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§§ 20 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 FSA-Kodex Fachkreise Zur Zulässigkeit einer als Kulturdenkmal geschützten Tagungsstätte bei externen Fortbildungsveranstaltungen

AZ.: 2017.11-530-532

Leitsätze

1. Durch die Änderung des § 20 Abs. 5 werden die von der Schiedsstelle für die Zulässigkeit interner Fortbildungsveranstaltungen entwickelten Grundsätze auf externe Fortbildungsveranstaltungen übertragen. Die Schiedsstelle sieht keinen Anlass, diesen Maßstab anlässlich der Neuregelung neu zu bestimmen.

2. Die Grundsätze können, abhängig vom Einzelfall, auch für Tagungsstätten herangezogen werden, die in Gebäuden untergebracht sind, die als Denkmal geschützt sind.

Sachverhalt

Dem Spruchkörper ging eine anonyme Beanstandung, drei Mitgliedsunternehmen hätten sich verpflichtet, eine externe Fortbildungsveranstaltung zu unterstützen. Der Beanstandende führte dazu aus, die Veranstaltung finde im Juni 2018 in einer Tagungsstätte statt, nämlich dem Königlichen Kurhaus in Bad Reichenhall, das nicht Kodexkonform sei.

Zwei Unternehmen führten dazu aus, dass sie bislang keinen Sponsoringvertrag mit dem Veranstalter für diese Veranstaltung abgeschlossen hätten; ihnen läge lediglich eine Anfrage vor. Das dritte Unternehmen legte den dem Sponsoring zugrundeliegenden Vertrag vor, in dem sich das Unternehmen verpflichtete, die Veranstaltung mit einem Betrag von 9.100 EUR zu fördern. Dazu wurden dem Unternehmen eine Reihe von Werbemöglichkeiten, u.a. auch ein Informationsstand im Rahmen einer Industrieausstellung ermöglicht. Das Unternehmen vertrat die Auffassung die Veranstaltung wahre den durch den Kodex vorgesehenen Rahmen. Die Veranstaltungsstätte sei allein nach sachlichen Gesichtspunkten ausgewählt worden.

Das Königliche Kurhaus Bad Reichenhall wird bereits seit den 1960er Jahren für diese Veranstaltung genutzt.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Gegen die beiden Firmen, die bislang keine Sponsoring-Zusage für die Veranstaltung gegeben hatten, schied ein Kodex-Verstoß in jedem Fall aus; diese Verfahren waren daher schon aus diesem Grund einzustellen.

Im Ergebnis war auch ein Kodex-Verstoß bei jenem Unternehmen zu verneinen, das bereits eine Sponsoring-Zusage erteilt hatte.

Nach Auffassung der Schiedsstelle wahrt die ausgewählte Tagungsstätte den vom FSA-Kodex Fachkreise vorgegebenen Rahmen.

Gem. § 20 Abs. 5 FSA-Kodex in der von der FSA-Mitgliederversammlung am 17. Oktober 2017 beschlossenen und mit Beschluss des Bundeskartellamts vom 9. Januar 2018 anerkannten Fassung ist

die finanzielle Unterstützung von externen Fortbildungsveranstaltungen grundsätzlich zulässig. Dabei gelten für die Auswahl der Tagungsstätte die Vorgaben für interne Fortbildungsveranstaltungen entsprechend. Die Auswahl der Tagungsstätte muss daher allein nach sachlichen Gesichtspunkten erfolgen. Tagungsstätten, die für ihren Unterhaltungswert bekannt sind oder als extravagant gelten, sind dagegen zu vermeiden; weitere Erläuterungen dazu finden sich in den Leitlinien 11.2. und 12.2.

Bei der vorliegenden Tagungsstätte handelt es sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude, das um die Jahrhundertwende für den Kurbetrieb errichtet, aber seit der Inbetriebnahme des örtlichen Kurgastzentrums im Jahre 1988 als Tagungszentrum genutzt wird. Der Webseite lässt sich entnehmen, dass das Gebäude – der Bauzeit entsprechen – in repräsentativer Weise ausgestattet ist: Es verfügt über ein ausladendes, ausgeschmücktes Treppenhaus, einen Großen Saal mit Empore, einer Ausschmückung von Decken- und Wandelementen mit Stuck, aufwändige Stein- und Holzfußböden, Kristallleuchter, große mit Draperien geschmückte Sprossenfenster usw. Diese Ausstattung kann, gemessen an heutigen Tagungsstätten, demjenigen einen gewissen Erlebnischarakter vermitteln, der für historische Gebäude empfänglich ist; Tagungsgäste dagegen, die einen sachlichen, modernen Rahmen suchen, mögen sie eher als nicht mehr zeitgemäß bewerten. Die Preisgestaltung für die Nutzung der Tagungsräume wahrt den üblichen Rahmen.

Die Schiedsstelle sieht es in ständiger Spruchpraxis grundsätzlich als möglich an, interne Fortbildungsveranstaltungen auch in sog. „Luxushotels“ durchzuführen, falls die Programmgestaltung der Fortbildungsveranstaltung keinen wesentlichen Anreiz oder die Möglichkeit zur Nutzung von Freizeitaktivitäten oder der etwa vorhandenen Luxusausstattung des Hotels vermittelt (vgl. Verfahren zu Az. 2015.11-493 m. w. Nachw., 2017.11-535-538). Dies gilt entsprechend für ältere, häufig denkmalgeschützte Veranstaltungsstätten, die aufgrund ihrer Bauzeit und ihrer Nutzungsgeschichte eine Ausstattung aufweisen, die früheren Bau- und Einrichtungsstilen entspricht und die in dieser Form heute eher die Ausnahme darstellen (vgl. Az. 2009.3-255).

Dieser Rahmen wird infolge der im Januar 2018 in Kraft getretenen Kodex-Änderung auf externe Fortbildungsveranstaltungen übertragen. Die Schiedsstelle sah keinen Anlass, diesen Maßstab anlässlich der Neuregelung neu zu bestimmen.

Die Veranstaltung, die Gegenstand der Beanstandung ist, soll am 1. Tag mit der Begrüßung um 9.00 Uhr beginnen, gefolgt von 12 Vorträgen zu Themen überwiegend aus dem Bereich der Pulmologie im Umfang von jeweils 20 bis 30 Minuten und einer sog. „Fallkonferenz“. Dabei sind insgesamt etwa 2 Stunden für Pausen vorgesehen. Ab 18.45 Uhr ist ein sog. „Come Together“ geplant. Der 2. Tag ist in ähnlicher Weise strukturiert und soll um 17.15 Uhr enden.

Hinweise darauf, dass die Programmfolge den von der Spruchpraxis vorgegebenen Anforderungen an eine zeitlich intensive, gedrängte Programmgestaltung nicht genügt, ergaben sich weder aus der Beanstandung noch aus dem vorläufigen Programm, das der Schiedsstelle vorlag. Die Schiedsstelle sah auch keine Indizien, die einen wesentlichen Anreiz oder eine Möglichkeit zur Nutzung von Freizeitaktivitäten, die Bad Reichenhall bieten mag, vermuten ließen.

Dass die Attraktivität des Kurorts schließlich so groß wäre, dass die Teilnehmer geneigt sein könnten, die bestehenden Kur-Einrichtungen zu nutzen und dafür die Teilnahme an der Veranstaltung zu vernachlässigen (vgl. Verfahren zu Az. 2007.11-211), war ebenfalls weder vorgetragen noch erkennbar.

Die Beanstandung war somit unbegründet. Das Verfahren wurde eingestellt.

Berlin, im Januar 2018