

Bloße inhaltliche Differenzen zwischen dem Unternehmen und dem Spruchrich­ter 1. Instanz genügen nicht. Auch etwaige Verfahrensverstöße des abgelehnten Richters oder etwaige inhaltlich fehlerhafte Zwi­schenentscheidungen sind grundsätzlich noch kein Ableh­nungs­grund, ebenso nicht etwaige Ver­stöße gegen Denkgesetze oder Ungeschicklichkeiten. Nur wenn Gründe vorliegen, die da­für sprechen, dass die Feh­ler­haftigkeit auf Voreinge­nom­men­heit beruht, ist es anders. …..

Bei der Würdigung ist davon auszugehen, dass es auf die inhaltliche Auffassung des abge­lehn­ten Richters ankommt, solange sie nicht neben der Sache liegt, demnach grundsätz­lich nicht auf die inhaltliche Auffassung des Vorsitzenden des Spruchkörpers 2. Instanz oder die des Unternehmens. Der Spruchrichter 1. Instanz, der gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 VerfO den Sachverhalt zu er­mitteln hat, entscheidet daher grundsätzlich nach billigem Er­mes­sen, wel­chem Er­mittlungsansatz er ­folgt, soweit dieser nicht unsachlich ist. Erst und nur dann kommt insoweit die Annahme einer Voreingenommenheit in Betracht.

Der Ermittlungsansatz des Spruchrichters 1. Instanz begründet keine Besorgnis der Befan­gen­heit. Im Schriftsatz vom (…) macht das Unternehmen allerdings zu Recht geltend, dass sich der Spruchkörper 1. Instanz nicht in der Rolle einer quasi „strafprozessual“ orien­tier­­ten, ganz allgemein tätig werdenden Ermittlungsbehörde sehen darf. Vielmehr hat er im Rah­men der erhobenen Beanstan­dung, die den Streitgegenstand bildet, zu ermitteln. Dieser Rahmen ist grundsätzlich weit zu fassen; er ist nicht überschritten worden.

Der Umstand, dass dem Unternehmen im Wege der Akteneinsicht zum Teil Dokumente zur Verfügung gestellt worden sind, in denen die Namen der befragten Personen geschwärzt waren, um diesen gegenüber den Grundsatz der Vertraulichkeit zu wahren, genügt eben­falls nicht, um eine Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen, obwohl insoweit kein rechtliches Gehör gewährt worden ist.

Nach § 9 Abs. 1 VerfO verfügt das betroffene Mitglied über ein jederzeitiges Akteneinsichts­recht. An einer näheren Ausgestaltung fehlt es. In seiner Entscheidung vom 17. November 2005, Az. FS II 5/05/2005.5-65, hat der Spruchkörper 2. Instanz in einem obiter dictum ange­nommen: Da die Vorschrift keine Einschränkung enthält, folgt daraus ein Anspruch auf vollst­ändige Akteneinsicht. Nach Dieners, Handbuch Compliance im Gesundheitswesen, 3. Aufl., Kapitel 13, Rdnr. 118, kommt aber in besonderen Einzelfällen eine Anonymisierung von Kopien in Be­tracht. Ob das hier zu bejahen ist, braucht der Vorsitzende des Spruch­kör­pers 2. Instanz nicht zu entscheiden.

Nach § 147 Abs. 2 StPO, auf den der Spruchrichter 1. Instanz verweist, kann al­lerdings die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Ähnlich verhält es sich nach § 49 Abs. 1 OWiG. Da es sich hier (…) um ein Zi­vilverfahren im Rah­men des Vereinsrechts handelt, kommt allen­falls eine entsprechende An­wendung in Be­tracht. …. Aus der argumentativen Heranzie­hung des § 147 Abs. 2 StPO durch den Spruch­richter 1. Instanz folgt nicht, dass er beab­s­ichtigt, außerhalb des Streitgegenstandes zu ermit­teln, und deshalb befangen sein könnte.

…. Den Sachverhalt der Beanstandung hat das Unterneh­men eingehend bestritten. Da die Beanstandung anonym erfolgt ist, kommt zu diesem be­haup­teten Vorgang selbst keine Beweis­aufnahme in Betracht. Bei anonymen Aussagen wie der des Beanstanders oder auch bei etwaigen ent­spre­chenden anonymen Aussagen befragter Ärzte ist ohnehin Vorsicht geboten; sie sind al­len­falls dann als tragende Beweismittel zu ge­brauchen, wenn sie überzeugend durch festste­hende Umstände gestützt werden. (…)

2. a. Zur Tarnung einer Eigenveranstaltung durch exklusives Sponsoring

§ 20 Abs. 4f. Kodex regelt die Zulässigkeit von Fortbildungsveranstaltungen Dritter, § 20 Abs. 1ff. die unternehmenseigener Fortbildungsveranstaltungen. Die Abgrenzung zwischen beiden Veranstaltungen ergibt sich aus dem Kodex nur mittelbar. Aus den Begriffen „eigener“ bzw. „Dritter“ wird allerdings deutlich, dass wesentliches Kriterium für die Unterscheidung ist, wer als Veranstalter agiert. Aus dem Tatbestandsmerkmal der „Unterstützung“ folgt, dass die Eigenveranstaltung vom Unternehmen voll wirtschaftlich verantwortet wird, während die Fortbildungsveranstaltung Dritter in der Verantwortung des Dritten liegt und vom Unternehmen nur mit einer mehr oder weniger großen Summe unterstützt wird; die restliche Finanzierung ist Sache des Dritten. Für Eigenveranstaltungen müssen im Übrigen die Regelungen des § 18 Kodex Fachkreise beachtet werden, während dies bei Veranstaltungen Dritter bestenfalls über eine vertragliche Verpflichtung des Veranstalters in der Sponsoring-Vereinbarung eingefordert werden kann; der Veranstalter ist dem Kodex nicht unmittelbar unterworfen.

Im vorliegenden Sachverhalt war vorgetragen, dass Art und Inhalt der Veranstaltung allein vom Veranstalter festgelegt werden. Ferner war ersichtlich, dass die Gesamteinnahmen des Veranstalters sich jeweils zu ca. 50% aus dem Sponsoring durch das Unternehmen und den Teilnehmergebühren zusammensetzen. Substantiierter Vortrag des Beanstandenden zur behaupteten „Tarnung“ als Eigenveranstaltung lag nicht vor. Die grobe Information über die Kalkulation der Veranstaltung, die der

Schiedsstelle vom Veranstalter zur Verfügung gestellt wurde, belegte, dass die Veranstaltung durch die Unterstützung des Unternehmens lediglich teilweise zu finanzieren war; der Veranstalter bedurfte weiterer Einnahmen in 6-stelliger Höhe, um ein ausgeglichenes Budget sicherzustellen. Im Übrigen lagen keine Anhaltspunkte vor, die darauf schließen ließen, dass die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit mit den wissenschaftlichen Leitern und den Referenten die Grenzen des § 18 Kodex missachten.

Die Schiedsstelle ging bei der Gesamtwürdigung des Sachverhalts deshalb davon aus, dass die Veranstaltung als eine solche von Dritten i.S.v. § 20 Abs. 4f. Kodex anzusehen ist. Diese Bewertung wird insbesondere auch dadurch gestützt, dass die Schiedsstelle keine Indizien dafür erkennen konnte, dass das Unternehmen Art und Inhalt der Veranstaltung beeinflussen wollte. Der wesentliche Vorteil, der dem Unternehmen durch das umfangreiche Sponsoring vermittelt wird, ist der ungestörte Kontakt zu einem Großteil aller in Deutschland tätigen Rheumatologen. Deshalb sind auch – im Gegensatz zu vergleichbaren Veranstaltungen – nicht nur ein, sondern zwei Ausstellungsstände vorgesehen, die wiederum nicht die oft üblichen 4-6 qm Standfläche, sondern jeweils 12 qm aufweisen.

Der Bestand dieser Kontaktmöglichkeit hängt aber ganz wesentlich von der Attraktivität der Veranstaltung ab. Ärzte werden die Veranstaltung nur dann in dieser Zahl besuchen, wenn das Fortbildungsangebot als besonders wertvoll angesehen wird und der Charakter einer Firmenveranstaltung fehlt. Daher kann es auch nur im Interesse des Unternehmens liegen, Einflussnahmen zu unterlassen, der die Werthaltigkeit der Veranstaltung in der Außenwahrnehmung in Zweifel ziehen könnte. Dazu zählt, dass das Unternehmen Art und Inhalt der Veranstaltung unbeeinflusst lässt.

Dass dem Unternehmen Einblick in die Programmgestaltung eingeräumt wird, dass es bei den Vorabend- und Nachbereitungsbesprechungen anwesend sein und – dies entspräche zumindest der Lebenserfahrung – dabei Anregungen geben kann, widerspricht dieser Bewertung nicht, denn die Festlegung von Form und Inhalt der Veranstaltung liegt außerhalb der Sphäre des Unternehmens.

Damit ist für das Unternehmen allerdings auch kein wesentlicher Nachteil verbunden. Die Selbstdar-stellung der Referenten im Programm zeigt, dass 14 von 15 Vortragenden (- einer davon nur beim Symposium -) einen „Konflikt“ (u.a.) mit dem Unternehmen deklarieren. Diese „Konflikte“ gehen in der Regel auf eine frühere oder heute noch andauernde vertragliche Zusammenarbeit zwischen dem jeweiligen Referenten und dem Sponsor zurück, der seit vielen Jahren im Bereich der Rheumatologie tätig ist. Die Schiedsstelle hält es für naheliegend, dass diese Referenten die Positionen des Unternehmens kennen und – schon im Hinblick auf ihre – eventuelle – künftige Zusammenarbeit mit diesem – berücksichtigen. Diese „Konflikte“ können daher nicht als Beleg für eine Einflussnahme gewertet werden, sie lassen andererseits aber die Vermutung zu, dass die Mehrzahl der Referenten in der Regel Positionen vertreten dürften, die für den Sponsor nicht nachteilig sind.

Nach alledem sieht die Schiedsstelle keinen Beleg für eine getarnte Eigenveranstaltung des Unternehmens.

2. b. Zur Zulassung des exklusiven Sponsoring

Die Zulässigkeit eines exklusiven Sponsorings wird im Kodex nicht explizit angesprochen. Gem. § 20 Abs. 5 Satz 2 Kodex Fachkreise ist lediglich sicherzustellen, dass die Tatsache der Unterstützung offen gelegt wird, wobei deren Umfang in der Regel – und anders als bei Organisationen i.S.v. § 2 Abs. 2 Transparenz-Kodex – bei gewerblichen Veranstaltern intransparent bleibt. (Dies trifft hier nicht zu, da die Höhe der Unterstützung vom Veranstalter offengelegt wurde und damit für jeden Teilnehmer erkennbar war.)

Soweit die Schiedsstelle feststellen konnte, wird das exklusive Sponsoring in der Praxis der Unternehmen unterschiedlich bewertet. Einige Firmen schließen aufgrund ihrer internen Compliance-Regelungen die Tätigkeit als exklusiver Sponsor gänzlich aus, andere beschränken sie, andere äußern sich dazu überhaupt nicht.

Der Kodex spricht sich vielfach dafür aus, dass die den Fachkreis-Angehörigen zur Verfügung gestellten Informationen zutreffend und objektiv gehalten sein müssen und dass die Ärzte in ihrer Therapieentscheidung nicht unsachlich beeinflusst werden dürfen; er konkretisiert dies im Rahmen der Ab-schnitte 3 und 4 des Kodex, dazu gehören Regelungen zum exklusiven Sponsoring aber nicht.

Gleichwohl liegt es nicht fern, die Frage zu stellen, in wie weit eine Fortbildungsveranstaltung, die nur einem Unternehmen Zugang als Sponsor einräumt, den Maßstab einer sachgerechten und neutralen Information uneingeschränkt erfüllen kann, von dem der Kodex ausgeht und den die Fachkreis-Ange-hörigen zu Recht erwarten. Zumindest in den Pausen ist den Teilnehmern eine Vielfalt der Standpunkte in der Form, wie sie durch verschiedene mit Industrieständen vertretene Firmen gewährleistet wäre, nicht zugänglich.

Schließlich: Der Kodex weist in seiner Einleitung auch daraufhin, dass der lautere Wettbewerb nicht beschränkt werden soll und unlautere Praktiken zu vermeiden sind. Ob damit die Praxis eines exklusiven Sponsorings zu vereinbaren ist, muss in Anbetracht des Aktenstandes und dem Fehlen entsprechender Regelungen im Kodex offen bleiben. Gleichwohl liegt es nahe festzustellen, dass die Exklusivität zwangsläufig zur Folge hat, dass andere Markteilnehmer von einer vergleichbaren Präsenz auf der Veranstaltung ausgeschlossen sind und dies als Wettbewerbsnachteil empfinden könnten, der sachlich mit dem Geist des Kodex nur bedingt zu vereinbaren sein dürfte (vgl. auch Az. 2013.9-360/362, Hinweis 2).

Insgesamt kommt im vorliegenden Fall und beim gegenwärtigen Stand des Kodex‘ ein Verstoß durch die Vereinbarung einer Exklusivität des Sponsorings aber nicht in Betracht.

2. c. Zur Angemessenheit des Sponsoring

Die Schiedsstelle hat wiederholt ausgeführt, dass die Höhe des Sponsorings Teil der Überprüfung der Angemessenheit i.S.v. § 20 Abs. 5 Satz 1 Kodex ist.

Nach den der Schiedsstelle vom Veranstalter zur Verfügung gestellten Informationen ist davon auszugehen, dass die erzielten Einnahmen im Wesentlichen für die mit der Veranstaltung verbundenen notwendigen und üblichen Ausgaben verbraucht werden. Der dem Veranstalter verbleibende Ertrag hält sich in einem ähnlichen Rahmen wie dies von der Schiedsstelle in früheren, insoweit vergleichbaren Verfahren festgestellt und nicht beanstandet wurde (vgl. Az. 2013.9-360-362, 2015.4-470-475); sie sieht daher keinen Anlass, die Angemessenheit des Sponsorings im vorliegenden Fall zu beanstanden.

Der insgesamt zugesagte Betrag entspricht einer Förderung von ca. 320 EUR pro Teilnehmer. Dieser Betrag erscheint der Schiedsstelle in Anbetracht der mit der Förderung konkret verbundenen werblichen Vorteile bei einer knapp 2 ½-tägigen Veranstaltung noch als vertretbar.

2. d. Zur Zulässigkeit der Tagungsstätte

Nach Auffassung der Schiedsstelle wahrt auch die ausgewählte Tagungsstätte den vom FSA-Kodex Fachkreise vorgegebenen Rahmen.

Gem. § 20 Abs. 5 FSA-Kodex in der von der FSA-Mitgliederversammlung am 17. Oktober 2017 beschlossenen und mit Beschluss des Bundeskartellamts vom 9. Januar 2018 anerkannten Fassung ist die finanzielle Unterstützung von externen Fortbildungsveranstaltungen grundsätzlich zulässig. Dabei gelten für die Auswahl der Tagungsstätte die Vorgaben für interne Fortbildungsveranstaltungen entsprechend. Die Auswahl der Tagungsstätte muss daher allein nach sachlichen Gesichtspunkten erfolgen. Tagungsstätten, die für ihren Unterhaltungswert bekannt sind oder als extravagant gelten, sind dagegen zu vermeiden.

Bei der vorliegenden Tagungsstätte handelt es sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude, das 1907 für den Kurbetrieb errichtet wurde. Heute wird es für Veranstaltungen beliebiger Art genutzt, auch für Konzerte klassischer Musik. Das Gebäude ist – der Bauzeit entsprechend – in sehr repräsentativer Weise ausgestattet.

Die Schiedsstelle hat bereits ausgeführt, dass sie es bei der aktuellen Kodex-Regelung grundsätzlich als möglich ansieht, interne wie externe Fortbildungsveranstaltungen auch in älteren, häufig denkmal-geschützten Veranstaltungsstätten durchzuführen. Dies gilt auch dann, wenn diese Stätten, wie hier, aufgrund ihrer Bauzeit und ihrer Nutzungsgeschichte eine Ausstattung aufweisen, die früheren Bau- und Einrichtungsstilen entspricht, die aber in dieser Form heute eher die Ausnahme darstellen (vgl. Az. 2017.11-530-532). Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Programmgestaltung der Fortbildungsveranstaltung keinen wesentlichen Anreiz oder die Möglichkeit zur Nutzung von Freizeitaktivitäten oder der etwa vorhandenen luxuriösen Ausstattung der Stätte vermittelt.

Hinweise darauf, dass die Programmfolge den von der Spruchpraxis vorgegebenen Anforderungen an eine zeitlich intensive, gedrängte Programmgestaltung nicht genügt, ergaben sich weder aus der Beanstandung noch aus dem Programm. [Dies wird im Einzelnen ausgeführt.] Die Schiedsstelle sah auch keine Indizien, die einen wesentlichen Anreiz oder eine Möglichkeit zur Nutzung von Freizeitaktivitäten, die Wiesbaden in unmittelbarer Nähe der Veranstaltungsstätte bietet, vermuten ließen. Falls einzelne Teilnehmer nach dem offiziellen Programm auf eigene Initiative und Kosten in der Nähe liegende Gourmet-Restaurants oder Unterhaltungsstätten aufsuchen sollten, ist dies weder dem Veranstalter noch dem Sponsor zuzurechnen; sie weisen weder daraufhin noch laden sie dazu ein.

Dass die Attraktivität des Kurorts schließlich so groß wäre, dass die Teilnehmer geneigt sein könnten, die bestehenden Kur-Einrichtungen zu nutzen und dafür die Teilnahme an der Veranstaltung zu vernachlässigen (vgl. Verfahren zu Az. 2007.11-211), ist ebenfalls weder vorgetragen noch erkennbar. Im Gegenteil: Die von der Schiedsstelle befragten Praktiker bestätigen, dass die Teilnehmer die Veranstaltung aufgrund ihrer Qualität in der Regel ohne Einschränkung besuchen.

Ergebnis

Die Schiedsstelle hat das Verfahren eingestellt und die Akte geschlossen.

Berlin, im April 2018