Skip to content

§ 23 Abs. 2 FSA-Kodex Fachkreise: Zur Zulässigkeit von Gewinnspielen

Az.: 2020.3-618

Preisausschreiben mit Gewinnen bis zu EUR 30,00 Marktwert sind kodexkonform

Erhalten Ärztinnen und Ärzte als Gewinn bei einem Preisausschreiben ein Olivenölfläschchen im Wert von 4,50 EUR, so kann dies mit der Regelung in § 23 Abs. 2 FSA-Kodex Fachkreise vereinbar sein. Ein Mitgliedsunternehmen hatte bei einer Veranstaltung im Februar 2020 ein entsprechendes Gewinnspiel angeboten; die Beanstandende sah darin unter anderem einen Verstoß gegen das Geschenkeverbot des Kodizes Fachkreise. Die FSA-Schiedsstelle bestätigte damit ihre Spruchpraxis, dass ein Gewinn von bis zu EUR 30,00 Marktwerkt (inkl. MwSt.) in einem angemessenen Verhältnis steht. Die Beanstandung erwies sich als unbegründet, das Verfahren wurde eingestellt.

Leitsätze

1. Das Geschenkeverbot in § 21 FSA-Kodex Fachkreise ist nicht absolut, sondern enthält in Abs. 2 eine Reihe von Ausnahmen. Diese Ausnahmetatbestände hebeln das Geschenkeverbot nicht aus, sondern konkretisieren es in Übereinstimmung mit der Branchen-Auffassung.

2. Die Schiedsstelle bestätigt ihre Spruchpraxis, dass bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 FSA-Kodex Fachkreise ein Gewinn von bis zu EUR 30,00 Marktwert (inkl. MwSt.) in der Regel einem angemessenen Verhältnis zur fachlichen oder wissenschaftlichen Leistung steht (vgl. Az. FS II 1/05/2004.9-26; FS II 2/05/2004.10-28; 2007.7-186). Dabei bleibt es unbeachtlich, ob der in Aussicht gestellte Preis aus Gegenständen besteht, die – wie hier – nicht zur Verwendung in der ärztlichen Praxis bestimmt sind (vgl. Az. 2005.9-93).

Sachverhalt

Gegenstand des Verfahrens ist die Beanstandung von dritter Seite, ein Mitgliedsunternehmen habe die Regelungen des FSA-Kodex zur Veranstaltung von Gewinnspielen nicht eingehalten; dazu wurde auf ein Plakat auf einem Ausstellungsstand mit der Überschrift „Testen Sie jetzt Ihr Wissen … und gewinnen Sie ein Fläschchen mediterranes Olivenöl“ hingewiesen. Die Beanstandende vertrat zunächst die Auffassung, hier werde keine wissenschaftliche Leistung bei den Ärzten abgefragt. Darüber hinaus sah sie in der Abgabe eines Olivenölfläschchens einen Verstoß gegen das Geschenkeverbot des Kodex. Im Übrigen werde mit der Aktion ein fragwürdiger Anreiz gegeben, um Ärzte auf den Stand zu locken.

Das Unternehmen bestätigte die Aktion und führte aus, das Foto zeige den Informationsstand des Hauses bei einer Veranstaltung im Februar 2020. Dort hätten 45 Personen an dem Spiel teilgenommen und Fragen beantwortet, die ärztliches Fachwissen zu dem Präparat X und dessen Indikation betrafen; alle Teilnehmer hätten die Fragen richtig beantwortet und ein Fläschchen erhalten. Dessen Marktpreis liege bei ca. 4,50 EUR. Aus Sicht des Unternehmens liege kein Kodexverstoß vor.

Die Beanstandende hat daraufhin eingeräumt, dass ihr keine Erkenntnisse vorliegen, aus denen zu schließen sei, dass bei dem „Test“ keine wissenschaftliche Leistung erbracht wurde. Es stelle sich nichtsdestotrotz die Frage, ob die Öffentlichkeit unterscheiden könne, wann ein Fläschchen Olivenöl verschenkt würde oder wann das Ausfüllen eines Fragebogens am Kongress eine angemessene „Aufwandsentschädigung“ darstelle. Sie stellte in Frage, ob in der Abgabe nicht ein unzulässiger Anreiz gesehen werden müsse, an den Stand zu kommen. Ihrer Auffassung nach dürfe die Kodexregelung zur Zulässigkeit von Gewinnspielen das Geschenkeverbot nicht aushebeln.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Schiedsstelle stimmte der Bewertung des beanstandeten Unternehmens im Ergebnis zu.

Der FSA-Kodex Fachkreise (- im Folgenden: Kodex -) enthält in § 21 Regelungen zum Geschenkeverbot und in § 23 Regelungen zur Zulässigkeit von Gewinnspielen. Gem. § 21 Abs. 2 Kodex findet das Geschenkeverbot dann keine Anwendung, wenn die Zuwendung nach anderen Kodexbestimmungen zulässig ist. Eine solche Bestimmung ist in § 23 zu sehen (vgl. auch Az. 2005.12-105, 2. Leitsatz).

Nach § 23 Abs. 2 Kodex sind Gewinnspiele dann zulässig, wenn die Teilnahme von einer wissenschaftlichen oder fachlichen Leistung der teilnehmenden HCP abhängt und der in Aussicht gestellte Preis in einem angemessenen Verhältnis zu der durch die Teilnehmer zu erbringenden wissenschaftlichen oder fachlichen Leistung steht.

Die Teilnahme am hier veranstalteten Spiel setzte die Beantwortung einer Reihe von Fachfragen voraus. Aus Sicht der Schiedsstelle wahren diese Fragen das Kriterium der wissenschaftlichen oder fachlichen Leistung. Auch die Beanstandende räumt ein, dass ihr keine Erkenntnisse vorliegen, aus denen zu schließen sei, dass bei dem „Test“ keine wissenschaftliche Leistung erbracht wurde.

Die Tatsache, dass alle Teilnehmer sich für den Gewinn des Olivenöl-Fläschchens qualifizieren konnten, könnte zwar ein Indiz dafür sein, dass die abgefragten Antworten für die Angehörigen der Fachkreise nicht übermäßig schwierig gewesen waren, sie erlaubt aber nicht, ohne weitere Anhaltspunkte die fachliche Leistung zu verneinen. Solche Anhaltspunkte ergeben sich aus dem vorgetragenen Sachverhalt jedoch nicht. Im Übrigen hat die Schiedsstelle bereits in ihrer älteren Spruchpraxis festgestellt, dass an die Fragen eines Preisausschreibens keine erhöhten Anforderungen zu stellen sind (vgl. Az. 2005.12-105).

Zur Angemessenheit des Verhältnisses von Leistung und Preis enthalten weder der Kodex noch die Leitlinien konkrete Vorgaben. In der älteren Spruchpraxis wurde jedoch ausgeführt, dass bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 Kodex ein Gewinn von bis zu EUR 30,00 Marktwert (inkl. MwSt.) „immer“ in einem „angemessenen Verhältnis“ zur fachlichen oder wissenschaftlichen Leistung stehe (vgl. Az. FS II 1/05/2004.9-26; FS II 2/05/2004.10-28; 2007.7-186). Dabei sei es unbeachtlich, ob der in Aussicht gestellte Preis aus Gegenständen besteht, die – wie hier – nicht zur Verwendung in der ärztlichen Praxis bestimmt sind (vgl. Az. 2005.9-93). Die Schiedsstelle sieht keinen Anlass, diese Spruchpraxis im gegenwärtigen Zeitpunkt und bei dem hier vorliegenden Sachverhalt zu ändern.

Ob die Öffentlichkeit unterscheiden kann, wann ein Preis verschenkt und wann er als angemessene „Aufwandsentschädigung“ anzusehen ist, spielt nach der aktuellen Kodexregelung keine Rolle. Die hier relevanten Kodexregelungen stellen gerade nicht auf den Eindruck ab, der bei der Öffentlichkeit entstehen könnte.

Dies gilt entsprechend für die Frage, ob in der Abgabe ein Anreiz gesehen werden könnte, Besucher an den Stand zu locken. Wenn ein solcher Anreizeffekt bei den angesprochenen Fachkreisangehörigen bestehen sollte, so ist durch die zitierte Schiedsstellenpraxis jedenfalls klargestellt, bis zu welcher Grenze dieser Anreiz als kodexkonform angesehen werden kann.

Die Annahme der Beanstandenden, die Kodexregelung zur Zulässigkeit von Gewinnspielen dürfe das Geschenkeverbot nicht aushebeln, ist nur mit Einschränkungen zutreffend. Das Geschenkeverbot ist nicht absolut, sondern enthält schon in § 21 Abs. 2 Kodex eine Reihe von Ausnahmen. Diese Ausnahmetatbestände, unter die auch der hier vorgetragene Sachverhalt fällt, hebeln das Geschenkeverbot nicht aus, sondern konkretisieren es lediglich in Übereinstimmung mit der Branchen-Auffassung der vom Verband vertretenen pharmazeutischen Industrie.

Entscheidung

Nach alledem war die Beanstandung unbegründet. Das Verfahren wurde eingestellt. Die Beanstandende hat von ihrem Einspruchsrecht (§§ 3 Abs. 1 Nr. 2.a), 25 Abs. 1f. VerfO) keinen Gebrauch gemacht.

Berlin, im Juli 2020