Skip to content

§ 20 Abs. 5 Satz 3 Hinwirkungspflicht auf Nennung als Sponsor

AZ.: FS II 4/05/2005.1-53 (2. Instanz)

Leitsatz

Wenn ein Mitgliedsunternehmen eine Veranstaltung Dritter finanziell unterstützt, hat es auf seine Nennung als Sponsor bereits in der Einladung in genügendem Maße hinzuwirken. Dafür hat das Mitgliedsunternehmen alle gebotenen, ihm zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, damit das Transparenzgebot des Kodex vom Veranstalter eingehalten wird.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Aus dem Urteil in Auszügen:

Entscheidung

Der Einspruch des Mitgliedsunternehmens gegen die Entscheidung des Spruchkörpers 1. Instanz vom 8. Juni 2005 wird verworfen.

1. Es wird festgestellt, dass das Mitgliedsunternehmen nicht (in genügendem Maße) darauf hingewirkt hat, dass seine finanzielle Unterstützung bereits in der Einladung zur Fortbildungsveranstaltung offen gelegt worden ist, worin ein Verstoß gegen den „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex liegt. Der Beanstandung war daher stattzugeben.

2. Das Mitgliedsunternehmen wird verpflichtet, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Veranstalter finanziell zu unterstützen, ohne (in genügendem Maße) darauf hinzuwirken, dass bei der Einladung/Ankündigung ihre finanzielle Unterstützung offen gelegt wird.

Gründe

I. Sachverhalt

Das Mitgliedsunternehmen sponserte eine CME zertifizierte Veranstaltung einer Akademie für Ärztliche Fortbildung an der 34 Ärztinnen und Ärzte teilnahmen. Das Mitgliedsunternehmen unterstützte die Veranstaltung mit einem Pauschalbetrag von EUR 60.000; ferner trug sie die Reise- und die Übernachtungskosten.

Die Organisation der Veranstaltung übernahm eine Drittfirma. Weder in der Einladung noch im Anmeldeformular wurde das Mitgliedsunternehmen als Sponsor genannt. Die Drittfirma informierte die niedergelassenen Ärzte, die sich für die Veranstaltung angemeldet hatten von sich aus telefonisch über die Möglichkeit der Kostenübernahme durch das Mitgliedsunternehmen sowie über deren Eigenschaft als Sponsor. Auch während der Veranstaltung wurde darauf hingewiesen, dass das Mitgliedsunternehmen die Veranstaltung finanziell unterstütze. Außerdem waren für jeden Teilnehmer Kugelschreiber und ein Schreibblock ausgelegt, die das Unternehmens-Logo trugen.

Der FS Arzneimittelindustrie bejahte einen Verstoß gegen § 20 Abs. 5 Satz 3 „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex.

Gegen die Entscheidung hat das Mitgliedsunternehmen fristgerecht Einspruch eingelegt und diesen zugleich begründet. Es trägt vor:

Ein Verstoß gegen § 20 Abs. 5 Satz 3 „FS Arzneimittelidustrie“-Kodex sei nicht gegeben. Man habe sowohl gegenüber der Veranstalterin als auch gegenüber der Organisationsfirma deutlich gemacht, dass die Sponsoreneigenschaft des Mitgliedsunternehmens offen zu legen ist. So sei mündlich darauf hingewiesen worden, dass man in der Einladung als Sponsor genannt werden müsse. Außerdem seien alle Ärzte, die sich angemeldet hätten, angerufen worden; ihnen sei mitgeteilt worden, dass das Mitgliedsunternehmen Sponsor sei. Jeder Arzt, der an der Veranstaltung teilgenommen habe, sei demgemäß über die Sponsoreneigenschaft des Mitgliedsunternehmens informiert gewesen.

II. Begründung

Der Einspruch ist zulässig. Er ist innerhalb der Zweiwochenfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 VerfO eingelegt und zugleich, was gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 VerfO geboten ist, begründet worden.

Der Einspruch ist jedoch unbegründet, die Entscheidung des Spruchkörpers 1. Instanz ist daher zu bestätigen.

Gegenstand der Entscheidung 1. Instanz und daher auch des Einspruchsverfahrens ist allein eine mangelnde Offenlegung der finanziellen Unterstützung bei der Ankündigung der Veranstaltung, nicht auch bei ihrer Durchführung. Der Spruchkörper 1. Instanz hat lediglich einen Verstoß bei der Ankündigung der Veranstaltung angenommen und zum Gegenstand des Tenors gemacht, dagegen nicht (auch) einen Verstoß bei der Durchführung der Veranstaltung.

Zu Recht hat der Spruchkörper 1. Instanz festgestellt, dass das Unternehmen gegen § 20 Abs. 5 Satz 3 „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex verstoßen hat, und es daher zur Unterlassung verpflichtet.

Nach § 20 Abs. 5 Satz 3 „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex müssen Mitgliedsunternehmen, die externe Fortbildungsveranstaltungen finanziell unterstützen, darauf hinwirken, dass die Unterstützung sowohl bei der Ankündigung als auch bei der Durchführung der Veranstaltung vom Veranstalter offen gelegt wird.

Auch nach Auffassung des Spruchkörpers 2. Instanz hat das Unternehmen gegen § 20 Abs. 5 Satz 3 „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex verstoßen, weil es nicht (in genügendem Maße) darauf hingewirkt hat, dass der Veranstalter die finanzielle Unterstützung durch das Mitgliedsunternehmen bei der Ankündigung der Fortbildungsveranstaltung offen gelegt hat.

Bei der – CME zertifizierten – Veranstaltung handelt es sich um eine „externe Fortbildungsveranstaltung“ im Sinne von § 20 „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex.

Die Ankündigung = Einladung enthält nicht den erforderlichen Hinweis auf die finanzielle Unterstützung durch das Unternehmen. Es trifft zwar zu, dass das Mitgliedsunternehmen nicht automatisch für ein Fehlverhalten des Veranstalters verantwortlich ist; der Kodex verlangt nur ein „Hinwirken“. Das bedeutet aber nicht, dass das Mitgliedsunternehmen dieser Pflicht genügt, indem es insoweit in irgendeiner Weise tätig wird. Vielmehr hat es alle gebotenen, ihm zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, damit das Transparenzgebot des Kodex vom Veranstalter eingehalten wird.

Das Unternehmen hat nicht im dargelegten Sinne (nämlich in genügendem Maße) darauf hingewirkt, dass der Veranstalter einen solchen Hinweis in die Einladung aufnimmt. Es hat lediglich mündlich darauf hingewiesen, dass es in der Einladung als Sponsor genannt werden müsse. Damit hat es seiner Hinwirkungspflicht nicht genügt. Im Sponsor-Vertrag oder wenigstens mit einem gesonderten schriftlichen Hinweis hat es nicht darauf hingewirkt, dass das Transparenzgebot in der Einladung zu beachten ist.

Spätestens bei der vertraglichen Zusage der finanziellen Mittel für die Veranstaltung hätte das Mitgliedsunternehmen den Veranstalter unter Bezugnahme auf seine Verpflichtung nach dem „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex schriftlich, klar und eindeutig darauf hinweisen müssen, dass seine Sponsoreigenschaft den Ärzten gegenüber schon bei der Ankündigung = Einladung offen gelegt werden muss. Allein wegen der Unterlassung eines schriftlichen Hinweises ist ein Verstoß gegen ihre Hinwirkungspflicht zu bejahen.

Der Umfang der Hinwirkungspflicht ist unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Dokumentation zu bestimmen, wie er im „Gemeinsamen Standpunkt“ der Verbände enthalten ist, auf den die Einleitung des „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex ausdrücklich Bezug nimmt. Danach erfordert das Dokumentationsprinzip für den Klinikbereich, dass alle Leistungen an medizinische Einrichtungen oder deren Mitarbeiter schriftlich fixiert werden, so dass anhand einer vollständigen Dokumen-tation der zugrunde liegenden Vertragsbeziehungen und der gewährten Leistungen die Kooperationsbeziehungen leichter nachvollzogen werden können. Daraus ergeben sich, wie es in der Einleitung des „FS Arzneimittelindustrie“-

Kodex heißt, auch „wertvolle Orientierungspunkte“ für die Zusammenarbeit der pharmazeutischen Industrie mit Ärzten im niedergelassenen Bereich. Das Dokumentationsprinzip ist auch zur Auslegung des § 20 Abs. 5 Satz 3 „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex heranzuziehen, soweit es um die Frage geht, welche Maßnahmen für das Mitgliedsunternehmen geboten und zumutbar sind, damit dem Transparenzgebot genüge getan wird. Demnach hat das „Hinwirken“ schriftlich zu erfolgen.

Ob das Unternehmen die finanzielle Zusage sogar von einer Verpflichtung des Veranstalters zur Offenlegung abhängig machen und/oder die Einladung sich vor deren Versendung zur Überprüfung vorlegen lassen und diese überprüfen musste, dürfte dagegen zu verneinen sein, anders als möglicherweise im Falle der Wiederholung nach erfolgtem Verstoß.

Es kommt nicht darauf an, dass die Ärzte nachträglich – unmittelbar nach der Anmeldung und später während der Veranstaltung – auf die finanzielle Unterstützung durch das Unternehmen hingewiesen worden sind. Der Kodex schreibt eindeutig vor, dass der Hinweis bereits bei der Ankündigung – das ist hier die Einladung – erfolgen muss. Die Ankündigung war bereits erfolgt, als die Ärzte, die sich angemeldet hatten, darauf hingewiesen worden sind, dass das Unternehmen Sponsor sei; die nachfolgenden Anrufe gehören nicht mehr zum Vorgang der Ankündigung.

Ob der Arzt wie hier durch einen späteren Hinweis Bescheid wusste, als er zur Veranstaltung anreiste, und daher hätte absagen können, ist ebenfalls unerheblich. Auf Kausalitätsüberlegungen, wie sie das Unternehmen anstellt, kommt es nicht an. Entscheidend ist allein, dass die Anmeldung die finanzielle Unterstützung durch das Unternehmen nicht offen gelegt und dieses nicht (in genügendem Maße) darauf hingewirkt hat, dass es als Sponsor genannt worden ist.

Die Höhe des Ordnungsgeldes in Höhe von EUR 10.000 ist angemessen.

Ergebnis

Die Entscheidung des Spruchkörpers 2. Instanz ist im Sinne der „FS Arzneimittelindustrie“-Verfahrensordnung unanfechtbar. Ein Rechtsbehelf ist insoweit nicht möglich. Das Verfahren ist abgeschlossen.

Berlin, im Juli 2005