Gerichte verurteilen pauschale CME-Zertifzierungsverbote
Ärztliche Fortbildung: „Urteile gegen Zertifizierungsverbote sind eine gute Nachricht für Anbietervielfalt und Wissenschaftlichkeit“
Ein Debattenbeitrag von Dr. Uwe Broch, FSA-Geschäftsführer
Der Erhalt der diskriminierungsfreien Anbietervielfalt in der ärztlichen Fortbildung ist seit Anfang 2020 ein zentrales Thema des FSA. Und das aus gutem Grund: Wiederholt hatten Landesärztekammern in jüngster Zeit die Wissenschaftlichkeit der von Pharmaunternehmen ausgerichteten oder unterstützten Fortbildungsveranstaltungen in Frage gestellt und diese von der Zertifizierbarkeit ausgeschlossen. In der Folge konnten Ärztinnen und Ärzte für die Teilnahme an solchen Veranstaltungen nicht die für ihre Weiterbildung vorgeschriebenen CME-Punkte erhalten.
Eine solch pauschale Ablehnung – sei es in den Fortbildungsregularien der Landesärztekammern oder in den auf dieser Grundlage ergangenen Einzelentscheidungen – widerspricht nicht nur dem Ziel, durch eine Vielzahl von Veranstaltern ein möglichst vielseitiges Angebot zu gewährleisten. Das Vorgehen der standesrechtlichen Vertretungen ist auch aus rechtlicher Sicht fragwürdig.
So hat das Verwaltungsgericht (VG) München im Rahmen der Klage eines Pharmaunternehmens gegen die Bayerische Landesärztekammer am 17. Juni 2021 ein Urteil (Az.: M 27 K 19.5022) erlassen, welches ein legitimes Interesse von Pharmaunternehmen an der Durchführung von zertifizierten ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen anerkennt. Die Münchener Richter schließen sich damit der Argumentation des VG Hamburg an. Dieses hatte bereits im September 2020 einem Fortbildungsveranstalter recht gegeben, der gegen die Hamburgische Ärztekammer geklagt hatte, weil diese CME-Zertifizierungsanträge wegen vermeintlicher „wirtschaftlicher Interessen“ des Veranstalters pauschal abgelehnt hatte. Einen früheren Debattenbeitrag zu diesem Urteil finden Sie im Mitteilungsarchiv unserer Homepage.
Ähnlich kritisieren jetzt auch die Münchener Richter die Verlagerung der Darlegungslast hinsichtlich des „Nichtvorliegens von wirtschaftlichen Interessen“ auf das antragstellende Pharmaunternehmen. Mit anderen Worten: Einer ärztlichen Fortbildung kann die Zertifizierbarkeit durch die Landesärztekammer nicht verweigert werden, weil dem ausrichtenden Unternehmen a priori ein wirtschaftliches Interesse zu unterstellen sei. In diesem Zusammenhang macht das VG München auch deutlich, dass es sowohl in dem von der Bayerischen Landesärztekammer zum 1. Januar 2020 eingeführten Pauschalausschluss von Pharma- und Medizinprodukteunternehmen (Ziff. 1.5.6 der Fortbildungsrichtlinie) einen Verstoß gegen höherrangiges Recht – namentlich die Berufsfreiheit der Unternehmen und der Gleichheitsgrundsatz – sieht, als auch in der diese Regelung zum 1. Januar 2021 ablösenden Vermutung von „wirtschaftlichen Interessen“ (§ 8 der Fortbildungsordnung).
Für den FSA steht fest: Die Pluralität der ärztlichen Fortbildung ermöglicht eine große Auswahl von Veranstaltungen mit unterschiedlichen Inhalten und Schwerpunkten, ausgerichtet am aktuellen Stand der Forschung, den Bedürfnissen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und zum Wohl der Patientinnen und Patienten. Die forschenden Pharmaunternehmen mit ihren jeweils eigenen Forschungs- und Behandlungsschwerpunkten tragen zu dieser Pluralität bei. Damit unterstützen sie maßgeblich einen schnellen und kontinuierlichen Wissenstransfer aus der Forschung in die Arztpraxen und Krankenhäuser. Die Beteiligung forschender Pharmaunternehmen an ärztlicher Fortbildung – durch eigene Veranstaltungen oder die Unterstützung Dritter – leistet also einen wichtigen Beitrag zum qualitätsgesicherten und leitlinien-konformen Einsatz innovativer Therapien.
Der Erhalt der Anbietervielfalt in der ärztlichen Fortbildung wird auch künftig ein zentrales Thema für den FSA und seine Mitgliedsunternehmen sein. Da die jeweiligen Ärztekammern gegen die Hamburger und Münchener Gerichtsurteile bereits Berufung eingelegt bzw. beantragt haben, bleibt jedoch abzuwarten, wie die jeweils nächste Instanz entscheiden wird. Im Interesse von Patientinnen und Patienten, die darauf vertrauen, stets von Ärztinnen und Ärzten auf der Basis aktueller Forschung behandelt zu werden, wäre es wünschenswert, dass sich der Wert einer Fortbildung auch künftig an deren Inhalt bemisst, nicht am Veranstalter.
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