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§§ 25, 26 FSA-Kodex Fachkreise – Finanzielle Zuwendung an sog. Ärztenetz (Urologisches Netzwerk Bonn e.V.) gegen Schaltung einer Bannerwerbung (Firmen logo) auf dessen Homepage

AZ.: 2008.12-250 a) (1. Instanz)

Leitsatz

  1. Ein ärztliches Netzwerk als Zusammenschluss niedergelassener und in Kliniken tätiger Urologen in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins ist eine Organisation bzw. Vereinigung im Sinne der §§ 25, 26 des FSA-Kodex Fachkreise.

  2. Unter § 26 des FSA-Kodex Fachkreise fallen alle Zuwendungen von Unternehmen an Institutionen usw. (i.S.d. § 25 Abs. 1 S. 1), die im Rahmen von vertraglichen Leistungsbeziehungen erfolgen, auch wenn die Zuwendungen nicht als Gegenleistung für eine typische „Dienstleistung“ (i.S. d. §§ 611 BGB) der Institution usw. anzusehen sind.

  3. Ein Vertrag, in dem sich ein Unternehmen gegen Geldleistung von einem ärztlichen Netzwerk einen Werbeauftritt (z.B. Platzierung des Firmenlogos) auf der Homepage des Netzwerks einräumen lässt (sog. Sponsoringvertrag), unterliegt der Beurteilung nach § 26 des FSA-Kodex Fachkreise. Ein solcher Sponsoringvertrag „dient“ den Zwecken des Gesundheitswesens, wenn das ärztliche Netzwerk Zielsetzungen im Rahmen des Gesundheitswesens, wie z.B. Qualitätssicherung der ambulanten Versorgung, Aufklärung und Information für Patienten, verfolgt.

Sachverhalt

Ein Mitgliedsunternehmen und Urologisches Netzwerk Bonn e.V. (nachfolgend „UNB“) haben einen Vertrag (Unterzeichnungsdaten: 11.09. und 22.09.2008) geschlossen, worin das UNB gegen Zahlung eines „Komplettpreises“ von 3.000 EUR dem Unternehmen das Recht einräumte, im geschlossenen Bereich des Internetauftritts des UNB („Internes Forum“) in Form einer Bannerwerbung sein Firmenlogo zu platzieren. Zusätzlich erhielt das Unternehmen die Möglichkeit, einen in Form einer Pressemitteilung gehaltenen Bericht über die Neueinführung eines Arzneimittels zur Behandlung des Prostatakarzinoms in einer weiteren Rubrik des geschlossenen Bereichs des Internetauftritts des UNB zu platzieren. Als Vertragsbeginn wurde rückwirkend der 01.04.2008, als Vertragsende der 31.03.2009 vereinbart, wobei dieser Vertrag an eine früher geschlossene Vereinbarung mit ebenfalls einjähriger Laufzeit, die zum 31.03.2008 endete, anschloss.

Die Werbung mit dem Firmenlogo wurde geschaltet und war auch für den Spruchkörper 1. Instanz auf der Homepage des UNB einsehbar. Ein Bericht über die Neueinführung eines Arzneimittels war auf der Homepage nicht zu identifizieren. Das Entgelt von 3.000 EUR sollte vertragsgemäß „nach Rechnungsstellung“ (des UNB) gezahlt werden. Die Zahlung war zum Zeitpunkt der Stellungnahme des Mitgliedsunternehmens noch nicht erfolgt.

Das UNB, das als eingetragener Verein im Jahre 2005 gegründet wurde, ist ein Zusammenschluss von niedergelassenen und in Kliniken tätigen Urologen aus Bonn und angrenzenden Regionen. Die Ziele des UNB bestehen lt. Darstellung im Internetauftritt in der Verbesserung der Kommunikation zwischen den Urologen, der Organisation von Fortbildungsveranstaltungen, der Einführung von Qualitätsmanagementsystemen in allen Praxen, um eine hohe Qualität beim Erkennen und Behandeln von Krankheiten zu erreichen. Für Patienten werden Informationsveranstaltungen („Männergesundheitstag“) organisiert, um urologische Krankheitsbilder darzustellen, Behand­lungsmethoden zu erläutern und vorzustellen.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der Spruchkörper 1. Instanz hat geprüft, ob die dem UNB vertraglich zugesagte Zuwendung in Höhe von 3.000 EUR einen Verstoß gegen § 25 bzw. § 26 des FSA-Kodex Fachkreise in der geänderten Fassung vom 18.01.2008 (bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 7. Mai 2008, BAnz. Nr. 68, S. 1636) darstellt. Der Spruchkörper 1. Instanz kommt zu dem Schluss, dass ein solcher Verstoß nicht vorliegt.

  1. Allerdings kann der Spruchkörper 1. Instanz der Ansicht nicht folgen, dass ein Verstoß gegen § 25 bzw. § 26 FSA-Kodex Fachkreise bereits deshalb ausgeschlossen sei, weil die Laufzeit des für die finanzielle Zuwendung maßgeblichen Vertrages am 01.04.2008 begann, also vor Inkrafttreten der Neufassung des FSA-Kodex Fachkreise (17.08.2008), der erstmals die Vorschriften der §§ 25, 26 enthielt.

    Maßgebend für die Beurteilung eines möglichen Kodexverstoßes ist nicht der (rückwirkend) vereinbarte Vertragsbeginn, sondern das Unterzeichnungsdatum des Vertrages (11.09. bzw. 22.09.2008), das eindeutig nach Inkrafttreten des FSA-Kodex Fachkreise (2008) liegt. Erst mit Unterzeichnung des Vertrages wurde die entsprechende Zahlungsverpflichtung begründet. Diese Zahlungsverpflichtung, spätestens jedoch die Zahlung selbst (die nach dem Stand der Anhörung zudem noch nicht erfolgt war), wäre jedoch bei Annahme eines Verstoßes gegen §§ 25, 26 FSA-Kodex Fachkreise als maßgebende Verletzungshandlung anzusehen. Insoweit können mit Vertragsbeginn vor Inkrafttreten des FSA-Kodex (2008) geschlossene Verträge keinen „Bestandsschutz“ genießen, wenn die vertraglichen Verpflichtungen für das Unternehmen erst nach Inkrafttreten des FSA-Kodex (2008) begründet wurden. Dass eine entsprechende Verpflichtung des Vertragspartners UNB zum Ermöglichen der Werbung bereits seit Vertragsbeginn 01.04.2008 bestand und – in Kontinuität zur Erfüllung des Vorgänger vertrages – erfüllt wurde, ist hierbei unerheblich.

  2. Nach §§ 25, 26 FSA-Kodex Fachkreise sind einseitige oder im Rahmen von vertraglichen Leistungsbeziehungen erbrachte Zuwendungen an die dort genannten Institutionen, Organisationen oder Vereinigungen nur zulässig, wenn sie Zwecken des Gesundheitswesens oder vergleichbaren Zwecken dienen und nicht als Anreiz für die Beeinflussung von Therapie-, Verordungs- und Beschaffungsentscheidungen missbraucht werden.

    Nach der Mitgliederstruktur des UNB gehört diese zu solchen Vereinigungen, die sich aus Angehörigen der Fachkreise zusammensetzen, die als solche Adressaten von Zuwendungen im Sinne der §§ 25, 26 FSA-Kodex Fachkreise sind.

    Zu prüfen war, ob die in der Vereinbarung vorgesehene Zuwendung von EUR 3.000 in den Anwendungsbereich des § 25 oder des § 26 des FSA-Kodex Fachkreise fällt. Gegen eine „einseitige“ Geldleistung (s. § 25) spricht, dass UNB „für den Komplettpreis“ dem Unternehmen die Möglichkeit des Werbeauftritts auf der Internetseite einräumt. Gegen einen Vertrag, der die „Erbringung von Dienstleistungen“ (s. § 26) vorsieht, könnte sprechen, dass das zur Verfügung stellen der Werbemöglichkeit keine „Dienst leistung“ des UNB im Sinne des § 611 BGB ist, die im direkten Gegenseitigkeitsverhältnis zu der finanziellen Leistung des Mitgliedsunternehmens steht. Die Vereinbarung vom 11.09. / 22.09.2008 stellt einen sogenannten Sponsoringvertrag dar, in dessen Rahmen das Unternehmen dem Empfänger Geld oder geldwerte Vorteile zuwendet und damit auch eigene unternehmensbezogene Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt (vgl. hierzu Dieners, Zusammenarbeit der Pharmaindustrie mit Ärzten, 2. A. Kap. 8, Rdnr. 55 ff). Die Gegenleistungsverpflichtung des Zuwendungsempfängers bei derartigen Verträgen sui generis kann mehr oder weniger aus geprägt sein und muss nicht notwendigerweise in einer „Dienstleistung“ des Empfängers bestehen.

    Hieraus folgt jedoch nicht, dass derartige Sponsoringverträge mit den entsprechenden Institutionen, Organisationen oder Vereinigungen, die sich aus Angehörigen der Fachkreise zusammensetzen, weder in den Regelungsbereich des § 25 noch in den des § 26 des FSA-Kodex Fachkreise fallen. Entstehungsgeschichte und Zweckzusammenhang dieser Vorschriften gebieten vielmehr, derartige Verträge den Kriterien des § 26 FSA-Kodex Fachkreise zu unterwerfen.

    Mit Einführung der §§ 25, 26 wurden Artikel 11 und 12 des EFPIA Code on the Promotion of Prescription only Medicines to, and Interactions with, Healthcare Professionals (nachfolgend „EFPIA-Code“) in den FSA-Kodex Fachkreise umgesetzt. Artikel 11 des EFPIA-Code („Donations, Grants“) entspricht nach seinem Regelungsgehalt § 25 FSA-Kodex, während Artikel 12 („Fees for Service“) seine Entsprechung in § 26 des FSA-Kodex gefunden zu haben scheint. Es fällt jedoch auf, dass Artikel 12 des EFPIA-Code (entgegen dem engen Wortlaut seiner Überschrift) als Auffangtatbestand formuliert ist, der über die genannten Verträge hinaus „… any other type of funding not covered under Article 11 or not otherwise covered by the EFPIA Code“ erfassen will. Dieser „Auffangtatbestand“, der im englischen Wortlaut die Trennung zwischen einseitigen Zuwendungen und beiderseitigen Leistungsverhältnissen teilweise wieder aufhebt, ist im § 26 FSA-Kodex Fachkreise nicht umgesetzt worden, eben um die Trennungslinie zwischen Spenden und einseitigen Zuwendungen (§ 25) und „gegenseitigen Leistungsbeziehungen“ (§ 26) nicht zu verwischen. Es wird jedoch aus der Entstehungsgeschichte der §§ 25, 26 deutlich, dass durch den scheinbar engen Wortlaut („Verträge …, die die Erbringung von Dienstleistungen gegenüber den Unternehmen vorsehen,“) keine Regelungslücke in dem Sinne entstehen sollte, dass wechselseitige Leistungsvereinbarungen, bei denen sich die Leistungen nicht im strengen Sinn synallagmatisch gegenüberstehen, der Beurteilung durch den FSA-Kodex gänzlich entzogen würden.

    Die Abgrenzungslinie verläuft daher zwischen einseitigen (§ 25) und vertraglich begründeten (§ 26) Leistungen bzw. Zuwendungen.

  3. Der vorliegende Vertrag muss daher den Kriterien des § 26 FSA-Kodex Fachkreise genügen, mithin den Zwecken des Gesundheitswesens oder vergleichbaren Zwecken dienen und Missbrauch zum Anreiz für die Beeinflussung von Therapie-, Verordnungs- und Beschaffungsentscheidungen vermeiden.

    3.1. Dies ist zum einen dann gegeben, wenn die vertragsgegenständliche Leistung bzw. Dienstleistung selbst, die das Unternehmen entsprechend vergütet, derartige Zwecke unmittelbar verfolgt, wie dies z. B. bei einer von einer Universitätsklinik im Auftrag eines Unternehmens durchgeführten klinischen Prüfung der Fall wäre. Beim hier vorliegenden Sponsoringvertrag lässt sich ein solcher nach § 26 FSA-Kodex Fachkreise privilegierter Zweck dem Vertrag unmittelbar nicht entnehmen. Die vertragliche „Leistung“ des UNB besteht (lediglich) darin, dass es dem Unternehmen für dessen Werbeauftritt Möglichkeiten auf der Internetseite des UNB zur Verfügung stellt, während das Unternehmen einen eigenen werblichen Zweck verfolgt.

    Dennoch ist damit nicht ausgeschlossen, dass der vorliegende Vertrag und die im Rahmen dieses Vertrages vom Unternehmen gewährte Zuwendung den Zwecken des Gesundheitswesens bzw. vergleichbaren Zwecken „dient“. Dies ist nämlich auch dann anzunehmen, wenn sich die Tätigkeit der Organisation oder Vereinigung von Angehörigen der Fachkreise nach ihren eigenen erklärten Zielsetzungen Zwecken des Gesundheitswesens (einschließlich Zwecken der Forschung, der Lehre, der Aus- und Weiterbildung) widmet. Aufgrund der vom Spruchkörper 1. Instanz getroffenen Feststellungen ist dies der Fall, weil sich die Zielsetzungen und beschriebenen Aktivitäten (s.o. Internetauftritt des UNB unter der Rubrik „Wir über uns“) auf die Verbesserung der Qualität der ärztlichen Behandlung in Klinik und Praxis und die Information von Patienten richten.

    Die vertragliche Zuwendung dient daher den Zwecken des Gesundheitswesens, weil sie einer Organisation zugute kommt, die das Gesundheitswesen fördernde Zielsetzungen verfolgt.

    3.2. Der Spruchkörper 1. Instanz sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass der zwischen dem Unternehmen und UNB geschlossene Vertrag bzw. die im Rahmen dieses Vertrages zugesagte Zuwendung als Anreiz für die Beeinflussung von Therapie-, Verordnungs- und Beschaffungsentscheidungen missbraucht werden könnte.

    Auch wenn ein „verständiges Mitglied“ des Ärztenetzes annehmen wird, die Anbringung des Firmenlogos sei nicht ohne eine Zuwendung erfolgt, liegt in der möglicherweise damit verbundenen „angenehmen Erinnerung“ an das Unternehmen allein noch kein Missbrauchspotential für eine Verordnungsbeeinflussung, sondern ein normaler Effekt der Imagewerbung.

Ergebnis

Es konnte kein Kodexverstoß festgestellt werden. Das Verfahren wurde eingestellt.

Berlin, im März 2009