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§ 20 Abs. 2 Satz 2, § 20 Abs. 3 Satz 1 und § 22 des Kodex (angemessene Bewirtung, Angaben für Dienstherrengenehmigungen)

AZ.: FS II 1/08/2007.10-208 (2. Instanz)

Leitsätze

1. Es verstößt gegen §§ 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, 22 FSA-Kodex, wenn anlässlich einer über zwei halbe Tage dauernden Fortbildungsveranstaltung für 2 Mittagessen, 1 Abendessen, Pausenverpflegung und Getränke in Anmeldeformularen für Klinikärzte für den Erhalt der Dienstherrengenehmigung eine Zusage des Mitgliedsunternehmens zur Übernahme von Verpflegungskosten i.H.v. 280,00 € erteilt wird. Dies gilt auch dann, wenn sich die später tatsächlich entstandenen Verpflegungskosten auf ca. 150,00 € belaufen.

2. Bewirtungskosten (Essen/Getränke) sind angesichts der inzwischen eingetretenen Preissteigerungen und der Erhöhung der Mehrwertsteuer angemessen und sozialadäquat, wenn sie eine Obergrenze von 60,00 €/Person (bisher 50,00 €) nicht überschreiten. Ein höherer Betrag kommt im Einzelfall nur bei besonderen Umständen (z.B. allgemein höheres Preisniveau vor Ort) in Betracht. Erfolgt die Bewirtung wegen der großen Zahl der Teilnehmer durch ein Catering-Unternehmen, so wird die Anhebung des Höchstbetrages auf 65,00 €/Person für angemessen und sozial adäquat erachtet. Cateringkosten i.H.v. 71,34 €/Person sind jedenfalls nicht mehr angemessen und sozial adäquat.

3. Es verstößt nicht gegen den FSA-Kodex, wenn anlässlich einer Fortbildungsveranstaltung neben den üblichen Getränken wie Kaffee, Tee, Mineralwasser, Fruchtsäfte, auch alkoholfreie Fruchtcocktails angeboten werden, sofern diese nicht wesentlich teurer sind als die üblicherweise angebotenen Getränke.

Sachverhalt

Ein Mitgliedsunternehmen (Firma) hatte Ärztinnen und Ärzte zu einer Fortbildungsveranstaltung eingeladen, die im Oktober 2007 im Internationalen Kongresszentrum Bundeshaus Bonn stattfand. An der Veranstaltung nahmen 457 Ärzte aus dem gesamten Bundesgebiet, davon 119 Kliniker und 338 niedergelassene Ärzte, sowie 83 Mitarbeiter teil, insgesamt 540 Personen.

Das Anmeldeformular für die Klinikärzte enthielt unter der Überschrift „Kostenübernahme“ folgenden Hinweis: „Die Firma übernimmt die folgenden Kosten: An- und Abreise i.H. € 250,00, Übernachtung i.H. € 120,00, Verpflegung i.H. € 280,00.“

Tatsächlich betrugen die Verpflegungskosten nach der Berechnung des FSA insgesamt 150,33 €/Person, nach der Berechnung der Firma insgesamt 147,00 €/Person.

Am 1. Abend fand ab 19 Uhr ein Sektempfang statt, ab 19 Uhr 30 ein gemeinsames Abendessen (“Galaabend“). An beiden Tagen gab es außerdem einen Mittagsimbiss. Während der Fortbildungsveranstaltung (Freitag von 14 Uhr bis 19 Uhr, Samstag von 9 Uhr bis 13 Uhr) wurden an beiden Tagen unter anderem insgesamt 1.130 alkoholfreie Cocktails gereicht. Ein Mitglied beanstandete die im Anmeldeformular (für Klinikärzte) genannten Kosten als kodexwidrig. Insbesondere überschreite der Betrag von 280,00 € pro Person den angemessenen Rahmen.

Die Firma machte geltend: Das beanstandete Anmeldeformular habe zur Vorlage bei der Klinikverwaltung dazu gedient, um die erforderliche Dienstherrengenehmigung zu erhalten. Dafür seien die Kosten pauschal geschätzt worden. In Zukunft werde sie, um Missverständnisse zu vermeiden, das Wort „maximal“ einfügen. Die Verpflegungspauschale von 280,00 €/Person beruhe auf dem ersten Angebot des Caterers. Auf die endgültige Abrechnung wird Bezug genommen. – Die Kosten für das Abendessen seien angemessen.

Der FSA nahm Verstöße gegen § 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 22 FSA-Kodex an und mahnte die Firma mit Schreiben vom 22. Januar 2008 ab. Die Zusage, Verpflegungskosten in Höhe von 280,00 € zu übernehmen, sei kodexwidrig. – Die Kosten des Abendessens einschließlich des Sektempfanges seien unangemessen hoch, ebenso die Kosten für die Cocktails. Es wurde demgegenüber vorgetragen: Maßgebend sei, dass die Verpflegungskosten sich tatsächlich nur auf insgesamt 147 €/Person belaufen hätten. Im Übrigen wären auch 280,00 € angemessen gewesen. – Die Kosten für das Abendessen seien angemessen. Zunächst sei zu berücksichtigen, dass die Verköstigung durch einen Caterer erheblich aufwendiger sei als in einem Restaurant. Die Kosten des Sektempfanges vor dem Abendessen (7,40 €/Person) seien keine Kosten des Abendessens, so dass sich ein Betrag von 50,22 €/Person ergebe, von 61,99 €/Person, wenn man die Kosten des Service-Personals hinzurechne. Außerdem sei eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen: Die Kosten der drei Mahlzeiten beliefen sich auf 118,99 €/Person, die durchschnittlichen Kosten pro Mahlzeit demnach auf 39,66 €. – Der Preis der alkoholfreien Cocktails (5,50 € pro Glas) sei nicht zu beanstanden. – Schließlich seien die gerügten Punkte nicht Gegenstand der Beanstandung gewesen. Am 5. März 2008 erließ der FSA folgende Entscheidung:

  1. Es wird festgestellt, dass anlässlich der Fortbildungsveranstaltung im Oktober 2007 mit der in den Anmeldeformularen für Klinikärzte für den Erhalt der Dienstherrengenehmigung erteilten Zusage: „Die Firma übernimmt die folgenden Kosten: … Verpflegung i.H. EUR 280,00“, der Übernahme von Kosten für die Bewirtung von Ärztinnen und Ärzten für Abendessen und Empfang am 26. Oktober 2007 i.H.v. EUR 71,34 pro Person sowie der Abgabe von Cocktails an Ärztinnen und Ärzte über die angemessene Bewirtung (Mittag- und Abendessen einschließlich Sektempfang mit Pausensnacks) hinaus, gegen den „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex verstoßen hat. Der Beanstandung war daher stattzugeben.
  2. Das beanstandete Unternehmen wird verpflichtet, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken.                                                                  a) anlässlich von Fortbildungsveranstaltungen in Anmeldeformularen für Klinikärzte für den Erhalt der Dienstherrengenehmigung eine Zusage zur Übernahme von Verpflegungskosten i.H.v. EUR 280,00 zu erteilen, wie mit dem Anmeldeformular für die Veranstaltung im Oktober 2007 in Bonn geschehen; und/oder b) für die Bewirtung von Ärztinnen und Ärzten bei Fortbildungsveranstaltungen Kosten für Abendessen und Empfang i.H.v. EUR 71,34 pro Person zu übernehmen, wie anlässlich des Abendessens im Oktober 2007 in Bonn geschehen; und/oder                                                                                                                                              c) über die angemessene Bewirtung (Mittag- und Abendessen einschließlich Sektempfang sowie Pausensnacks) von Ärztinnen und Ärzten hinaus bei Fortbildungsveranstaltungen von Ärztinnen und Ärzten Cocktails abzugeben, wie anlässlich der Veranstaltung im Oktober 2007 in Bonn geschehen.
  3. Für jeden Fall schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus vorstehender Ziffer 2 hat die Firma ein Ordnungsgeld gemäß § 20 Abs. 5 der „FS Arzneimittelindustrie“-Verfahrensordnung zu zahlen, und zwar für jeden Fall schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus vorstehender Ziffer 2a) ein Ordnungsgeld i.H.v. von EUR 5.000, aus Ziffer 2b) i.H.v. EUR 15.000 sowie aus Ziffer 2c) i.H.v. EUR 15.000.
  4. (Kostenregelung)

Gegen die Entscheidung hat die Firma fristgerecht Einspruch eingelegt und diesen zugleich begründet. Sie macht geltend: Die Beanstandung sei von der Annahme ausgegangen, dass für die Verpflegung eine Pauschale in der genannten Höhe anfalle, was tatsächlich nicht zutreffe. Die ausgesprochenen Verbote seien nicht durch die erhobene Beanstandung gedeckt. – Zumindest seien die angedrohten Ordnungsgelder zu hoch. Wesentliche Entscheidungsgründe Der Spruchkörper 2. Instanz hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2008 folgende Entscheidung getroffen:

  1. Auf den Einspruch der Firma wird die Entscheidung des Spruchkörpers 1. Instanz vom 5. März 2008 aufgehoben und das Beanstandungsverfahren eingestellt, soweit es in Nummer 1 dieser Entscheidung um die Abgabe von Cocktails und um Nummer 2 c) der Entscheidung geht. Im Übrigen wird der Einspruch verworfen und die Entscheidung 1. Instanz bestätigt. 2) (Kostenregelung)

Der Einspruch ist zulässig. Er ist innerhalb der Zweiwochenfrist des § 25 Abs. 1 VerfO eingelegt und zugleich, was gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 VerfO geboten ist, begründet worden.

Der Einspruch ist nur begründet, soweit es sich um die Abgabe von alkoholfreien Cocktails handelt, im Übrigen dagegen unbegründet.

  1. Soweit es um die im Anmeldeformular für Klinikärzte genannten Verpflegungskosten von 280,00 € geht, liegt ein Verstoß gegen §§ 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, 22 FSA-Kodex vor.

a) Der von der 1. Instanz festgestellte Verstoß ist Gegenstand des Beanstandungsverfahrens.

Gemäß der Rüge eines Mitglieds geht es um die im Formular „übernommenen“ Verpflegungskosten von 280,00 €. Ob diese Zusage irreführend war, weil die später entstandenen Kosten tatsächlich deutlich niedriger lagen als die zuvor genannten Kosten, ist im Rahmen der aufgeführten und hier zu prüfenden Vorschriften des FSA-Kodex unerheblich. Insoweit kommt es allein auf den Inhalt des Formulars an.

Das betroffene Mitglied macht ohne Erfolg geltend, in der Beanstandung heiße es, dass Kosten „erstattet“ würden. Das trifft zwar wortwörtlich verstanden nicht zu, denn das betroffene Mitglied „erstattet“ keine verauslagten Kosten. Gemeint ist aber, wie aus dem Zusammenhang folgt, die „Übernahme“ der Kosten.

b) Die Voraussetzungen der genannten Bestimmungen sind gegeben.

Der vorliegende Sachverhalt ist dadurch gekennzeichnet, dass die im Anmeldeformular für Klinikärzte genannten Verpflegungskosten von 280,00 € nicht mit den später tatsächlich entstandenen Verpflegungskosten von ca. 150,00 € übereinstimmen. Der FSA-Kodex stellt jedoch nicht allein auf die später tatsächlich erfolgte Zuwendung ab, sondern – unabhängig davon – bereits auf das Anbieten (vgl. zu diesem Begriff: Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Aufl., § 7 HWG, Rdn. 29) bzw. das Versprechen einer Zuwendung durch das betroffene Mitglied.

aa) Die angesprochenen Ärztinnen und Ärzten haben dem Formular entnommen, dass das betroffene Mitglied Verpflegungskosten in Höhe von 280,00 € übernimmt. Aus dem Umstand, dass die Angaben für die Erlangung der Dienstherrengenehmigung erforderlich waren, folgt nicht etwa, dass die Angesprochenen die Zusage, insbesondere den zugesagten Betrag nicht ernst genommen und demgemäß nicht als Aussage über den Umfang der zu erwartenden Verpflegungskosten angesehen haben, auch wenn es sich erkennbar um einen im Vorwege angenommenen Schätzwert handelte. Jedenfalls gibt der Betrag aus der Sicht der angesprochenen Ärztinnen und Ärzte die ungefähre Größenordnung der zu erwartenden Bewirtungskosten wider. Daran würde sich nichts ändern, wenn das betroffene Mitglied zukünftig den Zusatz „maximal“ hinzufügt.

bb) Die genannten Vorschriften erfassen nicht nur die (tatsächliche) Übernahme von Kosten, sondern auch – wegen des damit verbundenen Anlockeffekts – das Anbieten und das Versprechen der Übernahme von Kosten. Das ergibt sich aus dem Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang und dem Sinn und Zweck der aufgeführten Vorschriften.

Der Wortlaut von § 20 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 FSA-Kodex stellt ebenso wie 22 FSA-Kodex auf die „Bewirtung“ ab. Daraus folgt aber nicht, dass es nur auf die tatsächlich erfolgte Bewirtung und deren Kosten ankommt. Vielmehr sind die Vorschriften dahin auszulegen, dass sie auch das Anbieten und das Versprechen umfassen, Kosten der Bewirtung zu übernehmen, und dass demgemäß insoweit die in der Anmeldung genannten Kosten maßgebend sind. Das ergibt sich aus § 6 Abs. 1 FSA-Kodex. Danach sind bei der Anwendung des 4. Abschnitts des Kodex, um den es hier geht, näher beschriebene Auslegungsgrundsätze zu berücksichtigen. Gemäß Nummer 1 der Vorschrift ist es nicht nur verboten, den Angehörigen der Fachkreise unlautere Vorteile zu „gewähren“, sondern bereits, ihnen unlautere Vorteile „anzubieten, zu versprechen“, unabhängig vom späteren Gewähren (daher auch die Anknüpfung mit „oder“). Das entspricht dem Sinn und Zweck des Kodex, unlautere Anlockeffekte zu verhindern. In diesem Lichte sind die oben genannten Vorschriften dahin zu verstehen, dass sie auch das Anbieten und Versprechen von – bezifferten – Bewirtungskosten erfassen, und zwar auch dann, wenn die später tatsächlich übernommenen Kosten wie hier niedriger sind als die zugesagten Kosten. Auch § 20 Abs. 1 FSA-Kodex stellt dementsprechend bereits auf die Einladung zu Fortbildungsveranstaltungen ab, nicht erst auf deren Durchführung.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Zusammenhang mit § 20 Abs. 2 Satz 1 FSA-Kodex. Danach dürfen angemessene Reise- und notwendige Übernachtungskosten unter bestimmten Voraussetzungen „übernommen“ werden. Auch insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 FSA-Kodex.

Etwas anderes folgt nicht aus dem systematischen Zusammenhang mit § 21 FSA-Kodex – unangemessene Bewirtungen sind unerlaubte Geschenke –. § 21 Abs. 2 FSA-Kodex, der Imagewerbung betrifft und hier einschlägig ist, nennt zwar ausdrücklich nur das „Gewähren“ von Geschenken, anders als § 7 HWG, der – im Zusammenhang mit Produktwerbung – nicht nur das Gewähren, sondern auch das Anbieten und das Ankündigen von Zuwendungen erfasst. § 21 Abs. 2 ist aber ebenfalls im Lichte des § 6 Abs. 1 Nr. 1 FSA-Kodex zu verstehen und erfasst daher ebenfalls das Anbieten und Versprechen unangemessener Geschenke, so dass insoweit zwischen Absatz 1, der auf § 7 HWG Bezug nimmt, und Absatz 2 Übereinstimmung besteht. Eine Differenzierung ergäbe keinen vernünftigen Sinn.

cc) Die Größenordnung der zugesagten Verpflegungskosten von 280,00 € ist für die vorliegende Fortbildungsveranstaltung unangemessen und nicht mehr sozialadäquat.

Die Verpflegung sollte für etwa einen Tag übernommen werden, nämlich an beiden Tagen ein Mittagsimbiss, die Pausenverpflegung, die Getränke während der Vorträge und das Abendessen. Die Unangemessenheit des Betrages ergibt sich schon daraus, dass das betroffene Mitglied ohne weiteres tatsächlich nur einen erheblich niedrigeren Betrag, nämlich ca. 150,00 € aufwenden musste, um die Teilnehmer zu bewirten, ohne dass sie etwa geltend machen kann, die Mittagsimbisse und das Abendessen seien unangemessen einfach gewesen.

Das betroffene Mitglied legt ihrer Berechnung drei Essen zum möglichen Höchstbetrag zu Grunde. Es ist aber nicht angemessen und sozialadäquat, dreimal ein „Galaessen“ vorzusehen.

Bei der Übernahme-Zusage von Verpflegungskosten – zur Erlangung der Dienstherrengenehmigung“ – ist dem Unternehmen zwar ein gewisser Spielraum einzuräumen, weil die Höhe der Kosten im Vorwege nur ungefähr angegeben werden kann. Die Größenordnung muss aber stimmen, auf Grund bisheriger Erfahrungen und/oder von Kostenvoranschlägen. Der Betrag hätte hier deutlich unter 200,00 € liegen müssen.

Demnach liegt ein Verstoß gegen den FSA-Kodex vor, soweit es um die angebotenen und versprochenen Verpflegungskosten von 280,00 € geht.

2) Der Einspruch ist ferner unbegründet, soweit es sich um das Abendessen handelt. Insoweit liegt ebenfalls ein Verstoß gegen §§ 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, 22 FSA-Kodex vor. Die Kosten von 71,34 €, die der Spruchkörper 1. Instanz zutreffend errechnet hat, überschreiten einen angemessenen Rahmen und sind nicht mehr sozialadäquat.

a) Die Entscheidung 1. Instanz hält sich im Rahmen der von einem Mitglied erhobenen Beanstandung.

Die Beanstandung wendet sich dem Wortlaut nach zwar gegen den im Vorwege genannten Gesamtbetrag der Verpflegungskosten, damit aber auch gegen die Kosten der einzelnen Bestandteile der Verpflegung wie des Abendessens, die das Mitglied bei Angabe eines Pauschalbetrages naturgemäß nicht kennen konnte. Die Divergenz zwischen den im Anmeldeformular genannten und den tatsächlich erst entstehenden Kosten konnte das beanstandende Unternehmen bei der Beanstandung ebenfalls nicht kennen. Diese ist dahin zu verstehen, dass es allgemein eine Überprüfung der Verpflegungskosten erreichen wollte. Davon wird auch der Fall erfasst, dass die tatsächlichen Verpflegungskosten erheblich niedriger liegen als die zunächst von ihm angenommenen. Diese weite Auslegung der erhobenen Beanstandung entspricht dem Sinn und Zweck des Beanstandungsrechts gemäß § 2 Abs. 1 FSA-Kodex und damit dem Sinn und Zweck der Freiwilligen Selbstkontrolle. Bei einer zu engen Auslegung der Beanstandung läge eine wesentliche Einschränkung der Prüfungsmöglichkeiten durch den FSA vor, die den Zielen der Freiwilligen Selbstkontrolle zuwiderliefe, insbesondere wenn der Beanstandende wie hier die insbesondere internen Einzelheiten nicht kennen kann, die erst im Beanstandungsverfahren zu Tage getreten sind, und in der Beanstandung auf das angewiesen ist, was nach außen in Erscheinung getreten ist.

b) Die Kosten des Abendessens von 71,34 € überschreiten deutlich den angemessenen, sozialadäquaten Rahmen.

aa) Entgegen der Auffassung des betroffenen Mitglieds sind die Kosten der drei Mahlzeiten (zweimal Mittagsimbiss und einmal Abendessen) nicht zusammenzurechnen und dann durch drei zu teilen, so dass sich ein Durchschnittswert ergibt, der erheblich unter den Kosten des Abendessens liegt. Die Kosten eines jedes Essens einschließlich der Getränke müssen für sich angemessen und sozialadäquat sein. Gerade ein höherwertiges Abendessen („Galaessen“) könnte für die Teilnehmer einen besonderen Anreiz darstellen.

bb) Entgegen der Auffassung des betroffenen Mitglieds sind die Kosten für den Sekt vor Beginn des Abendessens nicht abzuziehen. Diese Kosten gehören zu denen des Abendessens. So hat auch das Catering-Unternehmen abgerechnet. Es ist üblich, den Aperitif im Stehen einzunehmen, bevor man sich zum Essen hinsetzt.

cc) Für das Essen nebst Getränken ist zunächst von dem bisher angenommenen Richtbetrag von 50,00 € auszugehen, der im Allgemeinen als noch angemessen angesehen werden konnte (vgl. dazu Dieners, Zusammenarbeit der Pharmaindustrie mit Ärzten, 2. Aufl., Seiten 278 f., Rdn. 197; Seiten 323 f., Rdn. 271 f.). Angesichts der inzwischen eingetretenen Preissteigerungen und der Erhöhung der Mehrwertsteuer ist dieser Betrag angemessen zu erhöhen. Der Spruchkörper 2. Instanz hält eine grundsätzliche Obergrenze von 60,00 € für angemessen und sozialadäquat. Ein höherer Betrag kommt im Einzelfall nur bei besonderen Umständen in Betracht, etwa bei einem allgemein höheren Preisniveau vor Ort. Solche Umstände liegen hier nicht vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass in Bonn für Bewirtungen ein allgemein höheres Preisniveau zugrunde zu legen ist.

dd) Zugunsten des betroffenen Mitglieds ist aber zu berücksichtigen, dass das Abendessen nicht in einem Restaurant eingenommen, sondern angesichts der großen Zahl der Teilnehmer von einem Catering-Unternehmen organisiert worden ist, was zu vergleichsweise höheren Preisen führt. Der Spruchkörper 2. Instanz hält in einem solchen Fall eine Anhebung des Höchstbetrages auf 65,00 € für angemessen und sozialadäquat.

Da die Servicekosten hinzuzurechnen sind, ergibt sich ein rechnerisch unstreitig gewordener Betrag von 71,34 € pro Person. Dieser liegt deutlich über dem genannten Grenzwert von hier 65,00 €.

Demnach liegt ein Verstoß gegen den FSA-Kodex vor, auch soweit es um die Kosten des Abendessens geht.

Die Höhe der zu 2 a) und b) angedrohten Ordnungsgelder ist nicht zu beanstanden.

3) Dagegen ist der Einspruch begründet, soweit es sich um die alkoholfreien Cocktails handelt. Insoweit fehlt es an einem Verstoß gegen §§ 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, 22 FSA-Kodex.

a) Ebenso wie beim Abendessen fallen die Kosten der alkoholfreien Cocktails in den Rahmen der durch das Mitglied erhobenen Beanstandung.

b) Die Cocktails sind an beiden Tagen serviert worden und kosteten 5,50 € je Glas. Sie sind unter „Getränke außerhalb der Pausen und Cocktails“ abgerechnet worden. Der Spruchköper 2. Instanz sieht diesen Mehraufwand noch als angemessen und sozialadäquat an.

Gegen alkoholfreie Fruchtsaftgetränke ist von vornherein nichts einzuwenden, wenn sie nicht wesentlich teurer sind als die üblichen – auch angebotenen – Getränke wie Kaffee, Tee, Mineralwasser, Fruchtsäfte. Da deren Preise sich auf 2,00 bis 2,70 € beliefen, waren die Cocktails allerdings mehr als doppelt so teuer als die genannten Getränke; es handelte sich um alkoholfreie Fruchtsaftgetränke mit für Cocktails typischen (alkoholfreien) Zusätzen. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Kostendifferenz pro Getränk absolut nur einen geringen Betrag ausmacht. Auch sind die Cocktails neben den üblichen Getränken angeboten worden, so dass nicht etwa zu fragen ist, ob es noch angemessen und sozialadäquat wäre, allein solche Cocktails anzubieten. Insgesamt hält sich die Abgabe der Cocktails hier noch in einem vertretbaren Rahmen.

Insoweit ist der Einspruch dem Umfange nach begründet, die Entscheidung 1. Instanz daher aufzuheben und das Beanstandungsverfahren einzustellen.

Die Kosten des Verfahrens, die von dem betroffenen Mitglied zu tragen sind, legt die Geschäftsstelle des FSA gemäß § 33 VerfO in Verbindung mit §§ 30, 31 VerfO fest. Dabei ist zu beachten: Das betroffene Mitglied hat zwar mit seinem Einspruch zu einem (geringen) Teil Erfolg. Das ändert aber nichts daran, dass sie die vollen Verfahrensgebühren 1. und 2. Instanz zu tragen hat. Eine Quotelung sieht die Verfahrensordnung nur in dem hier nicht gegebenen Fall des § 31 Abs. 1 Satz 4 VerfO vor. Im Übrigen knüpft sie bei den Verfahrensgebühren an einen festgestellten Verstoß an, unabhängig davon, ob in einem anderen Punkt ein Verstoß zu verneinen ist. Das betroffene Mitglied trägt daher die gesamten Verfahrensgebühren, wenn nur ein einziges Verbot bestehen bleibt.

Die Veröffentlichung des Namens des betroffenen Mitglieds ist nicht gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 VerfO anzuordnen. Es handelt sich nicht um schwere oder wiederholte Verstöße.

Ergebnis

Die Entscheidung des Spruchkörpers 2. Instanz ist im Sinne der FSA-Verfahrensordnung unanfechtbar. Ein Rechtsbehelf ist insoweit nicht möglich.

Berlin, im Juli 2008