§ 2 Abs. 2 Satz 1 der VerfO: Ausschluss der Unternehmen vom Beanstandungsrecht gegen die Normen des 3. Abschnitts des FSA-Kodex Fachkreise
Leitsätze
Sachverhalt
Gegenstand des Verfahrens war die Beanstandung einer natürlichen Person vom 30. November 2016, ein Mitgliedsunternehmen (I) habe für ein nicht zugelassenes Arzneimittel bei einem Symposium, das anlässlich des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie am 22. September 2016 veranstaltet wurde, unzulässigerweise geworben; dabei wurde ein Verhalten beanstandet, das der Kodex Fachkreise im 3. Abschnitt behandelt.
Der Beanstandung ging eine im Wesentlichen wortgleiche Beanstandung eines Mitgliedsunter-nehmens (II) voraus. Auf diese Beanstandung hatte die Schiedsstelle u.a. darauf hingewiesen, dass die §§ 7 und 9 FSA-Kodex Fachkreise zum 3. Abschnitt des Kodex gehören, der gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 der VerfO vom Beanstandungsrecht der Unternehmen ausgeschlossen ist. Die Schiedsstelle hat dem Unternehmen zu II) daher ergänzenden Vortrag anheimgestellt. Daraufhin ging der Schiedsstelle die hier vorliegende, weitere Beanstandung zu, in der einleitend daraufhin gewiesen wurde, dass der Absender „Mitarbeiter in der pharmazeutischen Industrie“ sei und sich „als Privatperson“ gegen die Werbung auf dem Symposium wende.
Die weiteren Ermittlungen der Schiedsstelle ergaben, dass der Beanstandende – seinem Profil bei linkedin.com gemäß – seit mehr als 14 Jahren bei dem Unternehmen zu II) beschäftigt ist, davon seit knapp 10 Jahren in leitender Stellung.
Die Schiedsstelle hat Beanstandung vom 30. November 2016 gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 VerfO als unzulässig zurückgewiesen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
§ 2 Abs. 1 VerfO regelt die Beanstandungsberechtigung. Danach kann jedermann Beanstandungen bei dem Verein mit der Behauptung einreichen, ein Mitglied habe nach seinem Beitritt zu dem Verein gegen die Regelungen des 3. und 4. Abschnitts des FSA-Kodex Fachkreise verstoßen. Die Regelung der hier relevanten §§ 7 und 9 FSA-Kodex Fachkreise gehören zum 3. Abschnitt des Kodex. Das Beanstandungsrecht für Unternehmen wird durch § 2 Abs. 2 Satz 1 VerfO auf Verstöße gegen Regelun-gen des 4. Abschnitts des FSA-Kodex Fachkreise beschränkt.
Diese Beschränkung war auf die Beanstandung vom 30. November anzuwenden. Die Beanstandung ging der Schiedsstelle zu, nachdem die weitgehend wortgleiche Beanstandung des Mitgliedsunter-nehmens zu II) von der Schiedsstelle im Hinblick auf die Beschränkung des § 2 Abs. 2 Satz 1 VerfO hinterfragt worden war. Aus dem der Schiedsstelle in diesem Parallelverfahren vorliegenden Schriftwechsel wurde offensichtlich, dass die vorliegende Beanstandung vom 30. November lediglich die Beschränkung, die unmittelbar gegenüber dem Mitgliedsunternehmen zu II) griff, umgehen sollte: Die zweite Beanstandung war weitgehend wortgleich, der Verteiler der dazugehörigen e-mail führte Mitarbeiter des Mitgliedsunternehmens zu II) auf, der Beanstandende gab sich als „Mitarbeiter in der pharmazeutischen Industrie“ zu erkennen, nämlich, wie die Ermittlungen ergaben, des Mitgliedsunternehmens zu II).
Die enge Verbindung zwischen ihm und seinem Arbeitgeber ergab sich zudem aus einer e-mail des Justiziars des Mitgliedsunternehmens zu II) an die Schiedsstelle vom 30. November 2016: „Der Abstimmungsprozess hat intern leider etwas länger gedauert, zudem waren Beteiligten krankheitsbedingt oder anderweitig nicht verfügbar. Sie sollten zur weiteren Beanstandung entweder Morgen oder Freitag ergänzenden Vortrag erhalten. Ich lasse Ihnen die Unterlagen als Bote per email auch elektronisch zukommen.“ Daraufhin ging die Beanstandung vom 30. November 2016 bei der Schiedsstelle ein.
Der Beanstandende ist seit mehr als 14 Jahren, inzwischen in leitender Stellung beim Mitgliedsunternehmen zu II) beschäftigt. Es erschien der Schiedsstelle nicht nachvollziehbar, wie er „als Privatper-son“ von einem Vorgang Kenntnis erhalten haben wollte, der ausschließlich den Arbeitsbereich seines Arbeitgebers betraf und wie er dann ein Schreiben verfasst haben wollte, das weitgehend wortgleich mit dem seines Arbeitgebers war. Indizien dafür, dass er „als Privatperson“ ein eigenständiges inhalt-liches Interesse an diesem Vorgang hätte haben können, das sich von dem seines Arbeitgebers in erheblichem Umfang unterschied, waren nicht erkennbar.
Die Schiedsstelle sah in der Beanstandung vom 30. November daher lediglich den Versuch, die Beschränkungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 VerfO zu umgehen. Eine derartige Umgehung ist nicht zulässig; sie würde die Beschränkung der VerfO ins Leere laufen lassen.
Nachdem der Beanstandende keinen Einspruch gegen die Entscheidung eingelegt hat, ist die Zurückweisung in Rechtskraft erwachsen.
Berlin, im Februar 2017