§ 20 Abs. 3, 22 Abs. 1 FSA-Kodex Fachkreise: Anrechnung von Servicekosten auf die Bewirtungskosten
AZ.: 2016.2-497
Leitsätze
- Die Schiedsstelle bestätigt die bisherige Spruchpraxis (vgl. Az. FS II 1/08/2007.10-208), dass Servicekosten im Rahmen der Bewirtungskosten mit zu berücksichtigen und anzurechnen sind.
- Hinsichtlich der Anrechnung von Servicekosten bei den Bewirtungskosten ist zu differenzieren: Kosten, die überwiegend für die Herstellung der notwendigen angemessenen Raumausstattung aufgewendet werden, rechnet die Schiedsstelle den Servicekosten der Bewirtung nicht zu. Personalkosten, die sich gezielt auf die Bewirtung richten, z.B. für das Herstellen der Speisen, das Ausschenken der Getränke, das Servieren und Abräumen usw., sind den Servicekosten zuzurechnen.
Sachverhalt
Dem FSA ging der Hinweis zu, das Mitgliedsunternehmen Janssen-Cilag GmbH hätte Angehörige der Fachkreise anlässlich eines Kongresses in Berlin zu einem internen Fortbildungsabend mit Bewirtung in ein Lokal in Berlin-Kreuzberg eingeladen. Der Beanstandende sah die Veranstaltung als nicht Kodex-konform an.
Die Anhörung ergab folgenden weiteren Sachverhalt:
Das Mitgliedsunternehmen legte dar, dass der fachliche Teil der Veranstaltung mit drei Fachvorträgen insgesamt 90 Minuten der im Ganzen auf 165 Minuten angesetzten Veranstaltung ausmachte; dazu wurden der Schiedsstelle die Präsentationen vorgelegt.
Das Unternehmen führte weiter aus und belegte dies mit dem Leistungsnachweis des Caterers, dass die Bewirtungskosten 50 EUR/Person betragen hatten, zuzüglich der Kosten für Equipment, Personal, Mobiliar sowie Raummiete, Reinigung, Ausstattung + Technik sowie Dekoration, insgesamt in Höhe von mehr als 150,00 EUR/Person. Das Unternehmen vertrat die Auffassung, es sei nahezu unmöglich, diese zusätzlichen Kosten in das Bewirtungslimit von 60,00 € bzw. 65,00 EUR brutto pro Person zu inkludieren – bei einem Veranstaltungsort wie Berlin und im Rahmen eines Kongresses sowie weiteren Parallelveranstaltungen vor Ort.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Im Anschluss an die bisherige Spruchpraxis, insbesondere in den Verfahren zu Az. FS II 1/06/2005.9-90 und 2010.10-293, sah die Schiedsstelle keinen Anlass, das zeitliche Verhältnis zwischen dem fachlichen Teil dieser Veranstaltung und dem der Bewirtung zu beanstanden.
Der fachliche Teil der Veranstaltung betrug mehr als 50% der Gesamtdauer der Veranstaltung; die vorgelegten Vortragsfolien machen diesen Zeitaufwand auch plausibel. Den Unterlagen ließ sich im Übrigen entnehmen, dass die Bewirtung im Rahmen der Einladung in keiner Weise besonders herausgestellt worden war oder gar als die eigentliche Attraktion des Abends erscheinen konnte, wie dies im Verfahren zum Az. 2010.10-293 der Fall gewesen war.
Der Umfang der Bewirtung wahrte den von der bisherigen Spruchpraxis vorgegebenen Rahmen im Ergebnis jedoch nicht. Zwar entsprach der Aufwand ausschließlich für Speisen und Getränke mit 50 EUR/Person den Kodex-Vorgaben. Allerdings wurden zusätzlich Kosten für Equipment, Personal, Mobiliar, Raummiete, Reinigung, Ausstattung und Technik sowie Dekoration berechnet.
Die Schiedsstelle hat bereits in der früheren Spruchpraxis festgestellt, dass Servicekosten im Rahmen der Bewirtungskosten mitberücksichtigt und angerechnet werden müssen (Az. FS II 1/08/2007.10-208). Dabei hatte die Schiedsstelle auch bereits eingeräumt, dass die von einem Catering-Unternehmen organisierte Bewirtung zu vergleichsweise höheren Preisen führen kann; sie hatte deshalb einen Höchstbetrag von 65 EUR für angemessen und sozialadäquat genannt. Der Spruchkörper 1. Instanz bestätigt diese Spruchpraxis.
Hinsichtlich der Anrechnung des zusätzlichen Aufwands auf die Bewirtungskosten ist allerdings zu differenzieren: Soweit die vom Caterer berechneten Kosten überwiegend für die Herstellung der notwendigen angemessenen Raumausstattung aufgewendet werden, wie die PA-und die Lichtanlage, Podium, Pult, Beamer, aber auch Küchen- und Buffetausrüstung, Thekenelemente, Kühlschränke, Trockentheken, Mobiliar, Tischwäsche, Blumendekoration, Geschirr, Besteck und Gläser sowie schließlich die Raummiete und die Betriebskosten (Wasser, Strom, Heizung, Reinigung, Müllentsorgung), rechnet die Schiedsstelle diese Aufwendungen den Servicekosten der Bewirtung nicht zu. Anders verhält es sich mit Personalkosten, die sich gezielt auf die Bewirtung richten, z.B. für das Herstellen der Speisen, das Ausschenken der Getränke, das Servieren und Abräumen. Diese Kosten sind den Servicekosten zuzurechnen.
Aus alledem folgt in vorliegenden Fall, dass die anzurechnenden Servicekosten mehr als 25,00 EUR/Person betragen haben. Die Gesamtkosten der Bewirtung stiegen damit auf einen Betrag von mehr als 75 EUR/Person an. Dieser Betrag liegt deutlich über dem Grenzwert von 65,00 EUR.
Die Schiedsstelle verkennt dabei nicht, dass es im Einzelfall bei einem Veranstaltungsort wie Berlin und im Rahmen eines Kongresses sowie weiteren Parallelveranstaltungen anderer Unternehmen schwierig sein kann, die relevanten Servicekosten in das Bewirtungslimit von 60,00 EUR bzw. 65,00 EUR brutto pro Person zu inkludieren. Die der Schiedsstelle in anderen Verfahren vorgelegten Sachverhalte lassen allerdings den Schluss zu, dass die Mitgliedsunternehmen in der Regel durchaus in der Lage sind, trotzdem den vorgegebenen finanziellen Rahmen zu wahren.
Die Beanstandung war somit begründet. Die Schiedsstelle stellte einen Verstoß gegen den §§ 20 Abs. 3 Satz 1, 22 Abs. 1 Satz 1 FSA-Kodex fest, soweit es um die Kosten der Bewirtung geht. Auf die Abmahnung der Schiedsstelle gab die Janssen-Cilag GmbH eine Unterlassungserklärung ab und zahlte eine Geldbuße in Höhe von 10.000 EUR an eine gemeinnützige Organisation.
Berlin, im Novemer 2016