Information zu wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen

Auswahl von Tagungsstätte und Tagungsort „allein nach sachlichen Gesichtspunkten“.

Der Anspruch an die Wissenschaftlichkeit von Fortbildungsveranstaltungen ist zu Recht hoch. Denn nur, wenn sie höchste wissenschaftliche Standards erfüllen, gewährleisten Fortbildungsveranstaltungen den bei innovativen Arzneimitteln notwendigen Wissenstransfer zwischen Pharmaunternehmen und Ärztinnen und Ärzten sowie anderen Fachkreisangehörigen. Werden diese Kriterien erfüllt, sind Fortbildungen von großer Bedeutung für den medizinischen Fortschritt in Deutschland und dienen den Interessen von Patientinnen und Patienten.

Um eine ethisch einwandfreie Durchführung oder Unterstützung von Fortbildungsveranstaltungen durch seine Mitgliedsunternehmen sicherzustellen, hat der FSA den Kodex Fachkreise geschaffen und entwickelt diesen kontinuierlich fort.

Nach § 20 FSA-Kodex Fachkreise muss die Auswahl der Tagungsstätte (Hotel, Konferenzzentrum, etc.) und des Tagungsortes (Stadt, Dorf, etc.) „allein nach sachlichen Gesichtspunkten“ erfolgen. Entsprechend sind Tagungsstätten und -orte unzulässig, die entscheidend durch einen Erlebnis-/Unterhaltungscharakter oder Freizeitwert geprägt sind. Dies gilt sowohl für unternehmenseigene Fortbildungsveranstaltungen als auch für Veranstaltungen, die von einem Dritten (bspw. einer Fachgesellschaft) durchgeführt und von FSA-Mitgliedsunternehmen im Rahmen eines Sponsorings finanziell unterstützt werden.

Der FSA-Vorstand hat die Vorgaben des § 20 FSA-Kodex Fachkreise in seinen verbindlichen Leitlinien konkretisiert. Die Ziffern 12 und 12a der Leitlinien sind zum 01.01.2021 in Kraft getreten und folgen dem Safe Harbor-Prinzip. Sie sollen die Mitgliedsunternehmen des FSA sowie andere Kodexanwender aus dem Veranstalterbereich bei der Planung von Fortbildungsveranstaltungen unterstützen und eine zusätzliche Orientierungshilfe bieten.

Dabei gilt: Wenn die in Ziffer 12 und Ziffer 12a der Vorstandsleitlinie genannten Kriterien eingehalten werden, steht die Auswahl von Tagungsstätte und -ort in der Regel „im Einklang mit dem Kodex“ (Safe Harbor). Bei der Prüfung dieser Kriterien muss die Sichtweise Dritter, d.h. der breiten Öffentlichkeit eingenommen werden. Mit anderen Worten: Fortbildungsstätte und -ort sollten bei Außenstehenden, z.B. den Lesern einer Tageszeitung oder digitaler Nachrichtenportale, nicht den Eindruck vermitteln, für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen besonderen Unterhaltungs- oder Freizeitwert aufzuweisen.

Ziffer 12. & 12.a der Vorstandsleitlinie gemäß § 6 Abs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 3 zur Auswahl der Tagungsstätte „allein nach sachlichen Gesichtspunkten“.

12.1 Die eigene Durchführung von Veranstaltungen und das Sponsoring von Veranstaltungen, die in Ansehung der Tagungsstätte die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllen, stehen in der Regel im Einklang mit dem Kodex:

  • Die Auswahl der Tagungsstätte erfolgt allein nach sachlichen Gründen.
  • Bei der Tagungsstätte, sofern es ein Hotel ist, handelt es sich um ein Hotel der Klasse 4-Sterne oder niedriger nach DEHOGA oder einem vergleichbaren nationalen oder internationalen Standard. Bei Veranstaltungen, die im Ausland stattfinden, können in Ausnahmefällen auch Hotels höherer Kategorien zulässig sein, insbesondere etwa dann, wenn dies aufgrund der lokalen Sicherheitsanforderungen notwendig sein sollte.
  • Von der Tagungsstätte geht keine Anreizwirkung aus, die ihren Charakter entscheidend prägt. Eine entscheidend prägende Anreizwirkung scheidet in der Regel aus, wenn die Tagungsstätte
  • keinen Erlebnis- oder Erholungscharakter hat,
  • ihrem allgemeinen Erscheinungsbildnach nicht besonders prunkvoll ausgestattet ist, und
  • kein Angebot enthält, das über den typischen Standard eines 4- Sterne-Business- Konferenzhotels, Kongresszentrums, o.ä. hinaus- geht (etwa großzügiger Wellnessbereich, Golfplatz etc.).

12.2 Bei der Beurteilung der vorstehend genannten Kriterien ist die Sichtweise Dritter (also der breiten Öffentlichkeit) und nicht die der eingeladenen Fachkreise maßgeblich. Unerheblich ist dagegen, ob es sich um eine ein- oder mehrtägige Veranstaltung handelt.

12a.1 Die eigene Durchführung von Veranstaltungen und das Sponsoring von Veranstaltungen, die in Ansehung des Tagungsortes die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllen, stehen in der Regel im Einklang mit dem Kodex:

  • Die Auswahl des Tagungsortes erfolgt allein nach sachlichen Gesichtspunkten.
  • Von dem Tagungsort geht keine seinen Charakter entscheidend prägende Anreizwirkung aus.

(i) Eine entscheidende Prägung scheidet in der Regel aus, wenn es sich bei dem Tagungsort um eine Örtlichkeit handelt,

– in der es Veranstaltungsstätten und Übernachtungsmöglichkeiten gibt, die üblicherweise auch anlässlich von fachlich-wissenschaftlichen Veranstaltungen genutzt werden, und

– deren Infrastruktur nicht schwerpunktmäßig touristisch geprägt ist und

– die über eine sehr gute Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz verfügt.

(ii) Orte können eine Anreizwirkung hingegen auch dann entfalten, wenn die Veranstaltung in einem Zeitraum stattfindet oder zeitlich unmittelbar angrenzt, in dem der Ort durch besondere Erlebnismöglichkeiten entscheidend geprägt wird, wie z.B. das Oktoberfest in München oder der Karneval in Köln.

(iii) Die Anreizwirkung entfällt in der Regel, wenn der angesprochene Teilnehmerkreis der Veranstaltung aus der unmittelbaren Umgebung des Ortes kommt. Diese Voraussetzung ist regelmäßig gegeben, wenn die einfache Fahrtstrecke zum Veranstaltungsort für die Teilnehmer 50 Kilometer nicht überschreitet.

12a.2 Bei der Beurteilung der vorstehend genannten Kriterien ist die Sichtweise Dritter (also der breiten Öffentlichkeit) und nicht die der eingeladenen Fachkreise maßgeblich. Unerheblich ist dagegen, ob es sich um eine ein- oder mehrtägige Veranstaltung handelt.

Aus der Rechtsprechung der Schiedsstelle des FSA in aktuellen Beanstandungsverfahren zur Auswahl von Tagungsstätte/-ort ergibt sich eine weitere Konkretisierung der bestehenden Vorgaben, die allen Kodexanwendern eine zusätzliche Orientierung bietet.

  • So hat die Schiedsstelle im Mai 2022 in einer Entscheidung („Spreespeicher“, Az.: 2022.3-639-645, 647-649) näher ausgeführt, dass die Unterstützung einer von Dritten durchgeführten Fortbildungsveranstaltung in Berlin in einem eher unscheinbaren historischen Gebäude und mit einer sachlich, nüchtern und funktional gehaltenen Innenausstattung im Einklang mit dem Kodex und den Leitlinien steht, wenn keine sonstigen besonderen Anreizfaktoren hinzukommen.
  • In einer Entscheidung vom Dezember 2022 („Straubing/Gäubodenfest“, Az.: 2022.8-667-672, 674) hat die Schiedsstelle u.a. konkretisiert, wann bei einem Volksfest von einer besonderen Erlebnismöglichkeit auszugehen ist, die dem Tagungsort in diesem Zeitraum eine seinen Charakter entscheidend prägende Anreizwirkung gibt, so dass die Auswahl als nicht allein nach sachlichen Gründen erfolgt anzusehen ist.
  • Im April 2023 hat die 2. Instanz der Schiedsstelle eine erstinstanzliche Entscheidung zum Tagungsort „Altstadtinsel Lindau“ bestätigt. Die Schiedsstelle hat ausgeführt, dass die Altstadtinsel Lindau im konkreten Fall  eine schwerpunktmäßig touristisch geprägte Infrastruktur aufgewiesen hat, die eine ihren Charakter entscheidend prägende Anreizwirkung vermittelte („Lindau“, Az.:2022.5-653-657, 2022.6-661-663, FS II 1/23/2022.6-664). In dieser Entscheidung hat die Schiedsstelle auch festgehalten, dass sie nicht an die Veranstaltungsbewertung des europäischen e4ethics/Conference Vetting System (CVS) des Europäischen Pharmadachverbands EFPIA gebunden ist. Im Anwendungsbereich des FSA-Kodex Fachkreise sind für die Bewertung von Tagungsstätten und -orten ausschließlich die FSA-Kriterien maßgeblich.
  • Die Frage der Auswahl von Tagungsstätte und -ort „allein nach sachlichen Gesichtspunkten“ war auch Gegenstand einer Entscheidung der Schiedsstelle vom September 2023 („Jagdhaus Eiden/Bad Zwischenahn“, Az.: 2023.3-680). Sie wurde unter Zugrundelegung der Sichtweise Dritter für die Auswahl eines 4-Sterne Superior Hotels als Tagungsstätte verneint, das über ein Gourmet Restaurant und einen großzügigen Spa-/Wellnessbereich verfügt sowie eine Spielbank beherbergt. Weiter hat die Schiedsstelle festgehalten, dass gem. Ziff. 12a.1 (iii) der Vorstandsleitlinie bei der Auswahl eines Tagungsortes eine vorhandene Anreizwirkung unbeachtlich sein kann, wenn die Teilnehmer aus einem 50-Kilometer-Umkreis kommen. Diese Regelung findet aber keine entsprechende Anwendung auf Ziff. 12 der Vorstandsleitlinie und die Auswahl einer Tagungsstätte.
  • Im Januar 2024 hat die Schiedsstelle in einer Entscheidung nochmals darauf hingewiesen, dass als „Tagungsort“ im Sinne des FSA-Kodex grundsätzlich auch eine Örtlichkeit angesehen werden kann, die einen geographisch klar abtrennenden Ortsteil einer Gemeinde darstellt (Rostock-Warnemünde“, Az.: 2023.9-691). Weiter hat die Schiedsstelle ausgeführt, dass bei der Bewertung der Zulässigkeit eines Tagungsortes gegebenenfalls auch der kalendarische Zeitpunkt der Fortbildungsveranstaltung von Relevanz sein kann.

Festzuhalten ist, dass die Auswahl von Tagungsstätte und -ort allein nach sachlichen Gesichtspunkten einen bedeutenden Bestandteil der ethischen Zusammenarbeit pharmazeutischer Unternehmen mit anderen Akteuren des Gesundheitswesens darstellt. Sie macht vor allem auch gegenüber der Öffentlichkeit deutlich, dass die Wissenschaftlichkeit von Fortbildungsveranstaltungen maßgebliches Kriterium für deren Gestaltung ist.

Der FSA schult seine Mitgliedsunternehmen laufend zu den Kodexvorgaben. Darüber hinaus bietet der Verein auch für Veranstalter von wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen regelmäßig Workshops zu den FSA-Kodizes an. Dabei sind die aktuellen Entwicklungen bei der „Auswahl von Tagungsstätte/-ort“ ebenfalls Thema. Schulungstermine und Details zur Anmeldung sind auf der Webseite des FSA einsehbar

Aufgrund seiner Bedeutung hat der FSA dieses Thema auch in Form eines Flyers aufgegriffen, welcher zum Download zur Verfügung gestellt wird: Information zu wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen – Auswahl von Tagungsstätte und Tagungsort ´allein nach sachlichen Gesichtspunkten´“ (Stand: Juli 2023). Der neue FSA-Flyer informiert über die Kodex-Grundlagen sowie die Konkretisierung durch die Vorstandsleitlinien und soll zudem für die allgemeine Compliance-Bedeutung des Themas sensibilisieren.

Weitere Infomaterialien zu den FSA-Themen finden sich ebenfalls im Downloadbereich.

 

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Saskia Stedtfeld
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