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§ 15 des Kodex i.V.m. §§ 4 und 20 Abs. 1 der „FS Arzneimittelindustrie“–Verfahrensordnung, § 27 des Kodex (früher § 25)

AZ.: 2005.10-97 (1. Instanz)

Leitsatz

Ein Beanstandungsverfahren ist einzustellen, wenn der Beanstandende nicht bereit ist, Zeugen – hier einen Arzt – namentlich zu benennen, um die eigene Geschäftsbeziehung zu dem Arzt nicht zu gefährden oder der Arzt auf Anonymität gegenüber der Schiedsstelle besteht und das beanstandete Pharmaunternehmen darüber hinaus belegt, dass die im Außendienst tätigen Mitarbeiter vollständig und fortlaufend über die kodexrelevanten Inhalte informiert worden sind.

Sachverhalt

Ein Mitgliedsunternehmen hatte beanstandet, dass durch den Außendienst eines Mitglieds Musterabgaben erfolgen, die nicht den Vorschriften des Kodex und des AMG entsprechen. Lediglich mit Nennung der Chargen-Nr. wurde der Spruchkörper gebeten, der Beanstandung nachzugehen und eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung beizuziehen. Das beanstandete Unternehmen konnte lückenlos die Vergabe der nach den Vorschriften konfigurierten Mustercharge belegen und anhand vorgelegter SOPs und weiterer Verfahrensvorschriften eine nachvollziehbare Kette von der Herstellung bis zum Endabnehmer dokumentieren. Das Mitgliedsunternehmen hatte seine Beanstandung damit begründet, dass bei einem Arzt größere „Gebinde“ zu 25-er Packungen vorgefunden worden seien.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Verfahren war einzustellen, da das beanstandende Unternehmen nicht in der Lage oder Willens war, den involvierten Arzt zu benennen, der als Einziger die konkreten Fakten bei Erhalt der Muster hätte bestätigen können. Die eigene Sachverhaltsaufklärung des Spruchkörpers konnte weder eindeutig Klarheit darüber erbringen, ob die Musterabgabe wirklich durch den Außendienst oder auf andere Weise an den Arzt gelangte, noch konnte die Verpackungseinheit verifiziert werden, da das beanstandete Unternehmen belegen konnte, dass Gebinde in der angegebenen Größenordnung weder hergestellt noch in irgendeiner Form später gebündelt abgegeben werden. Das Verfahren war einzustellen, da das beanstandende Unternehmen auch wegen der eigenen Kundenbeziehung zum Arzt dessen Namen nicht nennen wollte, da dieser anonym bleiben wollte.

Bereits in seiner Entscheidung 2004.8-16 hatte der Spruchkörper 1. Instanz entschieden, dass Kodexverletzungen eines Vertriebspartners dem anderen nur dann zuzurechnen sind, wenn die Verletzung der Sorgfaltspflichten durch einen Vertriebspartner von gewisser Dauer und mit gewisser Häufigkeit gegeben ist. Das Mitgliedsunternehmen kann für Kodexverstöße seiner Außendienstmitarbeiter dann nicht belangt werden, wenn der Beanstandende nicht bereit ist, den Arzt als Zeugen für den Kodexverstoß zu benennen und das beanstandete Unternehmen nachweist, dass die eigenen Außendienstmitarbeiter fortlaufend und vollständig über den Inhalt des Kodex informiert und geschult wurden.

Ergebnis

Nachdem das beanstandende Unternehmen weitere Details und insbesondere die Namensnennung des Arztes nicht vorgenommen hat, wurde das Verfahren eingestellt.

Berlin, im November 2006