§ 20 Abs. 3 und Abs. 7 des Kodex – Hotelauswahl, Bewirtungskosten, Übernahme von Kosten für Begleitpersonen
AZ.: 2006.10-143 (1. Instanz)
Leitsatz
- Die Unterbringung im Hotel Le ROYAL MÉRIDIEN in Hamburg, direkt an der Außenalster, entspricht nicht dem angemessenen Rahmen einer Unterbringung im Sinne des § 20 Abs. 3 des Kodex.
- Bewirtungskosten in Höhe von EUR 108,46 pro Teilnehmer anlässlich eines Abendessens bei einer Fortbildungsveranstaltung in Hamburg entsprechen nicht dem angemessenen Rahmen einer Bewirtung im Sinne des § 20 Abs. 3 des Kodex.
- Die Berechnung einer Pauschale zur Teilnahme an einem Abendessen für Begleitpersonen in Höhe von EUR 40,00 steht nicht im Einklang mit § 20 Abs. 7 des Kodex, wenn sich die effektiv angefallenen Bewirtungskosten auf EUR 108,46 belaufen. Dabei spielt es keine Rolle, ob für das veranstaltende Unternehmen effektive Mehrkosten für die Begleitpersonen entstanden sind oder durch eine Pauschale die Verpflegung aller Teilnehmer abgegolten war.
Sachverhalt
Ein Mitgliedsunternehmen hatte zum 4. September-Symposium nach Hamburg eingeladen. Das Unternehmen hatte die Übernachtungskosten für zwei Nächte im Hotel Le ROYAL MÉRIDIEN zum Preis von EUR 199,00 einschließlich Frühstück pro Nacht übernommen. Laut Internetauftritt handelt es sich um ein “..Luxushotel mit exquisitem Komfort und sämtlichen Annehmlichkeiten“. Alle Zimmer und Suiten sind im „Art und Tech“-Design gestaltet. Das Hotel verfügt über einen luxuriös ausgestatteten Wellnessbereich mit Wellness- und Beautyprogrammen.
Es fand ein gemeinsames Abendessen in angemieteten und aufwendig sanierten Räumlichkeiten („Speicherboden“) statt, für das Aufwendungen pro Teilnehmer in Höhe von EUR 108,46 für Speisen und Getränke anfielen.
Im Einladungsschreiben zum Symposium waren Begleitpersonen nicht eingeladen. Dennoch haben 14 Teilnehmer eine Begleitperson mitgebracht. Die Mitnahme von Begleitpersonen wurde dem Unternehmen durch die Ärzte nach Einladung und vor Durchführung der Veranstaltung mitgeteilt. Das Unternehmen hat für das Abendessen am Samstag, den 16.09.2006, über das veranstaltende Reisebüro eine Begleitkostenpauschale i.H.v. EUR 40,00 pro Person in Rechnung gestellt.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Gemäß § 20 Abs. 3 darf die Unterbringung einen angemessenen Rahmen nicht überschreiten und muss insbesondere auf den berufsbezogenen, wissenschaftlichen Zweck der internen Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sein. Diese Voraussetzungen waren vorliegend nicht erfüllt, da für die Unterbringung im Hotel Le ROYAL MÉRIDIEN Übernachtungskosten übernommen wurden. Zulässig ist danach die Übernahme von Kosten für die Übernachtung in üblichen Business- und Konferenzhotels, nicht aber die Übernahme von Kosten für „Luxushotels“ (Dieners, a.a.O., Rdnr. 194). Das Hotel „Le ROYAL MÉRIDIEN“ ist direkt an der Außenalster und nur wenige Gehminuten von den eleganten Einkaufsstraßen entfernt gelegen. Es handelt sich um ein Luxushotel im „Art und Tech“-Design mit luxuriös ausgestattetem Wellnessbereich. Laut Internetauftritt genießt man aus dem Hotelrestaurant und der Bar einen „traumhaften Blick in den Himmel und auf die Alster“. Etwas anderes könnte sich ergeben, wenn das Hotel, das auch über Konferenzräume verfügt, für die Fortbildungsveranstaltung selber genutzt worden wäre, dies war im vorliegenden Fall aber nicht gegeben, die Veranstaltungen selber fanden in einem anderen Hotel statt. Unmaßgeblich für die Beurteilung ist auch, dass sich der Preis in Höhe von EUR 199,00 laut Aussage des Unternehmens in Hamburg im Rahmen der 4-Sternehotels bewegt, denn ausschlaggebend ist allein der Auftritt des Hotels für die Teilnehmer. Hier wurde insbesondere auf die luxuriöse Ausstattung und Lage verwiesen, die das Hotel hat, was Ärzte in ihrer Therapie- und Verordnungsfreiheit zu beeinflussen vermag. Allein die Verlockung aufgrund der Einladung zur Übernachtung in einem 5-Sterne-Luxushotel in Hamburgs zentraler Mitte an der Alster gelegen, ist insoweit ausreichend, um einen Kodexverstoß zu bejahen.
Auch die Bewirtungskosten müssen sich in einem angemessenen Rahmen bewegen. Dies ist nicht der Fall, wenn für ein Abendessen in einer besonderen Lokalität sowie für den Empfang ein Aufwand pro Teilnehmer in Höhe von EUR 108,46 anfällt. Nach allgemeiner Auffassung sind Aufwendungen i.H.v. EUR 50,00 für eine Bewirtung als angemessen zu betrachten (Dieners a.a.O., Rdnr. 197). Diese Praxis findet auch in den Auslegungsempfehlungen der Musterberufsordnung der Ärzte ihre Bestätigung (s. auch Az.: 2005.5-70). Durch diese Handhabung ist gewährleistet, dass Ärzte nicht der Gefahr ausgesetzt werden, in ihrer Therapie- und Verordnungsfreiheit beeinflusst zu werden, da sie davon ausgehen können, dass eine Bewirtung bis EUR 50,00, die Getränke und Speisen umfasst, eben keine bevorzugte Behandlung des Arztes darstellt, sondern dem allgemeinen Grundsatz im Umgang der pharmazeutischen Industrie mit Ärzten entspricht.
Zwar weist Dieners (a.a.O.) zutreffend darauf hin, dass die Festlegung von absoluten Wertgrenzen auf Grund regionaler Unterschiede nicht ohne weiteres möglich ist. Die Aufwendungen des Unternehmens i.H.v. EUR 108,46 übersteigen jedenfalls die Empfehlungen zur Musterberufsordnung um mehr als das Doppelte. Der Einwand, das es schwierig sei, in Hamburg ein Restaurant mit 120 Plätzen zu finden, das den Teilnehmern zum Abschluss der Veranstaltung die Möglichkeit bietet, sich zu der Veranstaltung auszutauschen, kann nicht gehört werden, solange nicht dargelegt wird, welche Bemühungen unternommen worden sind, um ein geeignetes, und im Einklang mit dem Kodex stehendes, Restaurant für die Bewirtung von bis zu 120 Personen zu finden. Üblicherweise werden auch abgetrennte Restaurantbereiche von den Hotels angeboten, die es Gästen ermöglichen unter sich zu bleiben.
Das Unternehmen hat weiterhin gegen § 20 Abs. 7 des „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex verstoßen. Danach darf sich die Übernahme von Kosten bei internen Fortbildungsveranstaltungen nicht aufBegleitpersonen erstrecken, dies gilt auch für die Bewirtung. Hier wurde von Begleitpersonen für die Teilnahme am Abendessen eine Pauschale in Höhe von EUR 40,00 erhoben, die die anfallenden Bewirtungskosten in Höhe von EUR 108,46 nicht gedeckt hat und deren Differenz durch das Mitgliedsunternehmen übernommen wurde. Diese Übernahme von Bewirtungskosten ist gemäß § 20 Abs. 7 des Kodex jedoch nicht zulässig. Das Unternehmen kann nicht mit dem Einwand gehört werden, es seien „quasi überhaupt keine Mehrkosten für die Begleitpersonen entstanden“, da nicht alle Ärzte am Abendessen teilgenommen hätten, das Abendessen jedoch auf die Anzahl der eingeladenen Ärzte ausgerichtet war. Entscheidend ist nicht, ob die Bewirtung von Begleitpersonen zu Mehrkosten führt, sondern dass die Begleitpersonen der Ärzte eine nach dem Kodex unzulässige Leistung durch Übernahme von Bewirtungskosten erhalten.
Ferner war der Einwand unbeachtlich, die eigenmächtige Teilnahme von Begleitpersonen sei „ein Phänomen, welches bei jeder Fortbildungsveranstaltung auftritt, und gegen welches die Pharmaindustrie machtlos“ sei.
Jedem Pharmaunternehmen bleibt es unbenommen, entweder bereits in der Einladung oder auf entsprechende Nachfrage zwischen Einladung und Veranstaltung den Arzt darauf hinzuweisen, dass Begleitpersonen an der Fortbildungsveranstaltung nicht teilnehmen können.
Es soll jeder Anschein eines (auch) privaten Charakters der Veranstaltung vermieden werden. Die Mitnahme von Begleitpersonen widerspricht der Zielsetzung des § 20 „FS Arzneimittelindustrie“-Kodex, da die Mitnahme von Begleitpersonen auf eine private Motivation des Arztes mit Blick auf seine Teilnahme hindeutet (so zutreffend Dieners, a.a.O., Rdnr. 218).
Sinn und Zweck von § 20 Abs. 7 des Kodex ist nach der Spruchpraxis des FSA nicht nur die Unterbindung jeder Form der Organisation der Teilnahme von Begleitpersonen, sondern auch jede Form der Teilnahme von Begleitpersonen an Fortbildungsveranstaltungen selbst (Dieners, a.a.O., Rdnr. 218).
Ergebnis
Das Mitgliedsunternehmen hat sich in allen Punkten durch eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zur künftigen Unterlassung verpflichtet. Das Verfahren ist damit abgeschlossen.
Berlin, im März 2007