Skip to content

§ 20 Abs. 1 des Kodex – Tagungsort für deutsche Ärzte im Ausland (hier Irland)

Az.: 2006.3-117 (1. Instanz)

Leitsätze

Es ist nicht kodexkonform, Ärzte ins Ausland zu einem eintägigen Symposium mit zwei Übernachtun-gen einzuladen, wenn der Grund für die Einladung ins Ausland allein die Besichtigung einer lokalen Niederlassung (Produktionsstätte) des Mitgliedsunternehmens ist und der Anteil der Betriebsbesichtigung an der gesamten Fortbildungsveranstaltung deutlich unter 50% (hier 25%) liegt.

Sachverhalt

Ein Mitgliedsunternehmen hatte deutsche Ärztinnen und Ärzte zu einem eintägigen Fortbildungssemi-nar nach Irland geladen, an dem 115 teilgenommen haben. Hauptgrund für die Auswahl des Tagungsortes war die Besichtigung der Mitgliedsniederlassung (Produktionsstätte). Die Veranstaltung beinhaltete zwei Übernachtungen. Abgesehen von der Betriebsbesichtigung wurde die Fortbildung durch Referenten durchgeführt, die alle aus Deutschland angereist waren. Die Veranstaltung begann um 17:30 Uhr. Die eingeladenen Ärzte reisten am selben Tag per Flugzeug in der Zeit von 11:15 Uhr bis 15:30 Uhr an.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Ärztinnen und Ärzte dürfen zu internen berufsbezogenen Fortbildungsveranstaltungen nur eingeladen werden, sofern sich diese mit den Forschungsgebieten, Arzneimitteln und deren Indikationen des Mit-gliedsunternehmens befassen (§ 20 Abs. 1 des Kodex). Wenn anlässlich einer Betriebsbesichtigung lediglich der Herstellungs- und Validierungsprozess von Medikamenten vorgestellt und erläutert wird, der Herstellungsprozess von Medikamenten für den unmittelbaren Tätigkeitsbereich der eingeladenen Gäste aber keine grundlegende Bedeutung hat, da dieses Wissen die Entscheidung zur Anwendung von Medikamenten bei Patienten nicht unterstützt, ist die Auswahl des Tagungsortes nicht allein nach sachlichen Gesichtspunkten erfolgt. Selbst wenn anlässlich der Betriebsbesichtigung für die Teilneh-mer die exzellente Wirkweise und das Sicherheitsprofil der Medikamentenherstellung erläutert und deutlich wird, hat dies für die Indikation sowie für die Verordnungsentscheidung des Arztes keine grundlegende Bedeutung.

Zudem war der Zeitanteil der Betriebsbesichtigung mit rund 25% der gesamten Fortbildungsveranstal-tung von absolut untergeordneter Bedeutung, d.h. auch unter diesem Aspekt ist die Auswahl des Tagungsortes nicht allein nach sachlichen Gesichtspunkten erfüllt (s. auch Entscheidung der 1. Instanz Az.: 2005.7-80).

Nicht zu beanstanden war, dass ein Teil der eingeladenen Ärzte am Tag des Beginns der Veranstal-tung bereits um 11:15 Uhr angereist sind und somit den Nachmittag zur freien Verfügung hatten, wenn diese frühen Anreisetermine allein durch die Flugpläne vorgegeben waren.

Des Weiteren stellt es keinen Kodexverstoß dar, wenn ein Mitgliedsunternehmen nach dem Ende einer wenigstens 7-stündigen Fortbildungsveranstaltung die Übernachtungskosten übernimmt. Eine Rückreise nach Veranstaltungsende wäre den Teilnehmern nur dann zumutbar, wenn der Gesamt-programmablauf incl. Fortbildung und Reisezeit nicht mehr als 12 bis 14 Stunden am Tag beträgt. Dies war von der Schiedsstelle für den zweiten Veranstaltungstag zu verneinen.

Ergebnis

Das Unternehmen hat eine geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung unterzeichnet und sich im Wiederholungsfall zur Zahlung eines Ordnungsgeldes in Höhe von EUR 15.000 verpflichtet. Das Verfahren ist damit abgeschlossen.

Berlin, im Mai 2006