§ 21 Abs. 2 des Kodex (Imagewerbung); § 2 des Kodex („Angehörige der Fachkreise“); § 31 Abs.1 Verf. Ord. (Fristablauf für Kostenvorschuss)
Leitsätze
1. Ein Mitgliedsunternehmen, das im Rahmen seines sozialen Engagements nicht nur für Persönlichkeiten aus dem Bereich der privaten Bildungseinrichtungen und deren Unterstützer, sondern (auch) für Angehörige der Fachkreise und deren Begleitpersonen ein Golfwochenende veranstaltet, verstößt gegen § 21 Abs. 2 des FSA-Kodex, da bei derartigen Veranstaltungen der berufliche und private Bereich von Ärzten und Apothekern nicht getrennt werden kann.
2. Der Lauf Zahlungsfrist zur Durchführung des Einspruchsverfahrens beginnt nicht, wenn die Rechnung nicht alle wesentlichen Merkmale beinhaltet (Adresse und Kontonummer). Es genügt nicht, dass sich die Bankverbindung im Anschreiben mit der Zahlungsaufforderung befindet, die Bankverbindung ist auf der Rechnung anzugeben. Insoweit trifft den FSA eine prozessuale Fürsorgepflicht gegenüber dem Einsprechenden.
Sachverhalt
Ein Mitgliedsunternehmen veranstaltete ein „Golf-Wochenende“ am Schwielowsee. Die Teilnehmerliste enthielt 48 Namen.
Ein Pharmaunternehmen beanstandete, dass die Veranstaltung sich auch an Angehörige der Fachkreise gerichtet und daher gegen den FSA-Kodex verstoßen habe. In der Teilnehmerliste seien insbesondere zwei Ärzte eingetragen. Die Veranstaltung eines Golfturniers, zu dem auch einzelne Angehörige der Fachkreise eingeladen würden, sei kodexwidrig.
Das betroffene Mitglied machte demgegenüber geltend: Das „Golf-Wochenende“ sei keine Fortbildungs-, sondern eine sportliche Veranstaltung gewesen. Die Veranstaltung habe sich nicht an Angehörige der Fachkreise gerichtet und keinen Bezug zu den Produkten seines Unternehmens, sondern der Verwirklichung seines sozialen Engagements im Bereich der privaten Bildung gedient, indem es wichtige Persönlichkeiten aus dem Bereich der privaten Bildungseinrichtungen und deren Unterstützer zur Kontaktaufnahme und zum Gedankenaustausch zusammengebracht habe, insbesondere anlässlich der Gründung eines Instituts für Qualitätsmanagement in Zusammenarbeit mit der Deutschen Eliteakademie. Soweit Gäste zufällig Angehörige der Fachkreise gewesen seien, stehe deren Einladung in keinem Zusammenhang mit ihrer fachlichen Tätigkeit.
Der FSA klärte den Sachverhalt auf und teilte dem beanstandenden Unternehmen mit Schreiben vom 16. November 2007 mit, dass die Überprüfung keinen Verstoß gegen den FSA-Kodex ergeben habe.
Das beanstandende Unternehmen legte fristgerecht Einspruch ein und macht geltend: Das Einspruchsverfahren sei durchzuführen, obwohl der angeforderte Vorschuss erst nach Ablauf der gesetzten Frist auf dem Konto des FSA eingegangen sei. Ihr sei Wiedereinsetzung zu gewähren. – Maßgebend für einen Verstoß gegen den FSA-Kodex sei, dass auch Ärzte an dem „Golf-Wochenende“ teilgenommen hätten. Eine Trennung zwischen privaten und fachlichen Aktivitäten sei nicht möglich.
Das betroffene Mitglied erwidert: Der Einsprechenden sei keine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren. Der FSA-Kodex sei im vorliegenden Falle nicht anwendbar, weil sich das Golfturnier nicht an Angehörige der Fachkreise gerichtet habe.
Der Spruchkörper 2. Instanz hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2008 folgende Entscheidung getroffen:
1) Auf den Einspruch der Beanstandenden wird die Entscheidung des Spruchkörpers 1. Instanz aufgehoben. Das Verfahren wird fortgesetzt.
2) Das Unternehmen wird aufgefordert, binnen zwei Wochen folgende Erklärung abzugeben:
Das Unternehmen verpflichtet sich, es bei Meidung eines für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung an den FS Arzneimittelindustrie e.V. zu zahlenden Ordnungsgeldes in Höhe von EUR 20.000 zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ein Golf-Wochenende durchzuführen, zu dem auch Ärzte und Apotheker eingeladen werden, so wie am Schwielowsee geschehen.
Entscheidungsgründe
1) Der Einspruch ist zulässig (§ 25 Abs. 2 Satz 1 VerfO): Die Beanstandung hat nicht zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung oder zur Verurteilung des betroffenen Mitglieds geführt. Der Spruchkörper 1. Instanz hat den Sachverhalt aufgeklärt und dann das Verfahren als unbegründet eingestellt (nicht etwa als „offensichtlich unbegründet“ im Sinne von §§ 20 Abs. 2 Satz 1, 25 Abs. 2 Satz 1 VerfO). Der Einspruch ist innerhalb der Zweiwochenfrist des § 25 Abs. 1 und 2 VerfO eingelegt und zugleich, was gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 VerfO geboten ist, begründet worden.
Es liegt bereits eine – einspruchsfähige – Entscheidung des Spruchkörpers 1. Instanz vor, nicht nur die – nicht anfechtbare – Ankündigung einer noch zu erlassenden Entscheidung. Am Schluss des Schreibens vom 16. November 2007 heißt es zwar: „Aus diesem Grunde beabsichtigen wir, das von Ihnen eingeleitete Beanstandungsverfahren einzustellen“, was auf eine erst noch zu ergehende Entscheidung hindeuten könnte. Trotz dieser Formulierung handelt es sich jedoch bereits um eine Entscheidung. Das folgt aus der im Schreiben folgenden Rechtsmittelbelehrung, die eine Entscheidung voraussetzt, und die demgemäss mit den Worten „Diese Einstellungsentscheidung …“ ein geleitet wird. Die 1. Instanz hat sich auf Rückfrage in diesem Sinne geäußert. Auch die Einsprechende ist in ihrem Einspruch von einer „Einstellungsentscheidung“ ausgegangen.
2) Das Einspruchsverfahren ist durchzuführen. Der Einsprechenden schadet es nicht, dass ihr Kostenvorschuss erst am 11. Januar 2008 auf dem Konto des FSA eingegangen ist.
a) Nach § 31 Abs. 1 Satz 2 VerfO wird das Verfahren vor dem Spruchkörper 2. Instanz nicht durchgeführt, sofern der Kostenvorschuss nicht innerhalb der Frist von 14 Tagen nach Zugang einer entsprechenden Zahlungsaufforderung (Satz 1 der Vorschrift) auf einem Konto des FSA eingegangen ist. Das gilt gemäß § 31 Abs. 2 Satz 3 VerfO auch für den Einspruch des beanstandenden Unternehmens. Die Einsprechende hat bereits am 20. Dezember 2007 eine Zahlungsaufforderung erhalten. Gleichwohl ist der Eingang der Zahlung nicht verspätet.
b) Der Lauf der Frist hatte trotz Zugangs des Anschreibens mit der Zahlungsaufforderung nicht begonnen; denn die Rechnung enthielt anders als das Anschreiben keine Kontonummer des FSA, auf das der Betrag überwiesen werden sollte.
Die Verfahrensordnung regelt nicht, wie die Zahlungsaufforderung und die Rechnung beschaffen sein müssen, damit die Frist in Gang gesetzt wird. Diese Lücke ist nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift unter Berücksichtigung der beteiligten Interessen auszu fül len. Dabei ist kein allzu strenger Maßstab anzulegen. Da die Frist von 14 Tagen, in der der Betrag auf dem Konto des FSA sogar eingegangen sein muss, bewusst verhältnismäßig kurz bemessen ist, um das Einspruchsverfahren zu beschleunigen, hat andererseits der FSA zur Erreichung dieses Zweckes alles zu tun, damit keine unnötigen Verzögerungen eintreten können. Außerdem trifft ihn gegenüber dem Einsprechenden eine prozessuale Fürsorgepflicht. Denn eine Fristversäumung hat schwerwiegende Folgen; sie führt dazu, dass das Einspruchsverfahren – vorbehaltlich einer Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand – nicht durchgeführt wird.
Nach Auffassung des Spruchkörpers 2. Instanz genügt es nicht, dass sich die Bankverbindung des FSA im Anschreiben mit der Zahlungsaufforderung befindet. Vielmehr ist sie auf der Rechnung anzugeben. Dann kann die Rechtsabteilung sie angesichts der gebotenen Eile sozusagen automatisch, ohne auf die Kontonummer achten zu müssen, unverzüglich an die Buchhaltung weiterleiten. Da die Angabe der Kontonummer auf einer Rechnung verbreitet als selbstverständlich angesehen wird, besteht, wenn sie fehlt, die große Gefahr, dass der Rechtsabteilung bei der Weitergabe der Rechnung das Fehlen der Bankverbindung auf der Rechnung nicht auffällt, so wie das hier geschehen ist. Auch der FSA versendet gewöhnlich seine Rechnungen unter Angabe der Bankverbindung. Hier ist für die Rechnung versehentlich ein Formular ohne Bankverbindung verwendet worden. Dieses Versehen darf dem Einsprechenden nicht zum Nachteil gereichen. Er darf sich darauf verlassen, dass sich die Bankverbindung auf der Rechnung befindet.
3) Der Einspruch ist auch begründet. Nach Auffassung des Spruchkörpers 2. Instanz hat das betroffene Mitglied gegen den FSA-Kodex verstoßen. Die Entscheidung 1. Instanz ist daher gemäß § 11 Abs. 2 VerfO aufzuheben; das Verfahren ist fortzusetzen.
a) Ein Pharmaunternehmen, das (auch) für Angehörige der Fachkreise ein Golf-Wochenende veranstaltet, verstößt gegen den FSA-Kodex. Das ergibt sich zwar nicht aus § 20 FSA-Kodex; es handelt sich nicht um eine Fortbildungsveranstaltung im Sinne dieser Vorschrift. Ein solches Verhalten erfüllt aber die Voraussetzungen des § 21 FSA-Kodex, und zwar die des Abs. 2 der Vorschrift, wenn es nicht um eine Produkt-, sondern um eine bloße Imagewerbung geht (vgl. dazu Dieners, Zusammenarbeit der Pharmaindustrie mit Ärzten, 2. Aufl., Seiten 316 f., Rdn. 259). Das trifft im vorliegenden Falle zu. Dem steht nicht entgegen, dass das Golf-Wochenende im Rahmen des sozialen Engagements des betroffenen Mitglieds stattfand. Mit der Veranstaltung warb sie zugleich für ihr eigenes Image.
Eine derartige Veranstaltung fällt jedoch nur dann unter § 21 FSA-Kodex, wenn sie sich zumindest auch an Angehörige der Fachkreise wendet. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FSA-Kodex findet der Kodex Anwendung auf die im 4. Abschnitt geregelte Zusammenarbeit – darum geht es in § 21 FSA-Kodex –mit Angehörigen der Fachkreise – in den weiter aufgeführten Bereichen. Demgemäß trägt der 4. Abschnitt die Überschrift „Zusammenarbeit mit Angehörigen der Fachkreise“. Was „Angehörige der Fachkreise“ sind, definiert § 2 FSA-Kodex.
b) Das betroffene Mitglied hat das Golf-Wochenende nebst Begleitprogramm (auch) für Angehörige der Fachkreise veranstaltet.
Dem steht nicht etwa von vornherein entgegen, dass das Golf-Wochenende, das von dem betroffenen Mitglied durchgeführt worden ist, der Verwirklichung seines sozialen Engagements im Bereich der privaten Bildung diente, indem es wichtige Persönlichkeiten aus dem Bereich der privaten Bildungseinrichtungen und deren Unterstützer zur Kontaktaufnahme und zum Gedankenaustausch zusammenbrachte. Auch in einem solchen Falle kommt eine Anwendung des FSA-Kodex in Betracht, wenn dazu neben anderen Personen Angehörige der Fachkreise eingeladen werden und teilnehmen.
Die Teilnehmerliste enthält 48 Namen. Die Einsprechende hat vier Personen benannt, die nach ihrer Auffassung zu den Angehörigen der Fachkreise gehören. Die Recherche der 1. Instanz hat weitere Namen ergeben, bei denen die Zugehörigkeit der Teilnehmer zu den Fachkreisen zweifelhaft sein könnte. Demgemäß ist zunächst bei allen anderen Teilnehmern davon auszugehen, dass sie keine Angehörigen der Fachkreise sind.
Soweit die benannten Personen Mitarbeiter des betroffenen Mitglieds sind, betrifft das Golf-Wochenende sie nicht als „Angehörige der Fachkreise“ im Sinne des § 2 FSA-Kodex. Das gilt auch für den rein kaufmännischen Leiter eines Krankenhauses, der von sich aus als Begleitperson seiner Frau erschienen ist, die Vorstand des Trägervereins einer privaten Schule ist.
Demnach verbleiben drei Personen, die als Mediziner bzw. als Apotheker als Angehörige der Fachkreise anzusehen sind. Das betroffene Mitglied hat diese Personen allerdings nicht in ihrer Eigenschaft als Ärzte bzw. als Apotheker eingeladen bzw. teilnehmen lassen, sondern den Apotheker im Zusammenhang mit der Gründung eines Instituts für Qualitätsmanagement, den Oberarzt eines Krankenhauses in seiner Eigenschaft als Mitbegründer und ehemaligen Präsidenten der Deutschen Eliteakademie, beide zur Kontaktaufnahme und zum Gedankenaustausch mit anderen Personen privater Bildungseinrichtungen, und schließlich eine Medizinerin, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin am selben Krankenhaus wie der Oberarzt beschäftigt ist, als dessen Begleitperson. Der Annahme eines Verstoßes steht nicht entgegen, dass demnach nur vereinzelt Angehörige der Fachkreise teilgenommen haben.
Entgegen der Auffassung des betroffenen Mitglieds können jedoch im Rahmen des FSA-Kodex bei derartigen Veranstaltungen wie Golf-Wochenenden der berufliche und der private Bereich von Ärzten und Apothekern nicht getrennt werden. Die Veranstaltung als solche, das Golfturnier und das Begleitprogramm, hat mit dem sozialen Engagement des betroffenen Mitglieds unmittelbar nichts zu tun. Die bloße Gelegenheit zur Kontaktaufnahme anlässlich der Veranstaltung genügt nicht, um eine Trennung des beruflichen und privaten Bereichs annehmen zu können. Wie es sich verhält, wenn ein Pharmaunternehmen im Rahmen seines sozialen Engagements Charity-Veranstaltungen durchführt, die anders als hier auch inhaltlich in diesen Rahmen passen, braucht der Spruchkörper 2. Instanz nicht zu entscheiden. Insoweit ist eine allgemeine Aussage nicht möglich.
Der Einspruch ist demnach begründet. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und das Verfahren fortzusetzen. Das geschieht durch eine Abmahnung des betroffenen Mitglieds, nämlich durch die Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.
Ergebnis
Die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung wurde abgegeben. Das Verfahren ist damit abgeschlossen.
Berlin, im April 2008