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§ 22 Satz 1 des Kodex – Bewirtung von Ärzten anlässlich eines Kongresses

AZ.: 2006.1-108 (1. Instanz)

Leitsatz

Bewirtungen anlässlich eines Kongresses durch ein Mitgliedsunternehmen sind zulässig, wenn es sich um ein Arbeitsessen handelt. Die Übernahme sämtlicher Bewirtungskosten von Ärztinnen und Ärzten während einer mehrtägigen Kongressteilnahme verstößt gegen den Kodex, sofern nicht bei bei jeder einzelnen Mahlzeit die Kriterien für ein Arbeitsessen erfüllt und nachgewiesen sind.

Sachverhalt

Ein Mitgliedsunternehmen hatte rund 200 deutsche Ärztinnen und Ärzte zu einem Kongress ins Ausland eingeladen. Die Veranstaltung umfasste vier Tage, an allen Tagen hatte das Mitgliedsunternehmen alle Mahlzeiten (Frühstück, ggf. Mittagessen, Abendessen) übernommen. Die teilnehmenden Ärzte mussten sich an den Kosten nicht beteiligen.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Eine Bewirtung im Rahmen von Kongressen ist als Arbeitsessen und in einem angemessenen sozial adäquaten Umfang zulässig. Die restriktive Interpretation des § 8 des Kodex geht davon aus, dass im Rahmen von externen Fortbildungsveranstaltungen nur solche Bewirtungen zulässig sein sollen, die die Voraussetzungen eines Arbeitsessens erfüllen. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, bei der Einladung von Ärztinnen und Ärzten zu Veranstaltungen Dritter die Einflussnahme des einladenden Pharmaunternehmens auf ein Minimum zu begrenzen und die Einflussnahme des Unternehmens auf die Ärzte auf wenige konkrete Anlässe zu beschränken, da hier Veranstalter und Durchführender der gesamten Veranstaltung ein unbeteiligter Dritter ist.

Die Übernahme sämtlicher Verpflegungskosten eines Teilnehmers einer externen Fortbildungsveranstaltung ist somit ausgeschlossen, da die Übernahme als unlautere Beeinflussung verstanden werden könnte (Dieners: „Zusammenarbeit der Pharmaindustrie mit Ärzten“ 2004, § 4 Rd.Nr. 118). Dabei sind die Kosten für die Übernahme eines Arbeitsessens nur dann als gerechtfertigt anzusehen, wenn, unabhängig von einer direkten produkt- und leistungsbezogenen Absatzwerbung für Arzneimittel, bestimmte Fachfragen oder etwa der Stand des Ausgangs von Projekten erörtert werden, in denen der Arzt für das pharmazeutische Unternehmen tätig ist oder tätig werden soll. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Zwar kann auch ein Frühstück grundsätzlich die Voraussetzungen eines Arbeitsessens erfüllen, jedoch liegt ein Arbeitsessen dann nicht vor, wenn sich an eine Einladung zu einem Abendessen, das als Arbeitsessen qualifiziert ist, bereits wieder ein Arbeitsfrühstück am nächsten Morgen anschließt. Sowohl aus der Agenda als auch aus dem Vortrag des Unternehmens war nicht zu erkennen, dass sich zwischen Abendessen und Frühstück neue fachlich, wissenschaftliche Sachverhalte ergeben hätten, die ein weiteres Arbeitsessen zur Behandlung der Fachfragen bereits am nächsten Morgen erforderlich gemacht hätten. In dieser Konstellation kann es dahinstehen, ob an der einen oder der anderen der jeweiligen Mahlzeiten Fachfragen erörtert wurden, denn entscheidend ist allein, dass bei externen Fortbildungsveranstaltungen nicht sämtliche Verpflegungskosten der Teilnehmer zur Vermeidung einer unlauteren Beeinflussung übernommen werden dürfen.

Ergebnis

Das Unternehmen hat eine geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung unterzeichnet und sich im Wiederholungsfall zur Zahlung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 10.000,00 EUR verpflichtet. Das Verfahren ist damit abgeschlossen.


Berlin, im Juni 2006