§§ 20 Abs. 3 Satz 1, 22 Abs. 1 FSA-Kodex Fachkreise – Angemessenheit der Bewirtung im Rahmen einer internen Fortbildungsveranstaltung
Leitsatz
Sachverhalt
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die vorliegende Einladung zum „Martinsgansessen“ stellt einen Verstoß gegen §§ 20 Abs. 3 Satz 1, 22 Abs. 1 FSA-Kodex Fachkreise dar. Nach § 22 Abs. 1 sind Bewirtungen von Angehörigen der Fachkreise nur im Rahmen von internen Fortbildungsveranstaltungen oder von Arbeitsessen im angemessenen und sozialadäquaten Umfang zulässig. Zwar wird in § 22 Abs. 1 sowie in § 20 Abs. 2 und Abs. 3 FSA-Kodex Fachkreise auf die „Bewirtung“ abgestellt, woraus jedoch nicht folgt, dass es nur auf die tatsächlich erfolgte Bewirtung ankommt. In Übereinstimmung mit § 6 Abs. 1 FSA-Kodex Fachkreise, der eine Beeinflussung von Fachkreise-Angehörigen bereits durch Anbieten oder Versprechen von unlauteren Vorteilen verbietet, sind die Vorschriften dahin auszulegen, dass sie auch das Anbieten und Versprechen umfassen, Kosten für eine Bewirtung zu übernehmen (s. FS II 1/08/2007.10-208 – 2. Instanz).
Das hier angebotene „Martinsgansessen“ kann nicht als „Arbeitsessen“ angesehen werden. Ein derartiger Grund für die Bewirtung würde voraussetzen, dass zwischen den Ärzten und dem Unternehmen ein Austausch z.B. über Fachfragen oder über den Stand oder Ausgang gemeinsamer Projekte stattfände (s. Dieners, Handbuch Compliance im Gesundheitswesen, 3.A.,Kap. 11, Rn. 319). Davon ist jedoch bei der hier vorliegenden Einladung keine Rede. Der Vortrag wird im Einladungsschreiben eindeutig als „Fortbildung“ gekennzeichnet. Den Ärzten sollten Therapien auf einem Indikationsgebiet vorgestellt werden, auf dem das Unternehmen selbst Arzneimittel anbietet.
Nach § 20 Abs. 3 Satz 1 FSA-Kodex Fachkreise muss die im Rahmen einer internen Fortbildungsveranstaltung grundsätzlich zulässige Bewirtung von Angehörigen der Fachkreise insbesondere in Bezug auf den berufsbezogenen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sein. Sie darf nicht zum vordringlichen Zweck oder gar Selbstzweck der Veranstaltung werden, der geeignet ist, Angehörige der Fachkreise unlauter zu beeinflussen. Bereits die zeitliche Gewichtung von Fortbildung (Fachvortrag von einer Stunde) auf der einen Seite und Bewirtung auf der anderen Seite legt nahe, dass hier das Essen gegenüber der fachlichen Fortbildung in den Vordergrund tritt. Verstärkt wird dies noch durch die im Fettdruck hervorgehobene Ankündigung zum saisonalen „Martinsgansessen“, womit offensichtlich eine besondere Üppigkeit oder Delikatesse der Bewirtung versprochen wird. Den Eingeladenen musste somit das Essen als die eigentliche Attraktion des Abends erscheinen. Der gebotene „angemessene Rahmen“ für die Bewirtung war damit überschritten.
Ergebnis
Nach Abmahnung durch den FSA hat das Unternehmen die gesamte Veranstaltung abgesagt und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.
Berlin, im März 2011