§ 21 Abs. 1 FSA-Kodex Fachkreise – Werbemaßnahmen gegenüber Patienten, die auch dem Arzt einen gewichtigen Zweitnutzen gewähren
AZ.: FS II 1/17/ 2016.22-508
Leitsätze
- Das Verbot des § 21 Abs. 1 FSA-Kodex geht weiter als das gesetzliche Verbot, weil es Werbung einbezieht, die nicht produktbezogen ist und weil es bei den Ausnahmen nicht § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG, sondern nur § 7 Abs. 1 Nr. 2 – 5 HWG nennt.
- Die Grundsätze, die vom Bundesgerichtshof zu § 7 Abs. 1 HWG entwickelt worden sind, insbesondere in der Entscheidung „Das große Rätselheft“ (GRUR 2012, 1279), sind, soweit diese Grundsätze auch für die Regelung in § 21 FSA-Kodex passen, zu beachten. „Zuwendungen und sonstige Werbegaben“ im Sinne des § 7 Abs. 1 HWG sind grundsätzlich auch „Geschenke“ im Sinne des § 21 Abs. 1 FSA-Kodex.
- Der Begriff „Geschenk“ ist ebenso wie der Begriff „Werbegabe“ weit auszulegen und umfasst jede unentgeltlich gewährte Vergünstigung.
- Werbemaßnahmen, bei denen zwar die Werbung gegenüber den Patienten im Mittelpunkt steht, die aber dem Arzt einen gewichtigen Zweitnutzen gewähren, sind auch als Geschenk an den Arzt zu betrachten. Eine derartige Werbemaßnahme kann ohne Weiteres eine Kundenbindung zwischen dem Arzt und dem Patienten begründen oder fördern. Demgemäß hat der Arzt einen eigenen Werbevorteil.
- Auf die Eigentumslage oder auf die „Verfügungsgewalt“ an der Werbegabe kommt es nicht entscheidend an.
- Ob die Werbegabe die Entscheidung der Ärzte bei der Verschreibung des Arzneimittels individuell unsachlich beeinflussen könnte, ist im Rahmen des § 21 Abs.1 FSA-Kodex unbeachtlich.
Sachverhalt
Dem FSA ging eine anonyme Beanstandung zu, mit der die Abgabe eines Pedometers (Schrittzähler) durch das Mitgliedsunternehmen Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co KG (im Folgenden: das Unternehmen) als Verstoß gegen den FSA-Kodex Fachkreise (im Folgenden kurz: FSA-Kodex) gerügt wurde.
Das Unternehmen stellt u.a. Medikamente zur Behandlung der Atemwegserkrankung COPD her. Im Rahmen der Einführung eines neuen COPD-Medikaments händigte das Unternehmen Ärzten eine sogenannte „COPD-Aktiv-Box“ zur Weitergabe an Patienten aus. Der Text auf dem Deckel der Box wendete sich an den Patienten. Im Innern enthielt die Box ein Anschreiben an den Patienten, ein Informationsblatt zur COPD-Therapie mit dem spezifischen Inhalationsgerät, vier Klebesticker „Nicht vergessen“, Broschüren im Umfang von jeweils 15 Seiten zur Krankheit und zum Inhalationsgerät sowie ein einfaches Pedometer, separat eingepackt in einer Faltschachtel, die mit dem Firmenlogo gekennzeichnet war. In der Box befand sich ein Feld, auf das der Arzt seinen Praxisstempel drücken konnte, unter dem Hinweis „Überreicht durch“. Ein entsprechender Hinweis stand auf Seite 2 der Broschüre zum Inhalationsgerät.
In einer internen Schulungsunterlage „Die COPD-Aktiv-Box – im Gespräch“ vom 13. Oktober 2015 wird unter anderem ausgeführt, dass auf die mit dem Stempelfeld verbundene „Personalisierungsmöglichkeit“ im Arztgespräch gegebenenfalls hingewiesen werden solle.
Im August 2015 waren 75.000 Exemplare der „COPD-Aktiv-Box“ hergestellt worden (Stückpreis 4,87 €). Die Box war im Zeitraum von September 2015 bis ca. Juni 2016 an Ärzte zur Weitergabe an Patienten überreicht worden, danach nur noch auf konkrete Anfrage, bevor die Abgabe auf Grund des Verfahrens gestoppt wurde. Der Restbestand betrug zu diesem Zeitpunkt noch ca. 27.000 Stück.
Das Unternehmen trug dazu vor, ein Verstoß gegen § 21 Abs. 1 FSA-Kodex sei nicht gegeben. Die COPD-Aktiv-Box wende sich, wie sich aus ihrer Aufmachung ergebe, ausschließlich an COPD-Patienten. Sie solle diese zu mehr Aktivität und sportlicher Betätigung trotz ihrer Erkrankung und zur Unterstützung der Adhärenz beitragen.
Daher sei die Aktiv-Box mit dem Pedometer kein Werbegeschenk für den Arzt. Bei dem Pedometer handele sich auch nicht – mangels direkten Bezugs zur Krankheit COPD und zum Medikament – um einen Schulungs- oder Demonstrationsgegenstand für Fachkreise gemäß § 15 a FSA-Kodex, sondern um Informationsmaterial allein für den Patienten.
Das Pedometer sei eine geringwertige Kleinigkeit für den Patienten. Er sei nur als Aktivierungshilfe für die ersten Schritte, nicht jedoch für eine langfristige Nutzung geeignet. Sein Einkaufspreis habe 0,89 € betragen. Bei Amazon könnten vergleichbare Pedometer ab 0,69 € erworben werden.
Mit Schreiben vom 21. Februar 2017 mahnte der Spruchkörper 1. Instanz das Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen § 21 Abs. 1 FSA-Kodex erfolglos ab.
Das Unternehmen trug weiter vor, die Abgabe des Pedometers an Ärzte zur Weitergabe an Patienten verstoße nicht gegen § 21 Abs. 1 FSA-Kodex; es sei kein Geschenk an Angehörige der Fachkreise. Dem entspreche die Rechtsprechung zu § 7 HWG. Die „COPD-Aktiv-Box“ sei eindeutig als Abgabeartikel des Unternehmens gekennzeichnet. Der Arzt erhalte keinen materiellen Vorteil. Bei der Weitergabe sei er lediglich Bote des Unternehmens gegenüber dem Patienten. Allein dieser – nicht auch zugleich der Arzt – bekomme eine ihm zugedachte Zuwendung, ohne dass der Arzt einen Zweitnutzen habe, wie einen mittelbaren Vorteil in Form einer eigenen Werbewirkung gegenüber dem Patienten, auch nicht wegen seines Stempel im Innern der Box.
Der Spruchkörper 1. Instanz hatte in seiner Entscheidung vom 17. Mai 2017 einen Verstoß gegen § 21 Abs. 1 FSA-Kodex Fachkreise festgestellt und das Unternehmen verpflichtet, es künftig zu unterlassen, Angehörigen der Fachkreise Schrittzähler, die sich an Patienten richten, anzubieten oder unentgeltlich abzugeben, sei es im Rahmen einer sog. Patientenbox oder einzeln; daneben hat der Spruchkörper 1. Instanz eine Geldbuße in Höhe von 24.000 € verhängt.
Gegen diese Entscheidung hatte das Unternehmen fristgerecht Einspruch eingelegt. Es vertiefte sein Vorbringen 1. Instanz, insbesondere zum Fehlen eines unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteils der Fachkreis-Angehörigen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Gegenstand der Verfahrens 2. Instanz war gemäß dem Verbot 1. Instanz aus § 21 Abs. 1 FSA-Kodex allein die Abgabe des Pedometers an Fachkreise, dagegen nicht auch als selbständiger Streitgegenstand der weitere Inhalt der Aktiv-Box, der aber für die Auslegung im Rahmen des Streitgegenstandes „Pedometer“ von Bedeutung war. Gegenstand des Verfahrens 2. Instanz war auch nicht etwa die – von § 21 Abs. 1 FSA-Kodex nicht erfasste – Abgabe des Pedometers durch das Unternehmen – über den Arzt – an Patienten.
Der Einspruch des Unternehmens war im Wesentlichen unbegründet. Auch nach Auffassung des Spruchkörpers 2. Instanz hatte das Unternehmen gegen § 21 Abs. 1 FSA-Kodex verstoßen.
Nach § 21 Abs. 1 FSA-Kodex ist es grundsätzlich unzulässig, den Angehörigen der Fachkreise Geschenke zu versprechen, anzubieten oder zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob es sich, wie hier, um eine produktbezogene oder um eine nicht produktbezogene Werbung handelt.
Voraussetzung für ein Verbot war, dass das Pedometer als Geschenk des Unternehmens gegenüber Angehörigen der Fachkreise anzusehen war. Daher brauchte nicht entschieden zu werden, ob das Pedometer – überreicht durch den Arzt – als Geschenk des Unternehmens an den Patienten gegen § 7 HWG verstößt, was, wie der Spruchkörper 2. Instanz feststellte, durchaus in Betracht kam.
Bei der Auslegung des § 21 Abs. 1 FSA-Kodex sind die Grundsätze zu beachten, die zu § 7 Abs. 1 HWG entwickelt worden sind, insbesondere in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in GRUR 2012, 1279, „Das große Rätselheft“, soweit diese Grundsätze auch für die Regelung in § 21 FSA-Kodex passen. „Zuwendungen und sonstige Werbegaben“ im Sinne des § 7 Abs. 1 HWG sind grundsätzlich auch „Geschenke“ im Sinne des § 21 Abs. 1 FSA-Kodex. Der Begriff „Geschenk“ ist ebenso wie der Begriff „Werbegabe“ weit auszulegen und umfasst jede unentgeltlich gewährte Vergünstigung (vgl. BGH a.a.O. S. 1281).
Das Verbot des § 7 Abs. 1 HWG soll ebenso wie das Verbot des § 21 Abs. 1 FSA-Kodex der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung der Werbeadressaten, im vorliegenden Zusammenhang der Ärzte, begegnen. Eine solche Gefahr besteht dann nicht, wenn diese die Zuwendung nicht als ein (auch) ihnen zugedachtes Werbegeschenk ansehen (vgl. BGH a.a.O.) ist. Geschenke im Sinne des § 21 Abs. 1 FSA-Kodex sind ebenso wie Werbegaben im Sinne des § 7 Abs. 1 HWG abzugrenzen von unentgeltlichen Werbemaßnahmen, bei denen die Werbung gegenüber den Patienten im Mittelpunkt steht und die aus der Sicht des Empfängers vorwiegend dem eigenen Interesse des Pharmaunternehmens dienen. Gewähren sie dem Arzt aber einen gewichtigen Zweitnutzen, der über die Werbung gegenüber dem Patienten hinausgeht, liegt ein Geschenk auch an den Arzt vor (vgl. BGH a.a.O.).
Bei den Aktiv-Boxen mit dem Pedometer handelte es sich allerdings nicht um ein Werbegeschenk, das den Ärzten zugedacht war (a). Es diente aber nicht nur allein der Werbung für das Arzneimittel gegenüber Patienten, sondern bot den Ärzten einen darüber hinausgehenden Zweitnutzen (b). Daher lag ein Verstoß gegen § 21 Abs. 1 FSA-Kodex vor, ohne dass es noch einer weiteren Voraussetzung bedurfte (c). Dazu führte der Spruchköper 2. Instanz aus:
a) Die Ärzte sehen die Aktiv-Box mit dem Pedometer nicht als ein Werbegeschenk an, das für sie bestimmt ist.
Die Ärzte bekommen die „COPD-Aktiv-Box“ einschließlich des beanstandeten Pedometers allein zur Weitergabe an den Patienten, nicht zum unmittelbar eigenen Gebrauch. Die Box soll nicht bei ihnen verbleiben, sondern an den Patienten gelangen.
Nach der gesamten Aufmachung der „COPD-Aktiv-Box“ ist für alle Beteiligten – Ärzte und Patienten – eindeutig klar, dass nur Patienten angesprochen werden. Das Pedometer ist in ein werb-liches Umfeld eingebettet, das keinen Zweifel daran hervorrufen kann, dass die gesamte Aktiv-Box und damit auch das Pedometer allein zum Gebrauch für den Patienten bestimmt ist, dagegen nicht (auch) für den Arzt. Der Wert des technisch einfachen, billigen Pedometers ist auch nicht etwa so hoch, dass der Arzt wegen des Pedometers Exemplare der Aktiv-Box für sich und/oder für seine Angestellten behalten möchte und aus diesem Grunde insoweit ein Geschenk des Unternehmens an ihn selbst vorliegt. Dies könne, so führte der Spruchköper 2. Instanz aus, bei höherwertigen Gegenständen allerdings anders sein.
b) Nach Auffassung des Spruchköpers gewährte das Unternehmen den Ärzten aber einen gewichtigen Zweitnutzen, der über den Erstnutzen (Werbung des Unternehmens gegenüber den Patienten) hinausgeht.
Ohne selbst Kosten aufzuwenden, erschienen die Ärzte, die den Patienten die Aktiv-Box einschließlich des Pedometers aushändigten, diesen gegenüber und aus deren Sicht neben dem Unternehmen als Schenker. Dadurch hatten die Ärzte einen erheblichen Werbevorteil.
Das Pedometer war zwar in ein werbliches Umfeld eingebettet, das keinen Zweifel daran hervorrufen konnte, dass die Aktiv-Box und damit auch das Pedometer allein zum Gebrauch für Patienten bestimmt waren. Diesen gegenüber tritt aber aus Sicht der Patienten nicht nur das Unternehmen, sondern zugleich auch der Arzt als Schenker auf. Das folgt jedenfalls aus der verhältnismäßig aufwändigen Gestaltung der Aktiv-Box, in dem sich auch das Pedometer befindet. Dadurch bekam der Patient, der die Box vom Arzt erhielt, den naheliegenden Eindruck, sie sei auch ein Geschenk des Arztes an ihn. Dieser Umstand konnte ohne Weiteres eine Kundenbindung zwischen dem Arzt und dem Patienten begründen oder fördern. Demgemäß hatte der Arzt einen eigenen Werbevorteil.
Aus der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofes ergab sich für den vorliegenden Sachverhalt nichts anderes. Zwar war dort die Apotheke außen auf dem Rätselheft deutlich herausgestellt worden, insbesondere auf der Vorderseite mit dem Hinweis „exklusiv aus Ihrer Apotheke“; außerdem enthielt das Innere des Heftes eine Vielzahl von Rätseln, denen nur unwesentliche Arzneimittelwerbung hinzugefügt war. Auf Grund aller Umstände sah sich die dortige Vorinstanz unter Billigung des Bundesgerichtshofes zu der tatrichterlichen Annahme veranlasst, der Apotheker könne das Rätselheft als sein Werbegeschenk präsentieren, ohne selbst Kosten aufwenden zu müssen (a.a.O. S.1281 f.). An einer vergleichbaren Herausstellung des Arztes fehlte es zwar bei der „COPD-Aktiv-Box“, die im Wesentlichen – abgesehen vom Pedometer – sachbezogene Informationen über die Krankheit und das Arzneimittel enthielt. Die hier vorliegende aufwändige Aufmachung der Box, in der sich das Pedometer befindet, führte aber gleichermaßen zu der Annahme, dass die Ärzte den Patienten gegenüber als Schenker auftreten können und dadurch einen Zweitnutzen hatten.
Dagegen kam es auf die Eigentumslage oder auf die „Verfügungsgewalt“ an der Aktiv-Box einschließlich des Pedometers, auf die der Spruchkörper 1. Instanz abgestellt hatte, nach Auffassung des Spruchkörpers 2. Instanz nicht entscheidend an. Beides sagte nichts darüber aus, ob der Arzt mit der Weitergabe an seinen Patienten einen Zweitnutzen hatte oder nicht. Maßgebend hierfür war allein der werbliche Effekt. Auch der Bundesgerichtshof (a.a.O.) hatte nicht auf die Eigentumslage an den Rätselheften oder auf die „Verfügungsgewalt“ an ihnen abgestellt.
c) Demnach lag ein Verstoß gegen § 21 Abs. 1 FSA-Kodex vor, ohne dass es noch auf weitere Voraussetzungen ankam (aa). Auch eine der in § 21 Abs. 2 FSA-Kodex genannten Ausnahmen lag nicht vor (bb).
aa) Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (a.a.O. S.1282) müsste der Zweitnutzen im Rahmen des § 7 Abs. 1 HWG zwar geeignet sein, die Entscheidung der Ärzte bei der Verschreibung des Arzneimittels auf Grund wirtschaftlicher Interessen unsachlich zu beeinflussen. Auf eine solche individuelle Beeinflussbarkeit des Arztes kommt es aber im Rahmen des § 21 Abs.1 FSA-Kodex nicht an.
Die Regelung in § 21 Abs. 1 FSA-Kodex ist gewollt strenger als die in § 7 HWG. Die Vorschrift will jedes Geschenk verbieten, wenn nicht eine Ausnahme gemäß § 21 Absatz 2 FSA-Kodex eingreift.
Das Verbot des § 21 Abs. 1 FSA-Kodex geht weiter als das gesetzliche Verbot, weil es Werbung einbezieht, die nicht produktbezogen ist, und weil es bei den Ausnahmen nicht § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG, sondern nur § 7 Abs. 1 Nr. 2 – 5 HWG nennt. Gerade das Verbot auch von Geschenken, die als geringwertige Kleinigkeiten anzusehen sind, zeigt, dass es dem FSA-Kodex insoweit um ein umfassendes Verbot von Geschenken geht. Diese klare Regelung würde wieder aufgeweicht, wenn in jedem Einzelfall geprüft werden müsste, ob bei Geschenken die genannte Eignung vorliegt oder nicht, was außerdem bei geringwertigen Kleinigkeiten entgegen der gewollten Nichtaufnahme des § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG in § 21 Abs. 2 FSA-Kodex eher zu verneinen wäre und demgemäß doch zu einer nicht gewollten Ausnahme führen würde.
bb) Aus § 21 Abs. 2 FSA-Kodex folgte im vorliegenden Falle keine Ausnahme vom Verbot des § 21 Abs.1 FSA-Kodex.
§ 15 a FSA-Kodex ist schon von vornherein nicht auf das Pedometer anwendbar.
Ausnahmen gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 – 5 HWG kamen für das Pedometer nicht in Betracht, wie bereits der Spruchkörper 1. Instanz zutreffend angenommen hatte.
Demnach war die gesamte Aktiv-Box mit dem Pedometer und wegen des Pedometers als verbotenes Geschenk im Sinne von § 21 Abs. 1 FSA-Kodex anzusehen.
Die Entscheidung 1. Instanz war daher im Wesentlichen zu bestätigen. Der Spruchkörper 2. Instanz hat das Verbot insoweit lediglich zur Klarstellung an die konkrete Verletzungsform angepasst. Dazu gehört die gesamte Aktiv-Box einschließlich des verbotenen Pedometers. Für das Verbot des Pedometers ist dieses werbliche Umfeld von Bedeutung.
Dagegen geht das ausgesprochene Verbot nach Auffassung des Spruchkörpers 2. Instanz insoweit zu weit und ist daher nicht gerechtfertigt, als es die Abgabe des Pedometers auch einzeln verbietet. Hierbei handelt sich um eine unzulässige Verallgemeinerung, die über die konkrete Verletzungsform hinausgeht, weil sie das werbliche Umfeld, auf das es für die rechtliche Beurteilung ankommt, nicht beachtet. Unabhängig davon, besteht auch nicht etwa eine Erstbegehungsgefahr für eine einzelne Abgabe des Pedometers durch das Unternehmen. Demnach war die Entscheidung 1. Instanz insoweit aufzuheben und das Beanstandungsverfahren einzustellen.
Ergebnis
Das Unternehmen wurde daher verpflichtet, es künftig zu unterlassen, Angehörigen der Fachkreise Schrittzähler, die sich an Patienten richten, anzubieten oder unentgeltlich abzugeben, so wie es im Rahmen der sog. „COPD-Aktiv-Box“ geschehen war.
Das Unternehmen hat darüber hinaus eine Geldstrafe in Höhe von 24.000 € an die Aktion gegen den Hunger, Berlin, zum „Spendenaufruf ‚Jemen-Hilfe‘“ gezahlt.
Berlin, im Dezember 2017