Für Patientinnen und Patienten – die Angebotsvielfalt in der ärztlichen Fortbildung erhalten
Ein Debattenbeitrag von Dr. Uwe Broch, FSA-Geschäftsführer
Die Beteiligung von Pharmaunternehmen an ärztlicher Fortbildung – durch eigene Veranstaltungen oder die Unterstützung Dritter – ist unersetzlich für den Wissenstransfer zwischen Forschung und Ärztinnen und Ärzten und dient dem Interesse von Patientinnen und Patienten. Diese haben ein Recht darauf, dass medizinische Anwendungen qualitätsgesichert sind und innovative Therapien korrekt eingesetzt werden. Dem Fortbildungs-Engagement der Pharmaindustrie mit pauschaler Ablehnung zu begegnen, wie es beispielsweise einzelne Landesärztekammern tun, steht nicht nur im Widerspruch zu dem Ziel, möglichst praxisorientierte und vielfältige Fortbildungen anzubieten, sondern ist auch aus rechtlicher Sicht kritikwürdig.
Im vergangenen Jahr hat die Bayerische Landesärztekammer (BLÄK) Aufmerksamkeit unter Experten für das Rahmenwerk ärztlicher Fortbildungen erregt: In der entsprechenden Richtlinie hatte die Selbstverwaltung der bayrischen Ärzteschaft zum 1. Januar 2020 geregelt, dass Fortbildungsveranstaltungen von Pharma- und Medizinprodukteunternehmen von vornherein nicht mehr CME-zertifizierbar sein sollten. Die ärztliche Fortbildungspflicht schreibt vor, dass Ärztinnen und Ärzte mindestens 250 CME-Fortbildungspunkte in fünf Jahren verdienen. CME-Punkte gibt es für die Teilnahme an von den Ärztekammern zertifizierten Fortbildungen. Bedingung für die Zertifizierung ist die Einhaltung strenger inhaltlicher Vorgaben, um die Wissenschaftlichkeit und Neutralität zu wahren. Doch auf die Inhalte wäre es im Rahmen der geänderten BLÄK-Richtlinie nicht mehr ankommen. Hersteller von Arzneimitteln hätten ihre Forschungsergebnisse nicht mehr im Rahmen der ärztlichen Fortbildung vermitteln dürfen. Diese Unterbrechung des Wissenstransfers wäre nicht nur zum Nachteil von Ärztinnen und Ärzten gewesen, sondern auch von Patientinnen und Patienten, die ihrerseits darauf angewiesen sind, dass der aktuelle Forschungs- und Wissensstand in der Behandlung Berücksichtigung findet. Auch die Bundesärztekammer hält fest, dass die ärztliche Fortbildung nicht zuletzt aufgrund des hohen Innovationsgrades in der Medizin ein immanenter Bestandteil des beruflichen Selbstverständnisses ist.
Kritik an einseitiger Benachteiligung sieht sich bestätigt
Dass ein derartiger Pauschalausschluss, wie geschildert, nicht nur dem Interesse von Patientinnen und Patienten zuwiderläuft, sondern auch erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken aufwirft, überrascht nicht. Es ist zwar ein positives Signal, dass die BLÄK vom Pauschalausschluss unlängst wieder Abstand genommen hat. Allerdings steht an dessen Stelle in der Fortbildungsordnung seit dem 1. Januar 2021 ein Ersatz, der ebenfalls Fragen aufwirft: Die Kammer vermutet, dass Fortbildungsmaßnahmen von Pharma- oder Medizinprodukteunternehmen „nicht frei von wirtschaftlichen Interessen“ seien. Dass diese Vermutung grundsätzlich widerlegbar sein soll, beruhigt nur zum Teil. Denn abgesehen davon, dass es sich erneut um eine verfassungsrechtlich bedenkliche Sonderregelung zu Lasten einer einzelnen Veranstaltergruppe handelt, bleibt insgesamt abzuwarten, wie die Kammer in der Praxis mit der Widerlegbarkeit des von ihr pauschal vermuteten Interessenkonflikts umgehen wird.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22. September 2020 in Sachen „esanum“, einem Fortbildungsveranstalter für Ärztinnen und Ärzte (Az.: 17 K 1326/20). Das Gericht führt aus, dass die Ärztekammer Hamburg die bei ihr eingereichten CME-Zertifizierungsanträge nicht einfach so wegen vermeintlicher „wirtschaftlicher Interessen“ des Veranstalters ablehnen darf. Holzschnittartige Argumentationen und bloße Verweise auf ein Sponsoring der Veranstaltung stellen keine ausreichende Begründung dar. Zudem kritisiert das Gericht, dass Landesärztekammern häufig den Veranstaltern die Aufgabe „aufdrücken“, zu beweisen, dass keine wirtschaftlichen Interessen vorliegen. In dem Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg wird konsequent betont, dass die wissenschaftliche Fortbildung nicht allein in den Händen der Landesärztekammer liege, sondern gerade die Vielfalt an Anbietern wichtig sei. Da gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von der Ärztekammer Hamburg Berufung eingelegt wurde, bleibt mit Spannung zu erwarten, wie die nächste Instanz die grundlegenden Rechtsfragen beurteilen wird.
Der Erhalt der Anbietervielfalt in der ärztlichen Fortbildung bleibt somit auch im Jahr 2021 ein wichtiges Thema, nicht nur für die Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V. (FSA) und ihre Mitgliedsunternehmen. Sondern auch für Patientinnen und Patienten, die darauf vertrauen, stets von bestmöglich informierten Ärztinnen und Ärzten behandelt zu werden.
Pressekontakt
Florian Meidenbauer
SKM Consultants GmbH
Dorotheenstraße 37
10117 Berlin
Tel.: +49 30 6293 3072
E-Mail: florian.meidenbauer@skm-consultants.de
Internet: www.skm-consultants.de
Weiterführende Informationen
Für Patientinnen und Patienten – die Angebotsvielfalt in der ärztlichen Fortbildung erhalten
Ein Debattenbeitrag von Dr. Uwe Broch, FSA-Geschäftsführer
Die Beteiligung von Pharmaunternehmen an ärztlicher Fortbildung – durch eigene Veranstaltungen oder die Unterstützung Dritter – ist unersetzlich für den Wissenstransfer zwischen Forschung und Ärztinnen und Ärzten und dient dem Interesse von Patientinnen und Patienten. Diese haben ein Recht darauf, dass medizinische Anwendungen qualitätsgesichert sind und innovative Therapien korrekt eingesetzt werden. Dem Fortbildungs-Engagement der Pharmaindustrie mit pauschaler Ablehnung zu begegnen, wie es beispielsweise einzelne Landesärztekammern tun, steht nicht nur im Widerspruch zu dem Ziel, möglichst praxisorientierte und vielfältige Fortbildungen anzubieten, sondern ist auch aus rechtlicher Sicht kritikwürdig.
Im vergangenen Jahr hat die Bayerische Landesärztekammer (BLÄK) Aufmerksamkeit unter Experten für das Rahmenwerk ärztlicher Fortbildungen erregt: In der entsprechenden Richtlinie hatte die Selbstverwaltung der bayrischen Ärzteschaft zum 1. Januar 2020 geregelt, dass Fortbildungsveranstaltungen von Pharma- und Medizinprodukteunternehmen von vornherein nicht mehr CME-zertifizierbar sein sollten. Die ärztliche Fortbildungspflicht schreibt vor, dass Ärztinnen und Ärzte mindestens 250 CME-Fortbildungspunkte in fünf Jahren verdienen. CME-Punkte gibt es für die Teilnahme an von den Ärztekammern zertifizierten Fortbildungen. Bedingung für die Zertifizierung ist die Einhaltung strenger inhaltlicher Vorgaben, um die Wissenschaftlichkeit und Neutralität zu wahren. Doch auf die Inhalte wäre es im Rahmen der geänderten BLÄK-Richtlinie nicht mehr ankommen. Hersteller von Arzneimitteln hätten ihre Forschungsergebnisse nicht mehr im Rahmen der ärztlichen Fortbildung vermitteln dürfen. Diese Unterbrechung des Wissenstransfers wäre nicht nur zum Nachteil von Ärztinnen und Ärzten gewesen, sondern auch von Patientinnen und Patienten, die ihrerseits darauf angewiesen sind, dass der aktuelle Forschungs- und Wissensstand in der Behandlung Berücksichtigung findet. Auch die Bundesärztekammer hält fest, dass die ärztliche Fortbildung nicht zuletzt aufgrund des hohen Innovationsgrades in der Medizin ein immanenter Bestandteil des beruflichen Selbstverständnisses ist.
Kritik an einseitiger Benachteiligung sieht sich bestätigt
Dass ein derartiger Pauschalausschluss, wie geschildert, nicht nur dem Interesse von Patientinnen und Patienten zuwiderläuft, sondern auch erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken aufwirft, überrascht nicht. Es ist zwar ein positives Signal, dass die BLÄK vom Pauschalausschluss unlängst wieder Abstand genommen hat. Allerdings steht an dessen Stelle in der Fortbildungsordnung seit dem 1. Januar 2021 ein Ersatz, der ebenfalls Fragen aufwirft: Die Kammer vermutet, dass Fortbildungsmaßnahmen von Pharma- oder Medizinprodukteunternehmen „nicht frei von wirtschaftlichen Interessen“ seien. Dass diese Vermutung grundsätzlich widerlegbar sein soll, beruhigt nur zum Teil. Denn abgesehen davon, dass es sich erneut um eine verfassungsrechtlich bedenkliche Sonderregelung zu Lasten einer einzelnen Veranstaltergruppe handelt, bleibt insgesamt abzuwarten, wie die Kammer in der Praxis mit der Widerlegbarkeit des von ihr pauschal vermuteten Interessenkonflikts umgehen wird.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22. September 2020 in Sachen „esanum“, einem Fortbildungsveranstalter für Ärztinnen und Ärzte (Az.: 17 K 1326/20). Das Gericht führt aus, dass die Ärztekammer Hamburg die bei ihr eingereichten CME-Zertifizierungsanträge nicht einfach so wegen vermeintlicher „wirtschaftlicher Interessen“ des Veranstalters ablehnen darf. Holzschnittartige Argumentationen und bloße Verweise auf ein Sponsoring der Veranstaltung stellen keine ausreichende Begründung dar. Zudem kritisiert das Gericht, dass Landesärztekammern häufig den Veranstaltern die Aufgabe „aufdrücken“, zu beweisen, dass keine wirtschaftlichen Interessen vorliegen. In dem Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg wird konsequent betont, dass die wissenschaftliche Fortbildung nicht allein in den Händen der Landesärztekammer liege, sondern gerade die Vielfalt an Anbietern wichtig sei. Da gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von der Ärztekammer Hamburg Berufung eingelegt wurde, bleibt mit Spannung zu erwarten, wie die nächste Instanz die grundlegenden Rechtsfragen beurteilen wird.
Der Erhalt der Anbietervielfalt in der ärztlichen Fortbildung bleibt somit auch im Jahr 2021 ein wichtiges Thema, nicht nur für die Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V. (FSA) und ihre Mitgliedsunternehmen. Sondern auch für Patientinnen und Patienten, die darauf vertrauen, stets von bestmöglich informierten Ärztinnen und Ärzten behandelt zu werden.
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