§ 10 FSA-Kodex Patientenorganisationen i.V.m. § 10 Abs. 1 HWG – Verbotene Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel bei der Veranstaltung einer Organisation der Patientenselbsthilfe
AZ.: FS II 2/10/2010.6-289
Leitsatz
Hält ein Unternehmen bei einer Veranstaltung einer Patientenorganisation, die von Patienten und interessierten Laien besucht wird, auf seinem Stand Werbegaben bereit, auf deren Verpackungen für Standbesucher sichtbar Werbung für ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel steht, ist dies nach § 10 FSA-Kodex Patientenorganisationen i.V.m. § 10 Abs. 1 HWG unzulässig, auch wenn die Werbegaben nur für Ärzte bereitgehalten und an diese abgegeben wurden.
Sachverhalt
Ein Mitgliedsunternehmen war, neben anderen Unternehmen und Organisationen, auf einem von einer Patientenorganisation veranstalteten Kongress mit einem Stand vertreten. Die Veranstaltung war für Patienten und sonstige interessierte Laien bestimmt, es wurden jedoch auch Angehörige der Fachkreise eingeladen. Die Standbetreuerin, eine Außendienstmitarbeiterin des Unternehmens, hielt auf dem Ausstellungstisch neben dem für Patienten bestimmten Informationsmaterial auch eine geringe Anzahl von Werbeartikeln in Umkartons bereit. Auf allen Seiten der Verpackung waren die Marke eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels sowie werbliche Aussagen zu diesem Arzneimittel aufgedruckt.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Werbeartikel an Patienten oder sonstige Laien abgegeben wurden. Nach den (nicht widerlegbaren) Aussagen der Standbetreuerin waren sie für einen Arzt bestimmt, mit dem die Abholung durch ihn am Stand vor der Veranstaltung telefonisch verabredet worden war. An diesen Arzt und einen Kollegen seien dann die Werbegaben auch abgegeben worden.
Der Spruchkörper 1. Instanz hielt die Beanstandung für unbegründet und hat das Verfahren eingestellt: Das Bereithalten der Werbeartikel zur Abholung durch Ärzte sei auch auf dieser Veranstaltung der Patientenorganisation keine verbotene Werbung i.S.d. § 10 Abs. 1 HWG. Die Aufschriften auf den Umverpackungen, die auf der der Standbetreuerin zugewandten Seite des Tisches lagerten, seien von interessierten Laien, auch wenn diese an den Tisch herantreten, bei üblicher flüchtiger Betrachtung nicht lesbar.
Gegen diese Einstellungsentscheidung hat der Beanstandende Einspruch erhoben.
Rechtliche Beurteilung
Der Spruchkörper 2. Instanz kam zu der Überzeugung, dass die auf den Umverpackungen der Werbegaben drucktechnisch und farblich hervorgehobenen Bezeichnungen des Arzneimittels und die entsprechenden werblichen Aussagen für Veranstaltungsbesucher, die an den Ausstellungsstand des Mitgliedsunternehmens herantraten, erkennbar und lesbar waren.
Unter diesen Umständen begründete das Bereithalten der Umkartons auf der von der Patientenorganisation organisierten Veranstaltung einen Verstoß gegen § 10 FSA-Kodex Patientenorganisationen i.V.m. § 10 Abs. 1 HWG. Für die Beurteilung einer Maßnahme als Werbung kommt es nicht auf die subjektive Absicht des jeweils Werbenden an, sondern darauf, dass die Maßnahme bei objektiver Betrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls geeignet und darauf gerichtet ist, die Entscheidung des Werbeadressaten zu beeinflussen (vgl. Dieners/Reese/Holthoff, Handbuch des Pharmarechts, S. 636 ff). Dieses Wirkungspotenzial war mit dem Bereithalten der Umkartons objektiv gegeben. Dem gegenüber ist es unerheblich, ob die Mitarbeiterin des Unternehmens die in den Umkartons befindlichen Werbegaben für andere Zwecke, nämlich zur verabredeten Abgabe an Ärzte, bereitgelegt hatte.
Ergebnis
Das Mitgliedsunternehmen hat in der mündlichen Verhandlung der 2. Instanz eine Unterlassungserklärung abgegeben, womit das Verfahren beendet war.
Das Unternehmen hat sich verpflichtet, es zu unterlassen, bei der Veranstaltung einer Patientenorganisation auf seinem Ausstellungsstand Umkartons sichtbar abzulegen, in denen sich Werbeartikel befinden und auf denen sich drucktechnisch und/oder farblich hervorgehoben die Bezeichnung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels und eine oder mehrere Werbeaufschriften befinden.
Berlin, im Dezember 2010