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§§ 19 Abs. 5, 18 Abs. 3 FSA-Kodex (2006), §§ 19 Abs. 2 Nr. 7, 18 Abs. 1 Nr. 6 (FSA-Kodex Fachkreise, 2008) – Höhe der Vergütung für Aufwand des Arztes bei AWB, angemessener Stundensatz, Multiplikator bei Anwendung der GOÄ-Ziffer

AZ.: FS II 5/08/2007.12-217

Leitsätze

1. Bei einer Anwendungsbeobachtung (AWB) ist nur der über die Praxisroutine hinausgehende Mehraufwand (z.B. Einarbeiten in die Unterlagen, Ausfüllen der Untersuchungsbögen, Übertragung von Patientendaten, Versand der Untersuchungsbögen) voll vergütungsfähig. Hypothetischer Zeitaufwand (z. B. für Nachfragen des Unternehmens bzw. der CRO, Ausfüllen von UAW-Erfassungsbögen), bei dem nicht dargelegt ist, bei welcher Anzahl von Einzeldokumentationen er anfällt, kann im Wege einer Durchschnittsberechnung nur zur Hälfte berücksichtigt werden.

2. Wird die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) als Anhaltspunkt für die Angemessenheit der Vergütung genommen – § 19 Abs. 5 i.V.m. § 18 Abs. 3 FSA-Kodex (2006), § 19 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 6 (FSA-Kodex Fachkreise 2008) – ist Ziffer 85 des Anhangs zur GOÄ heranzuziehen, wonach die einfache Gebühr für eine schriftliche gutachterliche Äußerung mit einem das gewöhnliche Maß übersteigenden Aufwand (mehr als 20 Min.) für jede angefangene Stunde Arbeitszeit 29,14 Euro beträgt, was beim 2,3-fachen Multiplikator einen Stundensatz von 67,02 Euro (je angefangene Stunde) ergibt. Im vorliegenden Fall war der 1,8-fache Satz angemessen.

3. Ein Stundensatz von 75,00 Euro (analog Ziff. 85 Angang zur GOÄ je angefangene Stunde Arbeitszeit) ist für die Berechnung der Vergütung der ärztlichen Tätigkeit bei einer AWB gemäß § 19 Abs. 5 i.V.m. § 18 Abs. 3 (FSA-Kodex 2006) bzw. § 19 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 6 (FSA-Kodex Fachkreise, 2008) in der Regel angemessen. Ein Stundensatz von 150,00 Euro ist in jedem Fall unangemessen hoch.

Sachverhalte

Auf Grund eines Vorstandsbeschlusses vom 10. Dezember 2007 leitete der FSA ein Beanstandungsverfahren gegen das Mitgliedsunternehmen ein. Im vorliegenden Verfahren geht es um die Anwendungsbeobachtung (AWB) mit dem Arzneimittelmittel XY. Dieses wurde 2003 zugelassen.

Das Unternehmen führt seit September 2005 (Beginn der Patientenrekrutierung) die AWB in der Behandlung älterer Patienten (ab 65 Jahren) mit der indizierten Erkrankung durch. Primäres Ziel ist es, Erkenntnisse über die hämatologische und nicht-hämatologische Verträglichkeit des Arzneimittels zu gewinnen. Zusätzlich sollen Erkenntnisse über das hämatologische, zytogenetische und molekulare Ansprechen bzw. auftretende Resistenzen bei Patienten gewonnen werden. Da in der ursprünglich vorgesehen Rekrutierungsphase bis September 2007 die Zahl von 150 Patienten nicht erreicht werden konnte, wurde sie bis Dezember 2007 verlängert. Insgesamt 98 Patienten sind bei niedergelassenen Ärzten in die AWB eingeschlossen worden.

Nach dem Beobachtungsplan sollen über einen Zeitraum von zwei Jahren Patientendaten dokumentiert werden, die im Rahmen der Praxisroutine erhoben werden. Vorgesehen sind eine Eingangsuntersuchung, maximal vier Zwischenuntersuchungen (jeweils nach 3, 6, 12 und 18 Monaten) und eine Abschlussuntersuchung der Patienten. Die erhobenen Daten (unter anderem zu Vorbehandlungen, Begleiterkrankungen, Begleitmedikation sowie die Laborwerte der Blutuntersuchung und die Ergebnisse von zytogenetischen und molekularen Untersuchungen) sollen in Erfassungsbogen dokumentiert werden. Der Bogen zur Eingangsuntersuchung umfasst fünf Seiten, der für die Folgeuntersuchungen und für die Abschlussuntersuchung jeweils drei Seiten.

Für die vollständige Dokumentation der Eingangs- und der Abschlussuntersuchungen sagte das Unternehmen den Ärzten vertraglich jeweils 200 € zu, der Zwischenuntersuchungen jeweils 150 €, insgesamt maximal 1.000 €.

Das Unternehmen machte dazu geltend: Pro Patient fielen bei vollständiger Dokumentation in zwei Jahren ca. 6,5 Arbeitsstunden an. Der von ihr zugrunde gelegte Stundensatz von 150 €/Stunde sei angemessen. Zuzüglich 25 € für Kopie-, Telefon- und Portokosten ergebe sich ein Gesamthonorar von 1.000 €.

Der FSA nahm wegen der Höhe der Vergütung einen Verstoß gegen § 19 Abs. 5 in Verbindung mit § 18 Abs. 3 FSA-Kodex an und mahnte das Unternehmen mit Schreiben vom 14. August 2008 ab.

Das Unternehmen trug demgegenüber noch vor: Ihm müsse, wenn es eine Vergütung für eine ärztliche Leistung vereinbare, bei der Angemessenheit ein Ermessensspielraum eingeräumt werden.

Am 17. September 2008 erließ der Spruchkörper 1. Instanz folgende Entscheidung:

1) Es wird festgestellt, dass das Unternehmen im Rahmen der Durchführung einer Anwendungsbeobachtung für das Arzneimittel XY den teilnehmenden Ärzten als Vergütung für die Dokumentation pro Patient für eine „Eingangsuntersuchung“ und/oder „Abschlussuntersuchung“ jeweils 200 €, für die Dokumentation von „Zwischenvisiten“ (bis zu vier pro Patient) jeweils 150 € versprochen und, soweit die vollständigen Dokumentationen bereits abgeliefert wurden, gezahlt hat. Damit wurde gegen § 19 Abs. 5 in Verbindung mit § 18 Abs. 3 des FSA-Kodex in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.03.2006 verstoßen. Soweit das Unternehmen entsprechende Vergütungen für dokumentierte Untersuchungen nach dem 14.08.2008 gezahlt hat, liegt ein Verstoß gegen § 19 Abs. 2 Nr. 7 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Nr. 6 des FSA-Kodex in der geänderten Fassung laut Bekanntmachung vom 07.05.2008 vor. Der Beanstandung war daher stattzugeben.

2) Das Unternehmen wird verpflichtet, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen der Durchführung einer Anwendungsbeobachtung für das Arzneimittel XY teilnehmenden Ärzten pro Patient, der in die Anwendungsbeobachtung eingeschlossen ist,

a) für die Dokumentation der „Eingangsuntersuchung“ und/oder „Abschlussuntersuchung“ jeweils 200 € zu versprechen und/oder zu zahlen

und/oder

b) für die Dokumentation von Zwischenvisiten der Patienten jeweils 150 € zu versprechen und/oder zu zahlen.

3) Für jeden Fall schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus der vorstehenden Ziffer 2 hat das Unternehmen ein Ordnungsgeld gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 der „FS Arzneimittelindustrie“-Verfahrensordnung i.H.v. 15.000 € an den FS Arzneimittelindustrie e.V. zu zahlen.

4) (Kostenregelung)

Gegen die Entscheidung hat das Unternehmen fristgerecht Einspruch eingelegt und diesen zugleich begründet. Es vertieft sein Vorbringen 1. Instanz und macht ergänzend geltend, dass es in der Wahl der Berechnungsmethode frei sei.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig.

Der Einspruch ist unbegründet. Er ist daher zu verwerfen, die Entscheidung 1. Instanz zu bestätigen.

Die Frage, ob die beanstandeten Anwendungsbeobachtungen gegen den FSA-Kodex verstoßen, beantwortet sich bis zum Inkrafttreten des FSA-Kodex 2008 zunächst nach dem FSA-Kodex 2004 und dann nach dem FSA-Kodex 2006, für die Zeit danach, d.h. im Hinblick auf noch nicht ausgezahlte Vergütungen, nach der Neufassung. Das gilt auch, soweit es um die Unterlassungsverpflichtung geht; denn diese erfasst zukünftiges Verhalten. Die maßgebenden Bestimmungen der § 5 Abs. 5, § 4 Abs. 3 FSA-Kodex 2004 und § 19 Abs. 5, § 18 Abs. 3 FSA-Kodex 2006 stimmen überein, im hier wesentlichen Inhalt auch mit § 19 Abs. 2 Nr. 7, § 18 Abs. 1 Nr. 6 FSA-Kodex 2008.

Die Zusage und/oder die Auszahlung der versprochenen Vergütungen durch das betroffene Mitglied verstoßen gegen die genannten Bestimmungen. Auch nach Auffassung des Spruchkörpers 2. Instanz stehen die einzelnen Vergütungen nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den Leistungen der Ärzte.

Die beanstandeten Vergütungen betreffen die Eingangsuntersuchung, maximal vier Zwischenuntersuchungen und die Abschlussuntersuchung. Die einzelnen Untersuchungen sind getrennt zu betrachten. Die vereinbarten Vergütungen von 200 €, jeweils 150 € und 200 € sind unangemessen hoch. Dadurch entstand ein – kodexwidriger – Anreiz zur Verordnung des Arzneimittels.

1) In den Verträgen mit den Ärzten hat das betroffene Mitglied für die einzelnen Leistungen keine Stundensätze, sondern Pauschalen vereinbart. Pauschalen, die den durchschnittlichen Aufwand der Ärzte berücksichtigen, sind zweckmäßig und als solche ohne weiteres kodexkonform. Die vereinbarten Pauschalen müssen aber in einem angemessenen Verhältnis zu den zu erbringenden (erbrachten) Leistungen der Ärzte stehen. Bei der Überprüfung ist vom durchschnittlichen Zeitaufwand für die einzelnen Leistungen auszugehen und dieser dann mit dem angemessenen Stundensatz zu multiplizieren.

2) Nach der Auffassung des Spruchkörpers 2. Instanz ist der durchschnittliche Zeitaufwand des Arztes wie folgt zu bemessen:

  • Eingangsuntersuchung 85 Minuten
  • Zwischenuntersuchungen je 50 Minuten
  • Abschlussuntersuchung 60 Minuten

Das sind in insgesamt 345 Minuten = 5,75, aufgerundet 6 Stunden.

Wie der Spruchkörper 1. Instanz zutreffend ausgeführt hat, ist nur der Zeitaufwand vergütungsfähig, der über die Praxisroutine hinausgeht. Zur Praxisroutine gehören insbesondere die einzelnen Untersuchungen des Patienten und die damit verbundenen Erhebungen und Dokumentationen sowie die Besprechungen mit dem Patienten. Dagegen erfordern einen zeitlichen Mehraufwand diejenigen Tätigkeiten, die darin bestehen, sich in die Unterlagen der AWB einzuarbeiten, die Untersuchungsbogen auszufüllen und dabei die erhobenen und für die AWB benötigten Patientendaten aus den Patientenakten zu übertragen, die weiteren Fragen zu beantworten und die ausgefüllten Untersuchungsbogen versandfertig zu machen und zu versenden.

a) Der Spruchkörper 1. Instanz hat in Übereinstimmung mit dem betroffenen Unternehmen den Gesamtaufwand für die Eingangsuntersuchung mit 85 Minuten angenommen. Dem stimmt der Spruchkörper 2. Instanz zu.

b) Dagegen hält der Spruchkörper 1. Instanz den vom betroffenen Unternehmen zugrunde gelegten Aufwand für die Zwischenuntersuchungen (je 60 Minuten) und insbesondere für die Abschlussuntersuchung (80 Minuten) – vor allem wegen der Einberechnung hypothetischen Zeitaufwandes – für überhöht und sieht keinen nachvollziehbaren Unterschied bei den Zwischenuntersuchungen und der Abschlussuntersuchung. Trotz der Bedenken hat er für die weitere Berechnung, ebenso wie es das betroffene Mitglied getan hat, einen Zeitaufwand pro Patient von insgesamt 6,5 Stunden zugrunde gelegt, weil nach seiner – zutreffenden – Auffassung auch dann noch ein Kodexverstoß vorliegt.

Soweit es um hypothetischen Zeitaufwand geht, können entgegen der Kalkulation des betroffenen Mitglieds die nur möglichen Tätigkeiten bei der Durchschnittsberechnung nicht in vollem Umfange berücksichtigt werden. Maßgebend ist vielmehr, bei wie vielen AWBs sie voraussichtlich anfallen und um welchen Anteil aller AWBs es sich dabei handelt. Mangels anderer Anhaltspunkte geht der Spruchkörper 2. Instanz davon aus, dass solche Tätigkeiten bei der Hälfte der AWBs erforderlich sind, und legt daher bei seiner Durchschnittsberechnung insoweit nur den halben Zeitaufwand zugrunde.

Der Umfang der nur hypothetischen Tätigkeiten beträgt nach der eigenen Berechnung des betroffenen Mitglieds bei jeder Zwischenuntersuchung 25 Minuten und bei der Abschlussuntersuchung 40 Minuten. Insoweit ist jeweils die Hälfte zu berücksichtigen; das sind 12,5 Minuten, gerundet 15 Minuten (je Zwischenuntersuchung), bzw. 20 Minuten (Abschlussuntersuchung). Da die stets erbrachten Tätigkeiten – ebenfalls nach der eigenen Berechung des betroffenen Mitglieds – bei den Zwischenuntersuchungen angemessene 35 Minuten und bei der Abschlussuntersuchung angemessene 40 Minuten ausmachen, schätzt der Spruchkörper 2. Instanz den durchschnittlichen Zeitaufwand für die einzelnen Zwischenuntersuchungen auf 50 Minuten und für die Abschlussuntersuchung auf 60 Minuten.

3) In Übereinstimmung mit dem Spruchkörper 1. Instanz hält der Spruchkörper 2. Instanz einen Stundensatz von 150 € für unangemessen hoch. Angemessen sind im vorliegenden Falle 75 €.

Nach dem FSA-Kodex kann bei der Überprüfung der vereinbarten Vergütung, auch des einer Pauschale zugrunde gelegten Stundensatzes, die Gebührenordnung für Ärzte einen Anhaltspunkt bieten, auch wenn diese überholt ist und der Änderung bedarf. Insbesondere sind Pauschalbeträge kodexkonform, die sich im Rahmen der GOÄ bewegen. Da nach dem FSA-Kodex aber auch angemessene Stundensätze vereinbart werden können, um den Zeitaufwand zu berücksichtigen, sind demgemäss Pauschalen kodexgemäß, wenn ihnen angemessene Stundensätze zugrunde liegen.

a) Nach der GOÄ ist Nummer 85 heranzuziehen, wie bereits der Spruchkörper 1. Instanz zu Recht angenommen hat. Danach beträgt die einfache Gebühr je angefangene Stunde Arbeitszeit 29,14 € für eine schriftliche gutachtliche Äußerung mit einem über das gewöhnliche Maß übersteigenden Aufwand (mehr als 20 Minuten). Dem Schwierigkeitsgrad der Tätigkeit ist gemäß § 5 Abs. 2 GOÄ durch einen entsprechenden Multiplikator Rechnung zu tragen. Die Vergütung sollte zwischen dem einfachen und dem 2,3-fachen Satz liegen (ebenso Dieners, Zusammenarbeit der Pharmaindustrie mit Ärzten, 2. Aufl., Kap. 9, Rdn. 175, Seite 264).

aa) Der Spruchkörper 2. Instanz hält im vorliegenden Falle den 1,8-fachen Satz für angemessen.

Bei AWBs wie hier ist zu berücksichtigen, dass ein großer Teil der Mehrarbeit, die über die Praxisroutine hinausgeht, allein darin besteht, die Patientendaten aus den Patientenakten korrekt in die Untersuchungsbogen zu übertragen, was zum Teil von Praxispersonal – mit Kontrolle des Arztes – bewältigt werden kann. Daneben sind aber auch fachlich-ärztliche Beurteilungen vorzunehmen.

Bei Annahme eines 1,8-fachen Satzes liegen die angemessenen Beträge weit unter den vereinbarten Pauschalen, wie aus den nachfolgenden Ausführungen folgt.

bb) Selbst wenn man einen durchschnittlichen Gebührensatz von 2,3 annimmt, gelangt man zu Beträgen, die weit unter den vereinbarten Beträgen liegen. Danach ergäbe sich ein Stundensatz von 67,02 € für jede angefangene Stunde, demgemäß für die Eingangsuntersuchung (zwei angefangene Stunden) eine Vergütung von 134,04 €, für die Zwischenuntersuchungen (je eine angefangene Stunde) von je 67,02 € und für die Abschlussuntersuchung (eine Stunde) von 67,02 €, insgesamt 469,14 € zuzüglich Kopier-, Porto- und Versandkosten. Diese Beträge liegen weit unter den vereinbarten Pauschalen.

b) Soweit es um die Vereinbarung angemessener Stundensätze geht, auch in Form von Pauschalen, sind nach Auffassung des Spruchkörpers 2. Instanz im vorliegenden Falle 75 € pro angefangene Stunde angemessen.

Bei der Überprüfung der Angemessenheit sind die einzelnen Untersuchungen getrennt nach ihrem durchschnittlichen Zeitaufwand zu betrachten. Demnach sind angemessen für die Eingangsuntersuchung 150 €, für jede Zwischenuntersuchung 75 € und für die Abschlussuntersuchung ebenfalls 75 €, insgesamt 525 €. Die Beträge liegen weit unter den vereinbarten Vergütungen. Diese sind daher unangemessen hoch. Das gilt demgemäß auch für den Gesamtbetrag von maximal 1.000 €.

Die Ausführungen des betroffenen Unternehmens im Einspruchsverfahren, mit denen es einen Stundensatz von 150 € rechtfertigt, überzeugen nicht. Für die Ermittlung eines im vorliegenden Falle angemessenen Stundensatzes sind nicht die jährlichen ärztlichen Einnahmen und Ausgaben zum jährlichen Zeitaufwand in Beziehung zu setzen, um daraus einen durchschnittlichen Stundensatz zu ermitteln, der insgesamt betrachtet für den Arzt angemessen ist. Bei einer AWB geht es um eine zusätzliche Tätigkeit; sie ist für sich zu betrachten. Vergleichbar sind Honorare (Stundensätze), die üblicherweise für zusätzliche Tätigkeiten vereinbart werden, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der im Rahmen einer AWB zu erbringenden Tätigkeiten. Diese sind hier verhältnismäßig einfach und rechtfertigen eine ganz erheblich niedrigere Vergütung als etwa ein Gutachten oder ein Vortrag. Der Spruchkörper 2. Instanz, dessen Mitglieder zum größten Teil Erfahrungen mit AWBs haben, schätzt den angemessenen Stundensatz im vorliegenden Falle auf 75 €, und zwar entsprechend Nummer 85 GOÄ je angefangene Stunde.

Das betroffene Mitglied hat demnach gegen die genannten Bestimmungen des FSA-Kodex verstoßen; es ist daher zur Unterlassung verpflichtet.

Das vom Spruchkörper 1. Instanz ausgesprochene Verbot umfasst zu Recht auch die vertraglich vereinbarten, aber noch nicht geleistete Zahlungen an die beteiligten Ärzte. Das betroffene Mitglied hat sich insoweit mit seinen Vertragspartnern auseinander zu setzen. Dabei ist zu beachten, dass das Verbot nicht die Zahlung angemessener Pauschalen verbietet, sondern nur die Zahlung der vereinbarten, unangemessen hohen Beträge (nach der „Kerntheorie“ einschließlich unbedeutender Abweichungen).

Der Spruchkörper 2. Instanz hält ebenso wie die 1. Instanz die Androhung eines Ordnungsgeldes von 15.000 € für angemessen.

Die Kosten des Verfahrens, die von dem betroffenen Mitglied zu tragen sind, legt die Geschäftsstelle des FSA gemäß § 33 VerfO in Verbindung mit §§ 30, 31 VerfO fest.

Der Spruchkörper 2. Instanz sieht keine Veranlassung, gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 VerfO die Veröffentlichung des Namens des betroffenen Mitglieds anzuordnen; denn es handelt sich nicht um einen schweren Verstoß.

Berlin, im Januar 2009