§ 6 Abs. 3 S. 2 des Kodex (vergleiche nunmehr § 20 Abs. 3, S.2) – Auswahl Tagungsort und Tagungsstätte
Leitsatz
Sachverhalt
Wesentliche Entscheidungsgründe
1. Der Einspruch ist unbegründet. Zu Recht hat der Spruchkörper 1. Instanz festgestellt, dass die beanstandete Veranstaltung gegen den „FS Arzneimttelindustrie“-Kodex verstieß, und deshalb das Mitglied zur Unterlassung, ferner zur Zahlung eines Ordnungsgeldes im Falle einer wiederholten Zuwiderhandlung verpflichtet.
2. Die beanstandete Veranstaltung verletzte § 20(3) 2 des „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex. Das Mitglied hat die Tagungsstätte für ihre interne Fortbildungsveranstaltung nicht allein nach sachlichen Gesichtspunkten ausgewählt. Im Vordergrund, zumindest nicht im Hintergrund stand der Freizeitwert, der für die teilnehmenden Ärzte mit der Filmvorführung verbunden war; diese war im Rahmen eines Gesamtangebotes derart mit der Fortbildung verknüpft, dass von einer Auswahl der Tagungsstätte allein nach sachlichen Gesichtspunkten keine Rede sein kann. Die Durchführung der Veranstaltung verstieß daher gegen den „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex.
3. Der Umstand, dass der Vortrag in einem Kinosaal stattfand, ist für sich allein noch nicht zu beanstanden. Die Unzulässigkeit des Kinocenters als Tagungsstätte folgt aber aus der als einheitliche Veranstaltung angebotenen Kombination des berufsbezogenen wissenschaftlichen Vortrags mit dem anschließenden Besuch des Films. Das ist nicht dasselbe wie die bloße Anmietung eines Kinosaals, um eine Fortbildungsveranstaltung durchzuführen, auch wenn die Teilnehmer die sich ihnen bietende Gelegenheit nutzen können, anschließend von sich aus im selben Kino einen Film zu besuchen.
4. Wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, hat das Mitglied im Rahmen eines Gesamtangebots Ärzte in ein Kinocenter zu einer Fortbildungsveranstaltung und im Anschluss daran zu einem, wenn auch entgeltlichen Besuch eines Films eingeladen, sogar zur Vorpremiere eines besonders attraktiven Films. Als die Ärzte ihre Teilnahme zusagten, stand aus ihrer Sicht eher die Filmvorführung und der damit verbundene Freizeitwert im Vordergrund, jedenfalls aber nicht nur im Hintergrund. Bei der von dem Mitglied verschafften Gelegenheit eines Filmbesuchs wurde ihnen vorher ein berufsbezogener Vortrag angeboten. Der Vortrag und der Filmbesuch bildeten zumindest gleichwertige Teile eines einheitlichen Gesamtpaketes, in dessen Rahmen die Organisation des entgeltlichen Filmbesuchs dazu diente, die angesprochenen Ärzte zu veranlassen, ihre Teilnahme an der Fortbildungsveranstaltung zuzusagen und sich vor der Filmvorführung einen Vortrag anzuhören. Beides ging (nahtlos) ineinander über. Der Vortrag und der Filmbesuch erschienen als einheitliche, von dem Mitglied organisierte Veranstaltung. Dem steht nicht entgegen, dass die Filmvorführung auch der Öffentlichkeit zugänglich war.
5. Bei dem von dem Mitglied organisierten Filmbesuch geht es im Verhältnis zur Fortbildungsveranstaltung nicht etwa um ein bloßes, erlaubtes Rahmenprogramm von völlig untergeordneter Bedeutung. Nach dem „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex sind Rahmenprogramme nicht von vornherein verboten. Die Vorschrift des § 20 (2) 3 geht vielmehr davon aus, dass sie zulässig sein können; denn die Bestimmung verbietet lediglich die Übernahme von Kosten. Ein „Rahmenprogramm“ kann jedoch im Einzelfall ein solches Gewicht erhalten, dass die Fortbildungsveranstaltung demgegenüber in den Hintergrund tritt oder zumindest nicht mehr eindeutig im Vordergrund steht. Je nach den Umständen handelt es sich nicht mehr um ein bloßes Rahmenprogramm, sondern um einen mehr oder weniger gleichrangigen Teil eines Gesamtangebots, was zur Unzulässigkeit der Fortbildungsveranstaltung, insbesondere hier der Tagungsstätte führt.
6. Gegen die Formulierung der Unterlassungsverpflichtung bestehen keine Bedenken. Dem Mitglied wird nicht verwehrt, eine Vortragsveranstaltung in einem Kinosaal durchzuführen, selbst wenn die Teilnehmer sich nach Beendigung der Veranstaltung im selben Kino von sich aus einen Film ansehen sollten. Der Kern des vorliegenden Verstoßes besteht darin, dass das Mitglied in einem Kinocenter die Fortbildungsveranstaltung mit der Organisation eines Filmbesuches zu einem Gesamtangebot verbunden hat. Das kommt in der Entscheidung des Spruchkörpers 1. Instanz auch zum Ausdruck; denn sie knüpft an das Anbieten eines sich anschließenden, nicht sachbezogenen Kinofilms an. Damit ist das vorherige Anbieten des Mitglieds im Rahmen eines Gesamtangebots gemeint. – Im Übrigen stellt die Entscheidungsformel zwar nicht auf eine (besondere) Attraktivität des Films ab. Das schadet aber nicht, weil dieser Umstand nicht zum Kern des Verstoßes gehört. Die vorstehenden Ausführungen treffen auf jeden, nicht sachbezogenen Film zu. Insoweit liegt eine zulässige Verallgemeinerung vor. Abgesehen davon ist kaum anzunehmen, dass das Mitglied den organisierten Besuch eines Films anbieten würde, der für die angesprochenen Ärzte uninteressant ist und keinerlei Attraktivität aufweist.
Ergebnis
Die Entscheidung des Spruchkörpers 2. Instanz ist im Sinne der „FS-Arzneimittelindustrie“-Verfahrensordnung unanfechtbar. Ein Rechtsbehelf ist insoweit nicht möglich.
Berlin, im November 2004