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§ 13 Abs. 2 Satz 1, § 3 Abs. 1 FSA-Kodex Fachkreise – Werbung unter Verwendung von Telefax / Verantwortlichkeit des Unternehmens für das Verhalten der beauftragten Werbeagentur

AZ.: 2009.6-265 (1. Instanz)

Leitsätze

1. Werbung unter Verwendung von Faxgeräten ist nur zulässig, wenn eine – ausdrückliche – Einwilligung des Empfängers vorliegt. Diese ist nicht dadurch gegeben, dass der Empfänger, eine ärztliche Gemeinschaftspraxis, mit Telefon- und Telefax-Nr. in einem öffentlichen Verzeichnis ausgewiesen ist.

2. Ein Unternehmen bleibt nach § 3 Abs. 1 FSA-Kodex Fachkreise für das Verhalten der von ihm mit der Werbeaktion („Direktansprache“) beauftragten Agentur auch dann verantwortlich, wenn es darlegen kann, dass es die Agentur zur Einhaltung aller einschlägigen Vorschriften schriftlich verpflichtet hat.

Sachverhalt

Eine ärztliche Gemeinschaftspraxis erhielt ein 2-seitiges Telefax, das die Kennung des Mitgliedsunternehmens und die Telefax-Nr. eines Ihrer Produktmanager enthielt. Unstreitig war das Telefax ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung des Empfängers versandt worden. Im Telefax bewarb das Unternehmen eines seiner verschreibungspflichtigen Arzneimittel unter Nennung der Marke, indem es dieses gegenüber Nachahmerpräparaten (Generika) profilierte, die über jeweils engere Indikationen als das Originalpräparat verfügten.

Das Unternehmen wandte ein, im vorliegenden Fall sei von einer wenigstens mutmaßlichen Einwilligung des Telefax-Empfängers auszugehen. Diese ergebe sich daraus, dass die adressierte ärztliche Gemeinschaftspraxis in einem öffentlichen Verzeichnis (www.goyellow.de) auch mit Telefon- und Telefax-Nr. ausgewiesen sei. Jedenfalls, so wandte das Unternehmen ein, sei ihm die Werbung per Telefax im konkreten Fall nicht zuzurechnen, da es mit der gesamten Werbeaktion eine ihm als kompetent und zuverlässig bekannte Agentur beauftragt und diese zusätzlich schriftlich auf die Einhaltung aller einschlägigen Vorschriften im Zusammenhang mit der Werbung verpflichtet habe.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Unternehmen hat mit der Übersendung des Telefax an die ärztliche Gemeinschaftspraxis gegen § 13 Abs. 2 Satz 1 des FSA-Kodex Fachkreise verstoßen, weil eine ausdrückliche Einwilligung der Empfänger des Telefax, das als Werbung anzusehen ist, nicht vorlag. Dabei kommt es nicht darauf an und kann deshalb dahingestellt bleiben, ob das Telefax durch das Unternehmen selbst oder im Auftrag des Unternehmens durch eine Werbeagentur übersandt wurde, denn nach § 3 Abs. 1 des FSA-Kodex Fachkreise ist das Verhalten der beauftragten Agentur dem Unternehmen zuzurechnen.

Werbung gegenüber Angehörigen der Fachkreise unter Verwendung von Faxgeräten ist nach § 13 Abs. 2 Satz 1 FSA-Kodex Fachkreise grundsätzlich unzulässig und wird als unzumutbar belästigende Werbung i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 1 FSA-Kodex Fachkreise angesehen, wenn diese Werbung ohne Einwilligung des Empfängers erfolgt. Das an die Gemeinschaftspraxis übermittelte Telefax ist seinem Inhalt nach eine Maßnahme produktbezogener Absatzwerbung für das vom Unternehmen vertriebene und mehrfach mit Namen genannte verschreibungspflichtige Arzneimittel. Durch unterschiedliche Aussagen und Darstellungen wird das Ziel verfolgt, die angesprochenen Fachkreise zur Verordnung des vom Unternehmen vertriebenen Originalpräparats anstelle von wirkstoffgleichen Generika zu veranlassen. Soweit das Unternehmen einwendet, das Telefax enthalte auch sogenannte sachbezogene Informationen zu den Unterschieden in der Indikationsabdeckung ihres Arzneimittels einerseits und der Generika andererseits, verbunden mit dem Hinweis, dass eine „Off Label“-Anwendung drohe, wenn bestimmte Generika verordnet würden. Zu Unrecht konstruiert das Unternehmen einen Gegensatz zwischen sogenannter sachbezogener Information, die dem Werbebegriff angeblich entzogen sei, und „Werbung“ i.S.d. einschlägigen werberechtlichen Vorschriften. Der Werbebegriff umfasst sowohl die einprägsame „Anpreisung“ als auch die scheinbar objektiv gehaltene „Sachinformation“ und berücksichtigt somit die Erwartungen des Verkehrs, der gerade im Bereich der Gesundheitswerbung im allgemeinen und insbesondere der Arzneimittelwerbung eben nicht nur einseitige und sogenannte reklamehafte Darstellungen erwartet (vgl. hierzu Doepner, Heilmittelwerbegesetz Rdnr. 12 zu § 1 HWG).

Eine – ausdrückliche – Einwilligung als Zulässigkeitsvoraussetzung der Werbung durch Telefax wird deshalb verlangt, weil die unerbetene Faxübermittlung in besonderer Weise die Ressourcen des Empfängers in Anspruch nimmt (durch Entstehen von Kosten für Papier, Toner, Strom) und darüber hinaus durch Blockieren des Geräts den Betriebsablauf des Empfängers stört (s. dazu Bornkamm / Hefermehl / Köhler, Wettbewerbsrecht, Rdnr. 77 zu § 7 UWG). Das Unternehmen kann demzufolge nicht mit dem Argument gehört werden, auch eine vermutete Einwilligung des Empfängers reiche aus, und diese könne darin gesehen werden, dass die ärztliche Gemeinschaftspraxis in einem öffentlichen Verzeichnis auch mit Telefon- und Fax-Nr. aufgeführt sei. Die Ausnahmeregelung einer mutmaßlichen Einwilligung ist nur bei der Werbung unter Verwendung elektronischer Post (z.B. per E-Mail oder SMS) nach § 13 Abs. 2 Satz 2 FSA-Kodex unter den dort genannten Voraussetzungen vorgesehen. Diese Regelung entspricht im Übrigen § 7 Abs. 2 Nr. 3 und § 7 Abs. 3 UWG.

Auch wenn zu Gunsten des Unternehmens als zutreffend unterstellt wird, es habe eine Agentur mit der Durchführung einer sogenannten Aktion der Direktansprache, darunter auch der Telefax-Aussendung, an ärztliche Fachkreise beauftragt, und es habe diese Agentur, die ihr als fachlich kompetent und zuverlässig erschienen sei, noch zusätzlich auf die Einhaltung aller für den Auftrag einschlägigen Vorschriften schriftlich verpflichtet, ist dies im Hinblick auf die Verantwortlichkeit des Unternehmens für den Kodexverstoß unerheblich. Nach § 3 Abs. 1 FSA-Kodex Fachkreise sind die Unternehmen auch dann für die Einhaltung der Kodexvorschriften verantwortlich, wenn sie Dritte mit der Durchführung der vom FSA-Kodex erfassten Aktivitäten, also auch der im 3. Abschnitt geregelten Werbeaktivitäten, beauftragen. Diese Verantwortlichkeit für das Verhalten Dritter, die Vertragspartner des Unternehmens sind, ist unbedingt und einschränkungslos, damit sich ein Unternehmen nicht durch Beauftragung Dritter mit der Durchführung von Aktivitäten, die unter den FSA-Kodex fallen, seiner Verantwortung entziehen kann. Im Unterschied zu dieser Verantwortlichkeit für das Verhalten der „Durchführungsbeauftragten“ (Werbeagenturen, Marktforschungsunternehmen) nach § 3 Abs. 1 FSA-Kodex Fachkreise ist in § 3 Abs. 2 – lediglich – eine Hinwirkungspflicht auf kodexkonformes Verhalten bei solchen Vertragspartnern des Unternehmens geregelt, mit denen es generell (z.B. im Rahmen eines Lizenzvertrages) und nicht gezielt auf vom FSA-Kodex erfasste Aktivitäten zusammenarbeitet. Allenfalls im Rahmen einer solchen Kooperation, die hier eben nicht vorliegt, könnte ein Vorbringen, ob und in welcher Weise der jeweilige Vertragspartner auf die Einhaltung der Vorschriften des Kodex hingewiesen oder verpflichtet worden ist, als entlastend berücksichtigt werden.

Ergebnis

Das Unternehmen hat sich verpflichtet, es zu unterlassen, gegenüber Angehörigen der Fachkreise unter Verwendung von Faxgeräten zu werben, ohne dass eine Einwilligung des Empfängers des Telefax vorliegt. Für den Fall schuldhafter Zuwiderhandlung hat sich das Unternehmen zur Zahlung eines Ordnungsgeldes von EUR 10.000 verpflichtet.

Berlin, im Oktober 2009