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§ 20 Abs. 8 FSA-Kodex Fachkreise; §§ 20 Abs. 4 Satz 2; 22 Abs. 2 Satz 2 FSA-VerfO n.F.v. 01.12.2011 – Unterstützung einer externen Veranstaltung im Ausland mit überwiegend deutschen Teilnehmern; Begehungszeit der Unterstützung beim Sponsoring und Anwendung der Vorschrift über die Festsetzung einer Geldstrafe

AZ.: 2012.3-321, 322, 323, 324 (1. Instanz)

Leitsätze

1. „Unterstützung“ gem. § 20 Abs. 8 FSA-Kodex Fachkreise umfasst, ebenso wie der Begriff in § 20 Abs. 5, sowohl einseitige Zuwendungen des Unternehmens als auch Zahlungen an den Veranstalter als Gegenleistung für die Einräumung von Werberechten (z.B. das Betreiben eines Ausstellungsstandes) – sog. Sponsoring.

2. Auch wenn eine von Ärzten organsierte und durchgeführte Fortbildungsveranstaltung, die überwiegend von deutschen Ärzten besucht und überwiegend von deutschen Referenten bestritten wird, seit 20 Jahren im Ausland (Österreich) durchgeführt wird, fällt sie nicht unter die Ausnahmevorschrift des § 20 Abs. 8 Satz 2 FSA-Kodex Fachkreise, wenn es sich beim Veranstalter nicht um eine anerkannte medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft handelt. Die Vorschrift ist entsprechend ihrem Ausnahmecharakter eng auszulegen.

3. Die „Unterstützung“ gem. § 20 Abs. 5 u. Abs. 8 FSA-Kodex Fachkreise ist nicht schon mit Abschluss eines Sponsoringvertrages zwischen Unternehmen und Veranstalter beendet, sondern erst mit der realen Leistungserbringung.

4. Die Festsetzung einer Geldstrafe gem. §§ 20 Abs. 4 Satz 2; 22 Abs. 2 Satz 2 FSA-VerfO n.F. vom 01.12.2011 gegen ein Unternehmen, das sich im Regelverfahren unterwirft oder dessen Verstoß gegen § 20 Abs. 8 FSA-Kodex Fachkreise durch Entscheidung festgestellt wird, verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot, wenn die Strafbestimmung in der verschärften Fassung zwar nach Abschluss des Sponsoringvertrages, aber vor Betreiben des Ausstellungsstandes bei der Veranstaltung und Zahlung des Sponsoringbetrages in Kraft trat. Die Vorschrift des § 2 Abs. 2 StGB, wonach bei Änderung der Strafdrohung während der Tatbegehung das Gesetz anzuwenden ist, das bei Beendigung der Tat gilt, ist auf die Vereinsstrafe analog anwendbar.

5. Die mit Änderung des § 15 Abs. 3 FSA-VerfO vom 01.12.2011 eingeführte obligatorische Namensnennung des beanstandeten Unternehmens bei der Berichterstattung über begründete Beanstandungsverfahren ist keine Sanktion, die von den Spruchkörpern festzulegen wäre, sondern eine Maßnahme der Transparenz.

Sachverhalt

Der „Urologische Winterworkshop“, eine offenbar seit 1992 jährlich durchgeführte medizinische Fach- und Fortbildungsveranstaltung, fand als „21. Urologischer Winterworkshop“ vom 24. – 27.01.2012 im Hotel Krallerhof in Leogang (Österreich) statt (nachfolgend „Veranstaltung“). Bis 2006 war Tagungsort ein Hotel in Maria Alm (Österreich), ab 2007 das o.g. Hotel in Leogang. Als Veranstalter trat das Urologiezentrum München Praxismanagement AG in 82152 Planegg auf, ein Zusammenschluss urologischer Kliniken und Privatpraxen. Eine größere Anzahl der Referenten und Moderatoren stammte ebenfalls aus dieser urologischen Klinik und deren Umfeld. In der Kategorie „Archiv“ im Internetauftritt des Workshops sind von 1999 bis einschließlich 2007 alle Teilnehmer und Referenten mit ihrer Herkunft aufgelistet. Danach stammten sowohl die Teilnehmer als auch die Referenten ganz überwiegend, d. h. zu weitaus mehr als der Hälfte, aus Deutschland. Aus dem Programm für den 21. Winterworkshop 2012 ergibt sich, dass von 55 Referenten und Moderatoren 51 aus Deutschland, nur 4 aus dem Ausland kamen. Auskünfte über die Zusammensetzung der Teilnehmer nach ihrer nationalen Herkunft für die Veranstaltung in 2012 erteilten bis Abschluss der Ermittlungen weder der Veranstalter noch der Kongressorganisator.

Die Veranstaltung 2012 wurde von mehreren Unternehmen, darunter insgesamt 4 FSA-Mitgliedern, Janssen-Cilag GmbH, Jenapharm GmbH & Co.KG, Nycomed GmbH, Takeda Pharma GmbH, mit Beträgen zwischen 1.000 und 5.000 EUR finanziell unterstützt. Als Gegenleistung wurde den Unternehmen seitens des Veranstalters das Betreiben von Ausstellungsständen und die Nennung als Sponsoren in allen Veranstaltungsunterlagen eingeräumt.

Gegen den Vorwurf der unzulässigen Unterstützung einer externen Veranstaltung im Ausland mit überwiegend aus Deutschland stammenden Teilnehmern brachten die Mitgliedsunternehmen unterschiedliche Argumente vor. Der Begriff „Unterstützung“ erfasse nur einseitige Zuwendungen an den Veranstalter, nicht dagegen Entgelte für die Einräumung von Werberechten, das sog. Sponsoring. Beim Urologischen Winterworkshop handele es sich um eine seit Jahren etablierte Veranstaltung von hohem fachlich-wissenschaftlichen Rang, wobei die gute Erreichbarkeit für die Wahl des österreichischen Veranstaltungsortes unweit der deutschen Grenze spreche.

Zwei Unternehmen wandten sich zusätzlich gegen die Festsetzung einer Geldstrafe im Rahmen der Abmahnung. Diese erst am 1.12.2011 in die FSA-VerfO als Regelstrafe aufgenommene Sanktion werde unzulässig rückwirkend auf den vorliegenden Sachverhalt angewendet, weil die den Leistungen zugrundeliegenden Sponsoringverträge zwischen Unternehmen und Veranstalter bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung geschlossen wurden.

Das Rückwirkungsverbot stehe auch einer Nennung des Firmennamens im Fall der Veröffentlichung der Entscheidung des Spruchkörpers 1. Instanz entgegen. Denn auch diese Namensnennung sei eine Sanktion, die als Regelfall erst ab 1.12.2011 in Kraft trat.

Ein „schwerer“ Kodexverstoß, bei dem Strafe und Namensnennung auch nach alter Fassung der VerfO hätten angeordnet werden können, liege hier nicht vor.

Wesentliche Entscheidungsgründe

1. Die Unternehmen haben gegen § 20 Abs. 8 des FSA-Kodex Fachkreise verstoßen, weil sie den 21. Urologischen Winterworkshop 2012 finanziell unterstützt haben.

Der Kongress, der in Österreich stattfand, ist für die in Deutschland ansässigen Unternehmen eine „internationale Veranstaltung“ i.S.d. § 20 Abs. 8 S. 3 FSA-Kodex Fachkreise. Auf den vorliegenden Sachverhalt finden gemäß § 20 Abs. 9 S. 1 FSA-Kodex Fachkreise sowohl der deutsche Kodex als auch der Verhaltenskodex der Vereinigung der pharmazeutischen Industrie Österreichs („Kodex Pharmig“) Anwendung, wobei im Konfliktfall die jeweils strengere Regelung Vorrang genießt (s. § 20 Abs. 9 S. 5 FSA-Kodex Fachkreise). Da jedoch der einschlägige Artikel 7.5 des Kodex Pharmig mit § 20 Abs. 8 S. 1 und 3 FSA-Kodex Fachkreise fast wortlautidentisch ist und keine strengeren Regelungen als der deutsche Kodex enthält, ist der vorliegende Sachverhalt ausschließlich nach der einschlägigen Vorschrift des FSA-Kodex Fachkreise zu beurteilen.

§ 20 Abs. 8 FSA-Kodex Fachkreise ist nicht nur bei einseitigen Zuwendungen des Unternehmens an den externen Veranstalter anwendbar. „Unterstützung“ im Sinne des § 20 Abs. 5 FSA-Kodex Fachkreise kann sowohl durch einseitige finanzielle Zuwendungen erfolgen als auch durch Zahlungen des Unternehmens im Gegenzug zur Einräumung von Werberechten (z. B. Errichtung eines Ausstellungsstandes, werbewirksame Hinweise auf das Unternehmen in Kongress- Einladungen und sonstigen Materialien) – sog. Sponsoring (s. Dieners, Handbuch Compliance im Gesundheitswesen, 3.A. Kap. 11 Rn. 250; FS I 2005.2-56). Aus der Entstehungsgeschichte, dem Sachzusammenhang und dem Zweck der Vorschriften folgt, dass der Begriff „Unterstützung“ auch in § 20 Abs. 8 FSA-Kodex Fachkreise beide Formen von Zuwendungen einschließt.

In Article 9, Section 9.01 und 9.02 des EFPIA HCP-Code sind die Beteiligungsformen von Unternehmen an Veranstaltungen („events“) durch die Begriffe „organise“ or „sponsor“ erfasst.

Dem Begriff „sponsor“, der jede Förderung einschließt, auch wenn der Förderer damit eigene werbliche Zwecke verfolgt, entspricht in der Umsetzung im FSA-Kodex der Begriff „unterstützen“. Section 9.02 EFPIA HCP-Code und § 20 Abs. 8 FSA-Kodex Fachkreise sind Reaktionen auf die Kritik der Öffentlichkeit an von Unternehmen selbst organisierten oder unterstützten Fortbildungsveranstaltungen für Ärzte, die ohne sachlich gerechtfertigten Grund im Ausland, häufig an touristisch attraktiven Orten, stattfanden. Angesichts des Normzwecks, die Durchführung oder Unterstützung derartiger Veranstaltungen nur noch unter definierten sachlichen Voraussetzungen zuzulassen, ist es gleich, ob die finanzielle Unterstützung völlig ohne Gegenleistung („altruistisch“) oder im Gegenzug zur Einräumung von Werberechten, als sog. echtes Sponsoring (dazu näher: Lembeck in Dieners, a.a.O. Kap. 8 Rn. 56 f), erfolgt. Eine Differenzierung zwischen Sponsoring und einseitigen Zuwendungen (Geschenken, Spenden) mag für die steuerliche Abzugsfähigkeit relevant sein, nicht aber für die Auslegung des § 20 Abs. 5 und 8 FSA-Kodex-Fachkreise.

2. Nach der 1. Alternative des § 20 Abs. 8 Satz 1 FSA-Kodex Fachkreise wäre eine Unterstützung für den 21.Winterworkshop nur zulässig, wenn die Mehrzahl der Teilnehmer nicht aus Deutschland käme. Hierzu hat jedoch keines der Unternehmen, zu denen auch langjährige Sponsoren der Veranstaltung zählen, substantiiert vorgetragen. Aus allgemein zugänglichen Quellen (Internet) über die nationale Herkunft der Teilnehmer des Winterworkshop, die dem Spruchkörper 1. Instanz für die Jahre 1999 – 2007 vorlagen, ergibt sich, dass die ganz überwiegende Zahl der Teilnehmer, wie auch der Referenten, in jedem dieser Jahre aus Deutschland stammte, nur vereinzelte Teilnehmer kamen aus dem Ausland. Diese Fachveranstaltung war und ist entsprechend ihrer Tradition nicht auf einen internationalen fachlich- wissenschaftlichen Austausch bezogen. Das Programm wurde und wird auch in 2012 wesentlich bestimmt durch Fachreferenten aus Deutschland, insbesondere aus urologischen Kliniken in München und dessen Umfeld. Die Veranstaltung war und ist ausgerichtet auf die fachlich-wissenschaftliche Information und Fortbildung deutscher Ärzte. Die Sprache der Referate und Workshops ist laut Programm durchgängig deutsch. Angesichts dieser Tradition hat der Spruchkörper keinen Grund zu der Annahme, dass sich die Zusammensetzung der Teilnehmer der Veranstaltung nach ihrer nationalen Herkunft in den Jahren ab 2008 und insbesondere in 2012 insoweit wesentlich verändert hat, dass nunmehr die Mehrzahl der teilnehmenden Ärzte nicht aus Deutschland käme.

Auch die Voraussetzungen der 2. Alternative des § 20 Abs. 8 Satz 1 FSA-Kodex Fachkreise, die unter der Annahme greifen könnte, dass die Mehrzahl der Veranstaltungsteilnehmer nicht aus dem Ausland kommt, sind nicht gegeben. Es fehlt an der sachlichen Rechtfertigung, diese Veranstaltung im Ausland und insbesondere in einem Hotel in Leogang, in einem österreichischen Skigebiet, durchzuführen. Eine solche Rechtfertigung besteht vor allem bei Kongressen mit internationalem wissenschaftlichen Austauschcharakter, bei denen hierfür notwendige Ressourcen oder Fachkenntnisse gerade an dem gewählten Veranstaltungsort zur Verfügung stehen, und es nicht sachgerecht wäre, deutsche Unternehmen von der Unterstützung auszuschließen, nur weil zufällig die Teilnehmer mehrheitlich aus Deutschland kommen (s. hierzu Dieners, a.a.O. Kap. 11, Rn. 258f, 263). Beim Urologischen Winterworkshop handelt sich jedoch lediglich um die Verlagerung einer Fortbildungsveranstaltung, die von ganz überwiegend deutschen Referenten für ganz überwiegend deutsche Teilnehmer bestritten wird, ins Ausland. Die bloße Tatsache, dass der Münchener Veranstalter aus hier nicht näher zu prüfenden Gründen die Referenten am Tagungsort Leogang versammelt und die Fortbildung dort anbietet, reicht für eine Bejahung der Voraussetzungen der 2. Alternative nach § 20 Abs. 8 S. 1 FSA-Kodex Fachkreise nicht aus, da ansonsten der Ausnahmecharakter der Vorschrift unterlaufen würde (s. Dieners a.a.O. Kap. 11, Rn. 265).

Da somit die Voraussetzungen beider Alternativen von § 20 Abs. 8 S. 1 FSA-Kodex Fachkreise nicht vorliegen, erübrigt sich eine Prüfung, ob jeweils logistische Gründe für die Wahl des Veranstaltungsortes Leogang sprechen.

Auch die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 Abs. 8 S. 2 des FSA-Kodex Fachkreise, der ausnahmsweise besondere Gründe für die Wahl des Veranstaltungsortes im Ausland bei überwiegend deutschen Veranstaltungsteilnehmern zulässt, sind nicht gegeben. Zwar kann man dem Urologischen Winterworkshop den Charakter einer inzwischen etablierten fachlichen Veranstaltung nicht absprechen, doch handelt es sich bei diesem Veranstalter nicht um eine nationale oder internationale medizinisch- wissenschaftliche Fachgesellschaft, die, vergleichbar der Deutschen Gesellschaft für Urologie, Fachtagungen für ihre deutschen und österreichischen Mitglieder in gewissem Wechsel in Österreich und Deutschland durchführt. Entsprechend dem Charakter der Ausnahmevorschrift sind die hier genannten Voraussetzungen eng auszulegen.

3. Die Festsetzung einer Geldstrafe nach §§ 20 Abs. 4 S. 2; 22 Abs. 2 S. 2 FSA-VerfO n.F. ist begründet. Die Sanktion, die mit der am 01.12.2011 durch die Mitgliederversammlung des FSA beschlossenen Änderung der Satzung (§ 28 Abs. 2 S.1) und der Verfahrensordnung (§ 20 Abs. 4 S. 2) in diese Regelwerke aufgenommen wurde, stellt keine nachträgliche Anwendung einer zuvor nicht vorgesehenen Vereinsstrafe auf den hier vorliegenden Verstoß gegen § 20 Abs. 8 des FSA-Kodex Fachkreise dar.

Allerdings stellt diese Geldstrafe, die bei begründeten Verstößen gegen FSA-Kodizes als Regelstrafe zusätzlich zur Ordnungsgeldverpflichtung anzuordnen ist, gegenüber dem vorherigen Rechtszustand, der eine solche Strafe nur bei schweren oder wiederholten Verstößen vorsah, eine neue bzw. verschärfte Sanktion dar. Das sog. Rückwirkungsverbot für Strafnormen (s. Art. 103 Abs. 2 GG, §§ 1, 2 Abs. 1 StGB) ist auch auf Straf- oder Disziplinarmaßnahmen im Vereinsrecht analog anwendbar. Ein Vereinsmitglied kann nur wegen solcher Handlungen bestraft werden, die bereits zur Zeit ihrer Ausführung bzw. Begehung von der Satzung mit Strafe bedroht waren (so schon RGZ 125, S. 338 (340); Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 11. A. Rn. 2850; Stöber-Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 10. A. Rn. 988). Das Rückwirkungsverbot gilt auch für die „Tatfolgen“, und zwar sowohl gegenüber nachträglicher Zulassung zuvor nicht vorgesehener als auch nachträglicher Verschärfung bereits angedrohter Sanktionen (Eser/Hecker in Schönke/Schröder, 28. A. Rn. 4 zu § 2).

Die Festsetzung der Geldstrafe verstößt im konkreten Fall jedoch nicht gegen das Rückwirkungsverbot, weil der Kodexverstoß bei Inkrafttreten der Regelstrafe nicht beendet war. Die „Unterstützung“ im Sinne des § 20 Abs. 8 FSA-Kodex Fachkreise – zu verstehen als „finanzielle Unterstützung“ i.S.d.. § 20 Abs. 5 – ist, insbesondere wenn sie im Wege des sog. Sponsorings erfolgt, ein komplexes „Tatgeschehen“. Die einzelnen Teilakte dieses Tatgeschehens reichen vom Abschluss des Sponsoringvertrages bis zur realen Leistungserbringung, die von Seiten des Veranstalters in der Ermöglichung des Werbeauftritts für das Unternehmen bei der Veranstaltung und von Seiten des Unternehmens in der Zahlung des Sponsoringbetrages besteht. Die Verwirklichung dieser einzelnen Teilakte erstreckte sich hier von Oktober 2011 (Vertragsschluß) über die Periode vom 24. – 27.01.2012 (Betreiben des Informationsstandes), längstens bis zur Zahlung des vertraglich zugesagten Sponsoringbetrages nach Rechnungslegung des Veranstalters Anfang Februar 2012.

Den „Tathandlungen“ des § 20 Abs. 8 S. 1 FSA-Kodex Fachkreise – „Organisation“, „Durchführung“ und „Unterstützung“ – kommt neben dem Verhaltenselement ein Erfolgselement zu. Dies unterscheidet die Vorschrift von Tatbeständen wie § 17 FSA-Kodex Fachkreise, nach denen bereits das „Anbieten“ oder „Versprechen“ von (geldwerten) Vorteilen zu bestimmten Zwecken verboten ist. In solchen Fällen ist der Tatbestand bereits durch ein bestimmtes Verhalten, eine schriftliche oder mündliche Äußerung, nämlich mit Abgabe einer einseitigen Offerte oder Eingehen einer schuldrechtlichen Leistungsverpflichtung erfüllt. Zur Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals „Unterstützung“ des § 20 Abs. 8 (wie des § 20 Abs. 5) FSA-Kodex Fachkreise ist jedoch die tatsächliche Gewährung der Zuwendung erforderlich, bei Unterstützung im Wege des Sponsoring mindestens die Inanspruchnahme des vertraglich zugesagten Werbeauftritts, die das Unternehmen zur Zahlung verpflichtet. Die Begehungszeit des Kodexverstoßes (analog zur „Tatzeit“ gem. § 8 StGB) endete demnach nicht bereits mit dem Abschluss des Sponsoringvertrages, sondern mit der realen Leistungserbringung, also frühestens mit Veranstaltungsbeginn.

Auf den vorliegenden Kodexverstoß, in dessen Begehungszeitraum die Einführung der (Regel)-strafe nach § 20 Abs. 4 S. 2 FSA-VerfO n.F. fällt, ist die Vorschrift des § 2 Abs. 2 StGB entsprechend anzuwenden. Danach ist bei Änderung der Strafdrohung während der Tatbegehung das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. Die Anwendung auch von verschärften Strafdrohungen ist dadurch gerechtfertigt, dass die als einheitlich zu verstehende Tat jedenfalls auch unter Geltung des strengeren Rechts begangen wurde (s. Eser/Hecker a.a.O. Rn. 12 zu § 2). Die „Unterstützung“ der Veranstaltung wurde materiell erst wirksam mit der tatsächlichen Inanspruchnahme des vertraglich eingeräumten Werbeauftritts während des Kongresses und der im Zusammenhang damit erfolgten Rechnungsstellung des Sponsoringbetrages durch den Veranstalter. Frühestens zu diesem Zeitpunkt war der Verstoß gegen § 20 Abs. 8 S. 1 FSA-Kodex Fachkreise beendet, somit nach Inkrafttreten der Neuregelung über die festzusetzende Geldstrafe nach § 20 Abs. 4 S. 2 FSA-VerfO n.F.

Der Einwand, die vertragliche Verpflichtung zur Zahlung des Sponsoringbetrages könne ggf. vom Veranstalter gerichtlich durchgesetzt werden, greift demgegenüber nicht. Eine zwangsläufig folgende „Unterstützung“ des Veranstalters bereits durch vertragliche Zusage, mit der der Kodexverstoß beendet wäre, lässt sich hieraus allein nicht begründen. Das Unternehmen kann sich durch entsprechende Vertragsgestaltung, z,B. durch Vereinbarung von Rücktrittsrechten, der Erfüllung solcher Verpflichtungen entziehen, die sich aufgrund von Erkenntnissen nach Vertragsschluss als Verstoß gegen Kodexvorschriften herausstellen.

4. Nicht Gegenstand dieses Beanstandungsverfahrens ist die Frage, ob im Falle der Rechtskraft dieser Entscheidung eine Berichterstattung mit oder ohne Nennung des Firmennamens erfolgt. Die mit Änderung der FSA-Satzung (s. § 29 Abs. 2 S. 2) und der FSA-Verfahrensordnung (s. § 15 Abs. 3 n.F.) ab 01.12.2011 eingeführte obligatorische Namensnennung des beanstandeten Unternehmens bei der Berichterstattung über begründete Beanstandungsverfahren ist keine Sanktion, die von den Spruchkörpern anzuordnen wäre, sondern eine Maßnahme der Transparenz im Rahmen der Informationspflichten der Spruchkörper über ihre Arbeit. Dies ergibt sich u.a. aus dem Gegensatz zur aufgehobenen Regelung des § 15 Abs. 4 FSA-VerfO a.F., wonach der Name des beanstandeten Mitgliedsunternehmens nur im Falle von schweren und wiederholten Kodexverstößen zu veröffentlichen und diese Veröffentlichung auch anzuordnen war. Aus der geänderten Rechtslage den Schluss zu ziehen, was damals Sanktion war, müsse auch jetzt eine sein, widerspricht der Sachlogik (s.argumentum e contrario).

Ergebnis

Janssen-Cilag und Jenapharm haben sich nach Abmahnung verpflichtet, es zu unterlassen, den vom Urologiezentrum München Praxismanagement AG veranstalteten Urologischen Winterworkshop durch einseitige Zuwendungen oder im Wege des Sponsoring zu unterstützen, wenn der Urologische Winterworkshop nicht in Deutschland stattfindet und die Mehrzahl der Teilnehmer nicht aus anderen Ländern als Deutschland stammt. Nycomed und Takeda, die sich im Regelverfahren wegen der Geldstrafe nicht uneingeschränkt unterworfen hatten, wurden rechtskräftig zu der o.g. Unterlassung verurteilt.

Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung wurden alle vier Unternehmen zur Zahlung eines Ordnungsgeldes von jeweils EUR 20.000 verpflichtet. Darüberhinaus wurde gegen alle vier Unternehmen eine Geldstrafe von jeweils EUR 10.000, zu zahlen zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung, festgesetzt. Die Strafen wurden gezahlt.

Berlin, im November 2012